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Börsen-Zeitung: Weckruf für die EZB, Kommentar zur Vermögensverteilung von Stefan Lorz

Geschrieben am 21-03-2016

Frankfurt (ots) - Die unkonventionelle Geldpolitik der
Europäischen Zentralbank (EZB), mit der sie die Verbraucher zu mehr
Konsum verführen und die Banken zu einer höheren Kreditvergabe
zwingen will, läuft weitgehend ins Leere. Zumindest bei den deutschen
Privathaushalten verpuffen die Impulse regelrecht, wie eine neue
Studie der Bundesbank zeigt. Weder kommen sie dort über eine erhöhte
Kreditvergabe an, noch verändern sie das Konsumverhalten. Im
Gegenteil: Die Sorgen wegen der zinsbedingt zunehmend kritischen Lage
in den Altersvorsorgesystemen drängt die Menschen zu noch größeren
Sparanstrengungen. Zugleich werden sie ob des experimentellen
Charakters der eingesetzten Instrumente (Negativzinsen!) stark
verunsichert, was ihren Attentismus noch verstärkt.

Obendrein sorgt die EZB in bisher nicht gekanntem Maße dafür, dass
die deutsche Gesellschaft immer ungleicher wird, was die Wirksamkeit
der Geldpolitik für sich genommen ebenfalls beeinträchtigt. Verlierer
sind die Altersvorsorgesparer, die traditionellerweise reine
Zinsprodukte bevorzugen. Zu den Gewinnern zählen die meist ohnehin
schon vermögenden Schichten, die schon immer mehr auf Aktien und
Immobilien setzen (können). Aus den Bundesbankdaten lässt sich das
nur deshalb noch nicht direkt herauslesen, weil die Effekte erst nach
der Befragung 2014 so richtig eingetreten sind. Zudem erfasst die
Studie die Superreichen nicht, die von der Geldpolitik besonders
profitieren.

Dass die Ungleichheit in Deutschland höher ausfällt als im
europäischen Umfeld, beklagt die Bundesbank selber. Der Mittelwert
der deutschen Haushaltsvermögen liegt mit 214.500 Euro so dramatisch
weit weg vom Medianwert in Höhe von 60.400 Euro, dass die Klage von
der Abkopplung weiter Teile der Gesellschaft durchaus berechtigt
erscheint. Die untergräbt die Akzeptanz für unser Wirtschaftssystem,
was sich dann auch im politischen Stimmverhalten niederschlägt.

Eingedenk dessen sollten die Notenbanken den
Umverteilungswirkungen ihrer Geldpolitik schon im eigenen Interesse
künftig mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie das bisher getan haben.
Und die Politik muss sich mehr Gedanken über die Ursachen der
Entwicklung machen, ohne gleich reflexhaft eine neue
Umverteilungsdebatte vom Zaun zu brechen. Denn womöglich sind die
treibenden Kräfte der Entwicklung nicht in einem Zuwenig an
Umverteilung zu suchen, sondern vielmehr in einer verfehlten
Bildungspolitik und einer zu großen Offenheit gegenüber
Lobbyinteressen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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