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Weser-Kurier: Über die Vergewaltigung in einem Flüchtlingsheim schreibt Moritz Döbler:

Geschrieben am 26-05-2016

Bremen (ots) - Es ist ein grauenhafter Verdacht, und politisch
heikel ist er obendrein. Ein 17-jähriger Iraker soll einen neun Jahre
alten Jungen aus Syrien in einem Flüchtlingsheim in Oldenburg
vergewaltigt haben, während der Onkel des Täters angeblich Schmiere
stand. Öffentlich wurde dies durch die Recherche von Journalisten,
die Behörden wollten den Fall eigentlich unter Verschluss halten:
nicht wegen der Herkunft des mutmaßlichen Täters, sondern weil er und
das Opfer minderjährig sind. Polizei und Staatsanwaltschaft tun gut
daran, bei Kindern und Jugendlichen nur sehr zurückhaltend an die
Öffentlichkeit zu gehen. Das gilt erst recht bei Sexualdelikten. Denn
die Opfer sollen nicht noch mehr traumatisiert werden, und bei so
jungen Tätern besteht doch hoffentlich eine Chance, sie von weiteren
Verbrechen abzuhalten. Aber jetzt ist dieser abscheuliche Fall
öffentlich geworden, und er wirft Fragen auf. Immer wieder sind
Jungen und junge Männer Opfer sexueller Gewalt. In der katholischen
Kirche haben sich solche Fälle lange gehäuft, sie kommen in Schulen,
Kasernen und Gefängnissen vor. Es sind Männerdelikte und nicht
Ausländerdelikte, Täter gibt es in allen Ländern und Schichten. Der
Reflex mancher Kommentatoren in Internetforen, diese Tat zu einem
Flüchtlingsthema zu machen, geht völlig fehl. Das ist zynisch und
deplatziert, jetzt muss es um Hilfe für das Opfer und um kühle
Strafverfolgung gehen. Aber trotzdem ist der Fall zutiefst politisch.
Der Neunjährige befand sich schließlich in der Obhut des Staates. Wie
konnte die Tat passieren, und wie lassen sich solche Fälle künftig
verhindern? Kein Flüchtlingsheim und auch sonst kein Ort lässt sich
restlos überwachen. Das wäre auch nicht erstrebenswert. Aber deswegen
muss trotzdem aufgeklärt werden, ob die Stadt Oldenburg für
angemessenen Schutz gesorgt hat. Der Täter wird mit den Mitteln des
Jugendstrafrechts zur Rechenschaft gezogen. Aber der Staat steht
trotzdem in der Pflicht, seine eigene Verantwortung zu prüfen und aus
dem Fall zu lernen. Das ist er einem neunjährigen Jungen schuldig,
der die Pfingsttage in Oldenburg niemals vergessen wird.



Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de


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