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Börsen-Zeitung: Deal mit Risiken, Kommentar zur Fusion der Deutschen Börse und der Londoner Börse von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 16-03-2016

Frankfurt (ots) - Den Chefs der Deutschen Börse und der LSE
(London Stock Exchange), Carsten Kengeter und Xavier Rolet, ist bei
der Vorstellung ihres Fusionsplans gestern anzumerken gewesen, dass
sie aus dem gleichen Holz geschnitzt sind. Rolet hat die bei seinem
Amtsantritt weitgehend auf das Aktiengeschäft fokussierte LSE zu
einem diversifizierten Börsenbetreiber umgestaltet, und an Kengeters
Gestaltungswillen bestand schon vor der Bekanntgabe des Vorhabens
längst kein Zweifel mehr.

Wenn man Kengeter beim Wort nimmt, ist die Fusion nur konsequent.
Er hat mehrfach betont, dass die Deutsche Börse nach seiner
Vorstellung in allen Bereichen, in denen sie aktiv ist, entweder die
Nummer 1 oder die Nummer 2 sein soll. Zudem wurde er nicht müde zu
betonen, dass die Deutsche Börse ihre ehemalige weltweite
Spitzenposition eingebüßt hat und die europäische Börsenbranche droht
von übermächtiger amerikanischer und asiatischer Konkurrenz
zurückgedrängt zu werden, wovor sie geschützt werden solle. Für beide
Zielsetzungen gibt es nur einen einzigen logischen Partner: die LSE.

Es ist aber auch ein Projekt, das für Kengeter nicht ohne Risiken
ist. Schon so früh in seiner Amtszeit ein Fusionsvorhaben anzugehen,
das in der Geschichte der Deutschen Börse bereits zweimal in einem
Debakel geendet hat, erfordert einigen Mut. Es gibt jedoch erhebliche
Unterschiede zu den zurückliegenden Versuchen. Die LSE ist unter
Rolet so stark geworden, dass ein Merger of Equals darstellbar
geworden ist, so dass Vorbehalte am Londoner Finanzplatz bis zu einem
gewissen Grad reduziert werden können. Auch ist das kartellrechtliche
Risiko geringer als beim ebenfalls gescheiterten Fusionsversuch mit
der Nyse Euronext. In keinem Bereich haben die beiden Börsen eine
Quasimonopolstellung, wie sie die Deutsche Börse und Nyse Euronext im
börslichen Derivatehandel Europas gehabt hätten.

Das größte Risiko scheint derzeit ein Gegengebot der
Intercontinental Exchange zu sein, das vorbereitet ist und
möglicherweise demnächst lanciert wird. Auch ist noch unklar, wie
sich die Börsenaufsicht Hessens äußern wird, sobald sie über
hinreichende Details verfügt.

Risiken gibt es nicht zuletzt auch für den hiesigen Finanzplatz.
Dass die Deutsche Börse Tochter einer britischen Holding wird, ist
eine schwer zu schluckende Kröte. Gestern gelang es der Deutschen
Börse jedenfalls nicht, den Sorgen über die ohnehin schon vorhandene
Sogwirkung des Londoner Finanzplatzes überzeugend entgegenzutreten.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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