(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Immer weiter nach unten, Marktkommentar zu den Anleiherenditen von Kai Johannsen

Geschrieben am 15-07-2016

Frankfurt (ots) - An den europäischen Rentenmärkten - allen voran
bei den Bundesanleihen - geht es mit den Renditen immer weiter
bergab. An manchen Tagen erreicht dieser Abstieg ein Tempo, dass
einem fast schon schwindelig werden kann.

In der gerade abgelaufenen Woche wurden bei den Bundespapieren
gleich zwei Meilensteine gesetzt. Zum einen wurde eine neue
zehnjährige Bundesanleihe mit einem Zinskupon von 0,00 Prozent
ausgestattet, so dass im Standardlaufzeitenband der
Kapitalmarktpapiere von zwei bis zehn Jahren die
Bundesschatzanweisungen (zwei Jahre), die Bundesobligationen (fünf
Jahre) und somit nun auch die zehnjährigen Bundesanleihen allesamt
einen Nullkupon haben. Die Analysten der Commerzbank sprechen in
Anspielung auf die unverzinslichen Geldmarktpapiere des Bundes
(Bubills) etwas scherzhaft von der "neuen zehnjährigen Bubill".

Zum anderen ging das Benchmarkpapier der Eurozone erstmals in
einer Auktion zu einer negativen Rendite an die Anleger.
Durchschnittlich zahlten die Anleger dem Bund eine Parkgebühr für die
zehnjährige Geldanlage bei Vater Staat von 0,05 Prozent. Deutschland
ist damit nach Japan der zweite G7-Staat, der eine zehnjährige
Anleihe in einer Auktion zu einem negativen Satz an den Mann oder die
Frau gebracht hat. Am Sekundärmarkt sind die Renditen schon sehr viel
niedriger gewesen. Bis auf minus 0,20 Prozent ging es im
Laufzeitensegment von zehn Jahren schon nach unten.

Bei den kürzeren Laufzeiten sind die Sätze noch sehr viel tiefer
im roten Bereich. Die zweijährigen Bundestitel fielen am 24. Juni
dieses Jahres schon bis auf minus 0,721 Prozent. So langsam kommt die
eins vor dem Komma in diesem Laufzeitenbereich in greifbare Nähe. Wer
das vor ein oder zwei Jahren prognostiziert hätte, wäre als
inkompetent eingestuft worden. Aber auch am langen Ende der Kurve
gibt es für die Anleger im wahrsten Sinne des Wortes nur noch wenig
bis gar nichts zu holen. Wer sein Geld für 30 Jahre beim Bund anlegt,
bekommt dafür aktuell noch knapp unter 0,5 Prozent. Dieser Satz ist
noch positiv. Aber bei der Hälfte der Laufzeit, also bei 15-jährigen
Bundesanleihen, sollte man sich beeilen, wenn man noch eine positive
Rendite haben will. Am Freitag lag das Tief bei 0,072 Prozent.

Ein Blick zu den Nachbarn in der Schweiz zeigt, wo die Reise noch
hingehen kann. Sie brachten in der abgelaufenen Woche einen Bond mit
der Laufzeit 2058 erstmals zu einer negativen Rendite unter, und zwar
zu minus 0,023 Prozent. Bei der Emission im Mai bekamen die Anleger
noch um die 0,25 Prozent. Man sollte sich also darauf einstellen,
dass die 30-jährigen Bundesanleihen noch weiter sinken und ihr
Rekordtief vom 6. Juli dieses Jahres von 0,293 Prozent einstellen.

Hinter dem Renditeabstieg steht die Flucht in den sicheren Hafen
Bund angesichts diverser Unsicherheitsfaktoren. Brexit-Sorgen,
Konjunkturängste, Nervosität hinsichtlich der weiteren Entwicklung
des Bankensektors sind dabei nur einige Faktoren. Hinzu kommen
geopolitische Risiken und nicht zuletzt die Käufe der Zentralbanken.
Für die Europäische Zentralbank (EZB) wird es immer schwieriger zu
kaufen. Denn sie hat sich zur Bedingung gemacht, Anleihen nur dann zu
kaufen, wenn die Rendite nicht unterhalb des Einlagensatzes liegt,
also nicht tiefer als minus 0,4 Prozent. Bei sieben bzw. acht Jahren
- je nach "Tagesform", d.h. Schwankungsintensität - ist für die
europäischen Währungshüter damit bei den Käufen Schluss. Die
Notenbanker sind also geradezu dazu gezwungen, in die längeren
Laufzeiten zu gehen. Das befördert die Renditen in diesen
Laufzeitenbereichen dann noch weiter nach unten. Die Kurve rutscht
immer weiter ins Minus ab.

Und demnächst bekommt der Markt einen weiteren Schub nach unten.
Viele Marktteilnehmer hatten sich darauf eingestellt, dass die Bank
of England (BoE) in der abgelaufenen Woche wegen der Gefahren für die
Konjunktur des Landes, die aus dem Brexit resultieren, die Zinsen
senkt. Das ist erst mal ausgeblieben, wird aber noch kommen. Die
Notenbank hat durchblicken lassen, dass es im August so weit sein
wird und dann der Schritt nach unten erfolgt.

Aber wird das reichen? Mitnichten! Mit 0,5 Prozent beim
Schlüsselsatz hat die BoE ohnehin nicht viel Pulver zum Verschießen,
bis auch sie im Minus angekommen ist. Zwei Schritte um 25
Basispunkte, dann ist die Nulllinie Realität. Auch hier sollte man
also das Minus einkalkulieren und auch eine Ausweitung der Bondkäufe.
Das hat Signalwirkung und treibt die Renditen in Europa weiter nach
unten. Und mal ehrlich: Bis die ganze Tragweite des Brexit in
wirtschaftlicher Hinsicht klar ist, vergeht noch eine lange Zeit. Und
in dieser Unsicherheit steuern die Anleger weiter den sicheren Hafen
Bund an.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

595051

weitere Artikel:
  • QACube/Fujitsu Teaming Agreement for QA Reporting / QA Analytics & Dashboards Empower Agile Software Testing Zurich (ots) - Following on from the successful EuroSTAR Conference, QACube and Fujitsu have now formed an alliance to engage new clients requiring innovative software testing and delivery solutions and expanding business for both parties involved. The EuroSTAR Conference The EuroSTAR software testing conference is an annual event bringing people and organizations involved in testing together from all over Europe. With over a thousand visitors in attendance, EuroSTAR is the biggest testing conference in Europe. The Conference mehr...

  • QACube gibt strategische Partnerschaft mit Fujitsu bekannt QA Analytics & Dashboard erleichtern agiles Testen von Software Zürich (ots) - Nach der erfolgreichen Teilnahme an der EuroSTAR Conference in Maastricht sind QACube und Fujitsu eine Partnerschaft eingegangen: Ziel der Kooperation ist es, neue Kunden zu gewinnen, die innovatives Softwaretesting und Installierungslösungen für ihr Unternehmen benötigen. QACube, die Visual Analytics Company, ist der führende Anbieter von Software für hochqualitative visuelle Analysen, Dashboards und Lösungen zur Berichterstattung für Global 2000 mehr...

  • UST Global gewinnt ATD BEST Award der Kategorie Bildung und Talentförderung Aliso Viejo, Kalifornien (ots/PRNewswire) - UST Globals Talentstrategie für messbare Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis ausgezeichnet Der in Kalifornien ansässige und im Auftrag von Global-1000-Unternehmen tätige digitale Technologiedienstleister UST Global gab bekannt, dass das Unternehmen den ATD BEST Award der Kategorie Bildung und Talentförderung erhalten hat. Die Preisverleihung der BEST Awards wird am 5. Oktober 2016 im historischen Ronald Reagan Building and International Trade Center in Washington D.C. stattfinden. mehr...

  • Carsten Glos neu im Aufsichtsrat der Grieshaber Logistics Group AG Bad Säckingen (ots) - Die Grieshaber Logistics Group AG hat mit Wirkung zum 01. Juli 2016 einen Wechsel in ihrem Aufsichtsrat vollzogen. Für Peter Klaus, DBA, M. Sc., Prof. em. und 11 Jahre Aufsichtsratsmitglied, wurde Carsten Glos, Betriebswirt, in den Aufsichtsrat berufen. Carsten Glos (48), ist derzeit Geschäftsführer der Sparten Food Service & Logistics Services D/CH/Lux der 7Days Group in Frankfurt/Main. In seinen vorherigen beruflichen Stationen war er Vorstand Logistik & IT der CCG Group sowie Geschäftsführer der ThermoMed mehr...

  • Benzin in Bremen sieben Cent teurer als in Hamburg / ADAC: zur Hauptreisezeit große Preisunterschiede in Deutschland (FOTO) München (ots) - Mitten in der Hauptreisezeit ist der Kraftstoffmarkt in Deutschland stark in Bewegung geraten. Die regionalen Preisunterschiede fallen kräftig aus - das zeigt die heutige ADAC-Auswertung in den Bundesländern. Teuerstes Land ist danach Bremen, wo die Autofahrer für einen Liter Super E10 im Schnitt 1,306 Euro und für einen Liter Diesel 1,105 Euro bezahlen müssen. Ganz anders ist die Situation im gut 100 Kilometer entfernten Hamburg: Hier kostet ein Liter E10 1,236 Euro und damit exakt sieben Cent weniger. Diesel mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht