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Börsen-Zeitung: Verlockende Euro-Zinsen, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 22-04-2016

Frankfurt (ots) - Argentinien hat sich mit einem spektakulären
Auftritt an den internationalen Anleihemärkten zurückgemeldet. Das
war eine der wichtigsten Nachrichten in der Fixed-Income-Szene in der
gerade abgelaufenen Woche. Das im Jahr 2001 zahlungsunfähig gewordene
Land, das seitdem auch nicht mehr am Markt aktiv war, startete im
Dollar gleich mit vier Tranchen durch und räumte mächtig ab. Die
Investoren standen Schlange bei den Konsorten - globale Koordinatoren
des Deals waren Deutsche Bank, HSBC, J.P. Morgan und Santander, zu
den Bookrunnern gehörten BBVA, Citigroup und UBS -, um ihre
Orderwünsche abzuliefern. Am Ende der zweitägigen Transaktionsphase
hatten die Banken für die Single-B-Adresse Orders von mehr als 68
Mrd. Dollar zusammen. Der Deal wurde 16,5 Mrd. Dollar schwer. Die
Argentinier zahlen den Investoren für die Laufzeiten von drei, fünf,
zehn und 30 Jahren Renditen von 6,25%, 6,875%, 7,5% bzw. 8%. Das
sieht nach viel aus. Im gegenwärtigen Umfeld von Niedrig- bzw.
historischen Tiefstzinsen und Negativzinsen ist es das wohl auch.
Aber man muss eben auch bedenken, dass es sich um den ersten Auftritt
nach einer Zahlungsunfähigkeit handelt. Es hat Zeiten gegeben, in
denen eine Marktrückkehr sehr viel teurer war. Und man sollte des
Weiteren bedenken: Im Sommer 2007, als die Subprime-Krise nach
Deutschland kam, zahlte der Bund im zehnjährigen Laufzeitenbereich
Renditen in der Spanne von 4,5 bis 5%. Und heute zahlt der ehemalige
Pleitestaat Argentinien bei zehn Jahren gerade einmal 2,5 bis 3
Prozentpunkte mehr.

Libanon folgt

Das Beispiel Argentinien scheint verlockend gewesen zu sein. Nur
einen Tag später kam der Libanon bei den Investoren zu Besuch. 1 Mrd.
Dollar wurden über zwei Bonds hereingeholt. Der 2024 fällige Titel
ging zur Rendite von 6,65% an die Anleger, der bis 2031 laufende Bond
zu 7%. Am gleichen Tag besorgte sich auch Saudi-Arabien Geld,
allerdings erstmal über einen Kredit von Banken aus den USA, Europa
und Japan. Das Königreich beschaffte sich laut Insidern 10 Mrd.
Dollar über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das Geld braucht das
Land, um sein Haushaltsloch zu stopfen. Und noch etwas geisterte
durch den Markt: Es könnte nicht der einzige Auftritt Saudi-Arabiens
gewesen sein. Neben dem Bankkredit könnte es auch noch eine Anleihe
geben.

Wohl wahr. Denn die rohstoffexportierenden Länder, allen voran die
erdölexportierenden Staaten brauchen Geld. Die Haushaltskasse weist
durch die rückläufigen Einnahmen infolge der abgeschmierten
Rohstoffpreise, insbesondere des dramatischen Ölpreisverfalls,
heftige Löcher auf, die es zu schließen gilt. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass der Preisverfall bei Öl & Co. nicht gerade eine
vorübergehende Angelegenheit ist, die so mancher Staat bequem
aussitzen könnte, sondern dass sich seit geraumer Zeit keine
Trendwende abzeichnet. Auch die Gespräche in Doha/Katar vor
Wochenfrist verliefen ergebnislos. Der Ölmarkt wird weiter von
Überversorgung gekennzeichnet sein.

Die Beispiele Argentinien und Libanon könnten deshalb an den
Märkten Schule machen. Nachahmer könnten andere Opec-Staaten sein,
die sich Geld über die Bondmärkte beschaffen, sei es um Löcher zu
stopfen oder einfach nur vorsorglich, da die Konditionen günstig
sind. So wie bei vielen Unternehmen könnte der eine oder andere Staat
durchaus zum Mittel der Cash-Hortung greifen.

Zu denken ist in diesem Zusammenhang in erster Linie an Auftritte
im Dollar, da man hierüber eine internationale Investorenschaft
erreicht. Aber im Euroraum sind die Zinsen auch verlockend. Die
Europäische Zentralbank (EZB) hat ihr Anleihekaufprogramm
ausgeweitet, und mit diesem Programm drückt sie die Renditen der
betreffenden Papiere immer weiter herunter. Infolgedessen könnten
sich die Länder durchaus auch für auf Euro lautende Anleihen
interessieren. Über parallele Dollar- und Eurobonds ließe sich die
Anlegerschar auch diversifizieren.

Fragt sich nur, wie gut die Aufnahmekapazität des Marktes ist.
Ohne Frage werden diese Anleihen nicht Gegenstand des
Bondkaufprogramms der EZB, denn es handelt sich bekanntlich um
Adressen außerhalb des gemeinsamen Währungsgebietes. Aber die
Investoren sind im Euroraum auf der Suche nach Rendite bzw.
Rendite-Pick-ups. Diese Länder können solche Aufschläge durchaus noch
bieten und kommen im historischen Vergleich aufgrund der deutlich
gesunkenen risikolosen Zinsen/ Renditen dann immer noch sehr günstig
an dieses Kapital. Die Investoren werden bei solchen Bonds Schlange
stehen, vielleicht nicht bei jedem Bond, aber bei sehr vielen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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