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Stresstest 2016: EZB erhöht den Druck auf Bankengeschäftsmodelle - Europäischen Banken drohen im Stressfall Kapitallücken von bis zu 20 Mrd. Euro

Geschrieben am 31-07-2016

München (ots) - Bis zu neun der 51 untersuchten Banken müssten
sich voraussichtlich zusätzliches Kapital beschaffen / Auch deutsche
Banken leiden unter fallenden Nettozinserträgen bei steigenden
Risiken und regulatorischem Druck

Am 29. Juli hat die European Banking Authority (EBA) die
Ergebnisse des aktuellen Bankenstresstests veröffentlicht, in dem 51
der größten europäischen Banken - davon neun aus Deutschland - auf
ihre Widerstandfähigkeit bei nachteiligen ökonomischen Bedingungen
wie einer substantiellen Konjunkturabkühlung oder deutlich sinkenden
Immobilienpreisen getestet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Banken
unter solchen Stressbedingungen damit rechnen müssen, im Schnitt 30%
ihres Kapitals im adversen Szenario zu verlieren. Dadurch fällt die
durchschnittliche harte Kernkapitalquote (CET1 Ratio) von 14,8% auf
9,5%. Anders als bei früheren Stresstests haben sich die Europäische
Zentralbank (EZB) und die EBA jedoch dafür entschieden, keine
allgemeine Mindestkapitalquote vorzugeben. Stattdessen werden die
Ergebnisse vom Bankenaufseher für den jährlichen Beurteilungsprozess
verwendet, um den individuell angemessenen Kapitalbedarf je Bank zu
ermitteln.

Dr. Philipp Wackerbeck, Leiter der Financial Services Practice bei
Strategy&, der Strategieberatung von PwC, erklärt zu den heute
veröffentlichten Ergebnissen und deren Auswirkungen für
Finanzinstitute: "Unsere Analyse der Stresstestergebnisse deutet
darauf hin, dass sich voraussichtlich bis zu neun von 51 Banken
zusätzliches Kapital beschaffen müssen. Auf europaweit aggregierter
Basis kann bei Eintreten des adversen Szenarios ein Kapitalbedarf von
16 bis 20 Mrd. Euro auftreten. Das entspricht einem notwendigen
Anstieg der aktuellen Kapitalausstattung um ca. 1%." Eine
interessante Beobachtung ist, dass die Ergebnisse der beteiligten
Länder durchaus vergleichbar sind und es keine Konzentration in
Südeuropa gibt. Italienische Banken haben beispielsweise im
Durchschnitt besser abgeschnitten als erwartet.

Da die Rendite der europäischen Banken 2015 mit 6,5% signifikant
unter dem Vorkrisenniveau von 15 bis 20% bleibt, ist zu erwarten,
dass die Kapitalmärkte den betroffenen Banken nur zögerlich
zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten anbieten werden. Das
impliziert, dass höchstwahrscheinlich die bestehenden
Eigenkapitalgeber die Last der Rekapitalisierung tragen müssen.

Eigenkapitalausstattung nicht ausreichend

Mit einem durchschnittlichen Rückgang der harten Kernkapitalquote
unter negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um 3,8
Prozentpunkte ist die Auswirkung des aktuellen Stresstests noch
einmal höher als der Rückgang um 3,3 Prozentpunkte in 2014. Trotz der
daraufhin veranlassten Stärkung der Kapitalausstattung der Banken,
die über die letzten Jahre in einem Anstieg der harten
Kernkapitalquote von 11,1% in 2014 auf 13,2% in 2016 resultierte,
wird die bei Eintreten des adversen Szenarios zu erwartende
Kapitallücke mit 16 bis 20 Mrd. Euro signifikant höher ausfallen als
2014. Damals mussten Banken lediglich 4,7 Mrd. Euro zusätzliches
Kapital aufnehmen.

Erwartungsgemäß stellen Verluste aus Kreditrisiken, die aus
Kreditausfällen und fallenden Bewertungen von Sicherheiten bei
schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen resultieren, den größten
Treiber bei den Kapitalauswirkungen für Banken dar. Die Verluste aus
Kreditrisiken belaufen sich 2016 jedoch auf ähnliche Werte wie beim
vorherigen Stresstest. Daraus lässt sich ableiten, dass Banken ihr
Risikoprofil im Kreditgeschäft nicht wesentlich verändert haben.
Tatsächlich ist der durchschnittliche Anteil notleidender Kredite am
gesamten Kreditvolumen seit dem letzten Stresstest bei europäischen
Banken sogar von 4,8% auf 4,1% gesunken. Hierbei bilden italienische
Banken die Ausnahme, da diese immer noch mit der Reduktion ihrer
enormen Anzahl notleidender Kredite in den Bankbilanzen zu kämpfen
haben.

Fallende Nettozinserträge bei steigenden Marktrisiken und
regulatorischem Druck

"Nach unserer Analyse stammen die erhöhten Auswirkungen unter
Stressbedingungen neben den Verlusten aus Kreditrisiken auch von
einem sich verschärfenden Rückgang der Nettozinserträge, einem
stärkeren Einfluss von Marktrisiken sowie einer fortschreitenden
Einführung der Basel-III-Regularien. Dies spiegelt weitestgehend die
Durchsetzung einer stringenteren und konservativeren Methodik für
diese Elemente durch die europäischen Aufseher im diesjährigen
Stresstest wider", sagt Burkhard Eckes, Leiter Banking & Capital
Markets bei PwC. "Auch Banken in Irland und Spanien haben die
Basel-III-Anforderungen noch nicht ausreichend in ihren
Kapitalpositionen reflektiert, was zum Teil zu deutlichen
Kapitalrückgängen im Stresstest führt."

Die Finanzkrise hat das Geschäftsumfeld für Banken grundlegend
verändert und stellt noch immer eine fundamentale strategische
Herausforderung für traditionelle, bilanzintensive
Bankengeschäftsmodelle dar, die stark von Nettozinserträgen abhängig
sind. Angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds und des daraus
resultierenden hohen Drucks auf Nettozinsmargen sind Banken
gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und andere
Ertragsquellen zu erschließen. Dies wird auch in den
Stresstestergebnissen zum Nettozinsertrag deutlich, die im
Durchschnitt mit einem Einbruch um 6% im Baseline-Szenario und um 17%
im adversen Szenario einen signifikanten Anstieg der Auswirkung im
Vergleich zu 2014 aufzeigen.

Regulatorischer Druck auf Banken steigt

Laut Wackerbeck enthalten diese Ergebnisse eine klare Nachricht:
"Mit dem diesjährigen Stresstest erhöhen die europäischen Aufseher
den Druck auf die Banken, sich zu reformieren. Wir beobachten in
Italien Banken mit einem hohen Anteil notleidender Kredite in den
Bilanzen oder in Irland und Spanien Geldhäuser mit Kapitalelementen,
die durch Basel III gerade stufenweise außer Kraft gesetzt werden.
Gleichzeitig erwirtschaften diese Banken jedoch nur geringe,
nichtnachhaltige Überschüsse - Letzteres gilt insbesondere auch in
Deutschland. Zusätzliches Kapital aufzunehmen ist schlussendlich aber
nicht ausreichend, um die strukturellen Probleme der Branche zu
lösen, da dieser Schritt die Kapitalkosten steigert, ohne zu höheren
Einnahmen oder Wachstumsraten zu führen." Jenseits der
Kapitalanforderungen unterstreicht der Stresstest, dass Banken ihre
Strategie mit Blick auf das aktuelle ökonomische und regulatorische
Umfeld sowie die zunehmende Konkurrenz durch Start-ups aus dem
FinTech-Bereich neu bewerten müssen. Banken sollten ihre
Geschäftsmodelle daher konsequent weiterentwickeln und gezielt in
Innovationen, Produktion und Marketing investieren, um die Chancen
der Digitalisierung zur Transformation des bisherigen
Geschäftsmodells zu nutzen.

Sie sollten sich darauf fokussieren, ihre Erträge zu verbessern
und gleichzeitig ihre Abhängigkeit von Zinserträgen zu reduzieren.
Damit würde auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressbedingungen
erhöht. "Reine Kostensenkungsprogramme reichen wohl nicht aus, um den
im Stresstest zu Tage getretenen strategischen Herausforderungen zu
begegnen. Die europäische Bankenindustrie muss vielmehr ihre gesamte
Wertschöpfungskette hinterfragen und wo nötig neu ausrichten. Wenn
die Banken diesen steinigen Weg nicht konsequent weiter beschreiten,
wird der nächste Stresstest deutlich schlechter ausfallen", so das
Fazit von Wackerbeck.

Hinweis zur Analysemethode

Derzeit ist noch nicht entschieden, wie die EZB die
Stresstestergebnisse bei der Ermittlung der individuellen
Kapitalquoten der Banken im Rahmen des so genannten SREP-Prozesses
berücksichtigen wird. Strategy& hat für die Abschätzung des möglichen
Kapitalbedarfs zwei Ansätze gewählt: eine Hürde von 5,5% für die
harte Kernkapitalquote im adversen Szenario bzw. von 8% des
Gesamtkapitals nach Säule 2, so wie im letzten Stresstest in 2014,
sowie zusätzlich eine durchschnittliche im SREP-Prozess geforderte
harte Kernkapitalquote von 7,8% (10,3% durchschnittliche
Kapitalausstattung nach Säule 2 für alle SSM-Banken minus 2,5% für
den so genannten Capital Conservation Buffer).

Über Strategy&

Strategy& ist ein globales Team praxisorientierter Strategen.
Unser Ziel ist es, unseren Klienten jederzeit den entscheidenden
Vorteil zu verschaffen. Wir verfügen über 100 Jahre Erfahrung in der
Managementberatung und kombinieren diese mit der einzigartigen
Industrieerfahrung und den Ressourcen von PwC. Wir sind Teil des
weltweiten PwC-Netzwerks. PwC bietet mit mehr als 208.000
Mitarbeitern in 157 Ländern branchenspezifische Dienstleistungen in
den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung
an. Weitere Informationen unter www.strategyand.pwc.com/de



Pressekontakt:
Pressekontakt
Meike Hegge
Senior Manager Marketing & Communications
PwC Strategy& (Germany) GmbH
meike.hegge@strategyand.pwc.com
T: +49(89) 545 25 644


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