Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Obama besucht Kuba
Angst vor einem trojanischen Pferd
Dirk Hautkapp
Geschrieben am 20-03-2016 |
Bielefeld (ots) - Kriege zu beenden und Aggressoren wirksam unter
Kontrolle zu bringen war nie die Stärke von Barack Obama. Von
Afghanistan über den Irak und Libyen bis nach Syrien reicht sein
Pannenregister. Anders sieht es aus, wenn es um das Aufbrechen
historischer Blockaden geht. Mit dem Atom-Deal mit dem Iran hat Obama
bewiesen, dass geduldige Diplomatie Erfolge von globalem Maßstab
zeitigen kann. Auch in Kuba trägt die Obama-Doktrin, die Amerika die
Abkehr von der Rolle des erst schießenden und dann nachdenkenden
Weltpolizisten verordnet, erste Früchte. Das Ende der
Eindämmungspolitik Washingtons gegenüber dem sozialistischen
Inselreich markiert eine Epochenwende. Nach über einem halben
Jahrhundert voller Feindseligkeit ist der Kalte Krieg im Hinterhof
Amerikas vorbei. Über Jahrzehnte mutwillig zerrüttete Beziehungen zu
normalisieren ist aber leichter gesagt als getan. Alles wird davon
abhängen, wie gut das Erwartungsmanagement gelingt. In Kuba wird das
Ein-Parteien-System nicht über Nacht lernen, Freiheit unfallfrei zu
buchstabieren. Die wahren Hoffnungen ruhen auf 2018. Wenn der greise
Raúl Castro abtritt und die Verantwortung in jüngere Hände legt, wird
sich zeigen, welchen Weg Kuba nehmen wird. Bis dahin werden die
Probleme nicht kleiner. Die Wirtschaft ist eine Katastrophe. Die
Löhne sind nicht der Rede wert. Die Infrastruktur ist schlechter als
der Zustand von Artefakten im Museum. Über 40.000 Kubaner haben der
Insel 2015 den Rücken gekehrt. Bessere Gehälter, Berufschancen,
barrierefreies Reisen ins Ausland, Bürgerfreiheiten ohne Vorbehalte -
ohne die Aussicht auf Fortschritte werden sie weiter das Weite
suchen. In Havanna herrscht eine Sorge: Ist die Entspannungspolitik
ein trojanisches Pferd? Zielt Obama auf einen Regimewechsel? Amerika
ist als Gast willkommen. Als Ermöglicher von relativem Wohlstand und
Teilhabe am globalen Waren- und Wissensaustausch. Aber nicht als
Zwangsbeglücker, der anderen vorschreibt, wie politischer Pluralismus
und Meinungsfreiheit auszusehen haben. Amerika hat es mit in der
Hand, wie der Wandel auf Kuba gestaltet wird. Amerika darf Mentor und
Antreiber sein. Aber nie wieder Kapitalismus-Raubtier.
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