Thüringische Landeszeitung: Glaube schwindet - Bei NSU von Aufklärung weit entfernt / Leitartikel von Fabian Klaus zu den erneuten Aufklärungspannen in Sachen NSU
Geschrieben am 08-04-2016 |
Weimar (ots) - Ein V-Mann soll Informationen liefern. Was aber,
wenn er genau das nicht tut? Oder schlimmer: Er versorgt nur mit den
Informationen, von denen er genau weiß, dass seine Auftraggeber damit
nichts oder wenig anfangen können oder sie unwichtig sind? Der
Spitzel ist dann eine Fehlinvestition.
Seit mehr als drei Jahren wird gegen die mutmaßliche
NSU-Terroristin Beate Zschäpe verhandelt. Immer wieder entwischte das
Trio, seit es im Untergrund verschwunden war. Die Frage steht: Wer
wusste was und hat wem was nicht verraten? Eine Antwort zu finden,
dürfte kaum mehr möglich sein, auch deshalb, weil Unterlagen
verschwunden sind, die mit wichtigen Figuren der Neonazi-Szene und
V-Leuten zu tun haben.
Einer davon ist "Primus". Sein Deckname sagt einiges über seine
Stellung in der rechtsextremen Szene Sachsens aus. Er soll Zschäpe
und Mundlos bei sich beschäftigt haben. Eine solche Verbindung
Zschäpes hatten andere schon lange vermutet. Jetzt bringt die "Welt"
möglicherweise Belege dafür, dass Mundlos beim Ex-Spitzel Marschner
arbeitete. Es reiht sich ein in zahlreiche Pannen, die es seit dem
Auffliegen des NSU gegeben hat.
Natürlich kann es sein, dass der Verfassungsschutz erst jetzt
erfahren hat, dass sein Mitarbeiter zwei der drei mutmaßlichen
Terroristen beschäftigte. Dann aber muss er sich die Frage gefallen
lassen, ob er nicht überflüssig ist. Es wäre seine Aufgabe gewesen,
das zu wissen. War es bekannt, steht die andere, noch weitaus
schwerer wiegende Frage: Was soll hier vertuscht werde? Die Kanzlerin
hat Aufklärung versprochen; eine Botschaft, die wohl gehört wurde.
Der Glaube, dass sich jene, die für Aufklärung sorgen müssten, daran
halten, er schwindet mit jeder neuen Enthüllung.
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de
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