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Westfalen-Blatt: zu TTIP

Geschrieben am 01-09-2016

Bielefeld (ots) - TTIP wird begraben. Scheibchenweise. Dem
Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA ist sein wichtigstes
Kapital abhandengekommen: das Vertrauen der Politik. Die klare Absage
aus Frankreich und die Skepsis aus Österreich wiegen nicht nur
einfach schwer, sie sind der Auftakt zum letzten Kapitel. Dass die
Pariser Regierung dabei genauso vom Wahlkampf getrieben handelt wie
der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister ist sicher
richtig. Aber es ändert wenig an der Bilanz der Gespräche, die auf
der Stelle treten, weil beide Seiten mit ganz unterschiedlichen
Einstellungen in die Verhandlungen gegangen sind: Während die
Europäer wie bei den Gesprächen mit Kanada bereit waren, gemeinsame
Positionen zu finden, war für die US-Seite von Anfang an klar, dass
Verständigung nur in der Übernahme Washingtoner Grundsätze bestehen
kann. Das hat wenig mit Verhandlungen, aber sehr viel mit politischer
Erpressung zu tun. Die hat zwar bei früheren Vereinbarungen wie dem
Datenaustausch im Luftverkehr funktioniert. Bei TTIP aber kam die EU
schnell an ihre Schmerzgrenze: Wenn die USA ihre protektionistisch
abgeschirmten Marktbereiche wie die öffentliche Beschaffung nicht
öffnen, wird es auch keinen Zugang zum europäischen Markt geben. Das
Aus steht fest. Kritiker befürchteten immer den Ausverkauf
europäischer Standards und Errungenschaften bei Verbraucherschutz,
Umwelt, Agrar-Exporten oder Gesundheitsprüfungen für Medikamente. Da
gab es viele Legenden und Mythen, von denen nur wenige auf die
konkreten Verhandlungen zutrafen. Die EU stellt die Dokumente ins
Internet. Aber auch dieser Schritt musste letztlich deshalb
wirkungslos bleiben, weil sich die US-Seite weder zu einer derart
umfassenden Einbeziehung der Wähler entschließen wollte, noch in der
Sache den Wert der EU-Vorgaben anerkennen mochte. Viele werden das
Aus deshalb als Sieg feiern. Tatsächlich aber ist das absehbare Ende
der Gespräche zwischen Brüssel und Washington eine Niederlage für
alle Seiten. Die Folgen werden Unternehmen auf beiden Seiten des
Atlantiks zu spüren kommen. Noch immer schützen die USA und Europa
ihre Märkte mit Zöllen, die längst überwunden gehören.
Doppel-Prüfungen bei pharmazeutischen Produkten, bei chemischen
Erzeugnissen, beim Maschinenbau sind unnötig, teuer und überholt. So
bleibt es bei Doppel-Belastungen, wenn ein Anbieter seine Produkte
auf beiden Märkten verkaufen will. Handelshemmnisse im lukrativen
Dienstleistungsbereich und bei der öffentlichen Beschaffung überleben
das TTIP-Desaster ebenfalls. Darüber kann nur »happy« sein, wer die
Dimension dieser nun wohl gescheiterten Freihandelszone nicht
nachvollziehen wollte.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell


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