Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Bernhard Fleischmann zu automatisiertem Fahren
Geschrieben am 30-09-2016 |
Regensburg (ots) - Es ist eine verführerische Vision:
Vollautomatische Autos chauffieren uns sicher ans Ziel, während wir
Passagiere uns anderen Dingen zuwenden. So einfach das klingt, so
kompliziert ist es in der Realität. Sollte die Technik zuverlässig
funktionieren, wird es weniger Tote und Verletzte geben. So weit, so
gut. Aber schon der Weg dorthin ist kompliziert: Solange das Auto nur
bestimmte Situationen kontrollieren kann, wird der Fahrer nicht
sicher wissen, was er dem Fahrzeug zutrauen kann. Also muss er mit
voller Aufmerksamkeit Fahrer bleiben. Andernfalls kann es tödlich
enden, wie der aufsehenerregende Unfall mit einem Tesla in den USA
gezeigt hat. Somit bleibt der Nutzen erst einmal begrenzt. Ist die
Technik in der Lage, die volle Kontrolle zu übernehmen, müssen andere
Themen geklärt werden. Fraglich ist etwa, ob jemand ein Auto haben
will, das sich im Extremfall dazu entscheidet, ihn zu opfern, weil
die Alternative der Tod von mehr Personen wäre. Kann und will man dem
Mobil eine Art Moral einprogrammieren? Wenn ja, welche? Die
Ethikkommission muss sich mit enorm kniffligen Fragen
auseinandersetzen. Minister Dobrindt jedenfalls tut sich sichtlich
schwer, einen Kompass zu finden. Denn wenn er fordert, man müsse
Filme anschauen können, aber ein "Mindestmaß an Aufmerksamkeit"
wahren, dann bewegt er sich trotz der größtmöglichen Ungenauigkeit
seiner Aussage schon nahe an der Unmöglichkeit. Der Mensch kann nicht
zwei Dinge gleichzeitig einigermaßen aufmerksam verfolgen. Beim
autonomen Fahren gilt deshalb, ganz oder gar nicht: Das Auto muss
jede Situation beherrschen.
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