Börsen-Zeitung: Mehr als Peanuts, Kommentar zu Bayer von Annette Becker
Geschrieben am 19-05-2016 |
Frankfurt (ots) - Die Furcht im globalen Agrochemiegeschäft ins
Hintertreffen zu geraten, muss bei Bayer enorm sein. Anders lässt
sich nicht erklären, dass der Life-Science-Konzern seinen Hut für
Monsanto, den weltgrößten Saatguthersteller, in den Ring wirft.
Sicher, Bayer hat seit Jahren angekündigt, das Geschäft mit Saatgut
und Pflanzeneigenschaften ausbauen zu wollen. Dass dazu auch auf
Akquisitionen zurückgegriffen wird, kann niemanden überraschen.
Doch dass sich Bayer gleich an den (Noch-)Branchenprimus
heranwagt, der obendrein in der Öffentlichkeit zweifelhaft
beleumundet ist, war so nicht vorherzusehen. Das schätzen die
Investoren wohl ähnlich ein, hat sich doch binnen sieben Tagen -
vorige Woche machten Spekulationen über eine mögliche Übernahme
erstmals die Runde - ein Marktwert von 10 Mrd. Euro verflüchtigt.
Zwar wird Bayer nicht müde zu betonen, dass sinnvolle, sprich
wertsteigernde Akquisitionen nicht an der Finanzierung scheitern,
doch fürchten die Bayer-Aktionäre wohl nicht ganz zu Unrecht, im Wege
einer Kapitalerhöhung auch zur Kasse gebeten zu werden. Zumal die
Leverkusener die Verschuldungskapazitäten mit dem Erwerb des
Geschäfts mit rezeptfreien Medikament von Merck & Co. schon arg
strapaziert haben.
Natürlich wird sich Bayer nolens volens nun möglichst rasch von
der noch verbliebenen Beteiligung an Covestro trennen. Ein Notverkauf
dürfte sich aber zwangsläufig auch im Verkaufserlös negativ bemerkbar
machen. Einen Vorgeschmack darauf gab es bereits gestern. Das gleiche
gilt für die Tiermedizin, die der neue Bayer-Chef Werner Baumann erst
kürzlich zur Disposition stellte. Bis zu 7 Mrd. Euro könnte Bayer
dafür erhalten, rechnen Analysten vor.
Das sind zwar weit mehr als Peanuts, doch angesichts der
Kaufpreise die für Monsanto herumgereicht werden - sie rangieren
zwischen 49 und 65 Mrd. Euro -, müssen noch andere Geldtöpfe aufgetan
werden. Darüber hinaus stehen heute schon 15,8 Mrd. Euro an Goodwill
in der Bilanz, immerhin gut 20% der Bilanzsumme. Potenzial für
Impairments ist damit gegeben, zumal Bayer erst kürzlich einräumen
musste, das Synergiepotenzial aus der Merck-Transaktion nicht im
erwarteten Zeitrahmen heben zu können.
Strategisch mag der Erwerb sinnvoll sein, weil die Karten im
Agrobusiness gerade neu gemischt werden. Abzuwarten, zu welchen
Verkäufen die fusionierenden Wettbewerber kartellrechtlich gezwungen
werden, wäre aber auch eine Handlungsalternative.
Pressekontakt:
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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