Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christine Straßer zu US-Präsidentenwahl/Republikaner
Geschrieben am 30-10-2016 |
Regensburg (ots) - Ausgelaugt und gespalten gehen die Amerikaner
auf die Zielgerade ihrer Präsidentenwahl. Dieser Wahlkampf hat eine
geradezu zerstörerische Wirkung, weil er so heftig geführt wird und
weil er der bizarrste - so bezeichnen ihn nahezu alle Beobachter - in
der bisherigen US-Geschichte ist. Augenfällig ist, dass dieser
Wahlkampf nicht nur die Anhänger der Republikaner und Demokraten
gegeneinander aufbringt, sondern auch die Parteien in sich zerreißt.
Ein Auswahlsystem für das politische Personal kommt an seine Grenzen.
Am deutlichsten passiert dies in der republikanischen Partei. Der
Kandidat Donald Trump entzweit Amerikas Konservative. Nachdem vor der
zweiten TV-Debatte Trumps frauenverachtende Äußerungen enthüllt
wurden, wandten sich einige Parteigranden angeekelt von dem
Immobilienmogul ab. Trump erklärte der Parteiführung daraufhin den
"Bürgerkrieg". Manche US-Beobachter erinnert die Zerreißprobe der
Republikaner an das Jahr 1854. Damals spaltete sich ein progressiver
Flügel von den konservativen Vorgängern ab, weil diese weiter Sklaven
halten wollten. In der New York Times schreibt der einflussreiche
Kolumnist Tom Friedman, dass gerade eine ähnliche Allianz der
rückwärtsgewandten Kräfte zu beobachten sei. Friedman sieht eine
Mischung aus Waffennarren, Tea-Party-Fanatikern, Leugnern des
Klimawandels und Rassisten, die dazu führt, dass die republikanische
Partei nicht wiederzuerkennen ist. Stand sie einmal für Freihandel
und eine internationalistische Außenpolitik, wettert Trump genau
dagegen. Nicht nur Kolumnisten wie Friedman machen sich deshalb
Sorgen darüber, wie die USA ohne vernünftige Republikaner
funktionieren soll. Eine Partei, die marktorientiert denkt und nicht
immer alles dem Staat überlasse, sei notwendig, werfen sie ein.
Andererseits ist Trump aber auch nicht wie ein Unwetter von außen
über die Republikaner hereingebrochen. Die Krise ist hausgemacht,
weil sich die Partei in die Geiselhaft der Tea-Party-Bewegung begeben
hat. Deren biblisch-verquere Weltsicht ist immun gegen Zweifel und
Argumente. Durch sie ist es unmöglich geworden, im Kongress
Kompromisse auszuhandeln. Davon aber lebt ein demokratischer Prozess.
Die Kandidatur Trumps ist die Fortsetzung dieses Wandels der
republikanischen Partei. Trump hetzt, schimpft - und spaltet. Nun
droht die einst stolze Grand Old Party von Abraham Lincoln nicht nur
das Rennen ums Weiße Haus zu verlieren, sondern auch ihre
Senatsmehrheit. Warum Trump trotzdem noch immer an der Spitze der
republikanischen Liste steht? Nun, der Milliardär ist durch das
reguläre Auswahlverfahren der Partei ganz ordnungsgemäß zum
Kandidaten gekürt worden. Mit Sicherheit spielt auch eine Rolle, dass
sich die Partei einen Bruch noch nicht leisten kann. Über eine
mögliche Spaltung wird zwar spekuliert, doch unklar ist, welcher
Seite sich in so einem Fall die wichtige Geldgeber zuwenden würden.
Und nur die Seite, zu der das Geld fließt, würde politisch überleben.
Die Demokraten könnten der lachende Gegenspieler sein. Zu denken, sie
seien das funktionierende Gegenmodell zu den Republikanern, wäre aber
ein Trugschluss. Auch die Demokraten haben eine extrem unpopuläre
Kandidatin auf ihr Schild gehoben. Auch hier gilt, dass sich viele
Anhänger nur schwer mit ihr anfreunden können. Hillary Clinton liegt
zwar derzeit in den Umfragen vorne. Doch in diesem Wahlkampf ohne
gleichen ist nichts sicher. Ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht,
dass sich kurz vor Schluss nochmals alles dreht. Sicher ist nur
eines: Amerika wird so schnell nicht zur Ruhe kommen.
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