Lausitzer Rundschau: Schäuble liegt richtig - Differenzen in der Großen Koalition zu Brexit- und Russland-Politik
Geschrieben am 03-07-2016 |
Cottbus (ots) - Sollte Wolfgang Schäuble tatsächlich Hoffnung
haben, im kommenden Jahr der nächste Bundespräsident zu werden, so
kann er diese Hoffnung jetzt begraben. Dafür bräuchte der Minister
die Unterstützung der SPD, die er aber nach seiner harschen Kritik an
der Russland- und Brexit-Politik von Außenminister Frank-Walter
Steinmeier endgültig nicht mehr bekommen dürfte. Das war's für
Schäuble in Sachen Präsidentschaft. Zu Recht mäkeln die Genossen
zurück, dass die Kanzlerin nach dem Brexit-Entscheid ebenfalls in
Berlin einen Mini-Gipfel mit Frankreich und Italien veranstaltet hat,
auch ohne Rücksicht auf andere EU-Partner. So wie Steinmeier mit den
Außenministern der EU-Gründerländer. Dazu aber kein Wort von
Schäuble. Freilich hat der Finanzminister grundsätzlich Recht: In der
jetzigen unsicheren und teilweise verfahrenen Lage Europas ist es
fahrlässig, wenn man andere, vor allem kleinere Partner außen vor
lässt. Eine Angst vor zu viel deutscher Dominanz könnte die EU in
ihrem notwendigen Reformprozess lähmen. Das scheint Außenminister
Steinmeier selbst eingesehen zu haben, wenn er betont, kleinere
Länder dürften nicht überfordert werden. Man kann nur hoffen, dass
Angela Merkel das genauso sieht. Weil Schäuble einmal in Fahrt
gewesen ist, hat auch die EU-Kommission ihr Fett wegbekommen. Hier
stimmt ebenfalls, was der Minister beklagt: Probleme wie die hohe
Jugendarbeitslosigkeit in Europa hat die Kommission viel zu lange
hingenommen, obwohl sie sich eine Agenda für mehr sozialen
Zusammenhalt gegeben hatte. Die Schieflage in und zwischen vielen
europäischen Ländern ist aber einer der Gründe, warum zahlreiche
Bürger ihr Vertrauen in Brüssel verloren haben. Das muss sich ändern.
Und zwar zügig und nachhaltig. Falls die Kommission das nicht
verstehen will, dann müssen einige Staaten das Heft halt in die Hand
nehmen. Besser so, als wenn sich nichts ändert.
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