Börsen-Zeitung: Der Ton macht die Musik,
Kommentar zu Gabriels China-Reise von Norbert Hellmann
Geschrieben am 01-11-2016 |
Frankfurt (ots) - Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist mit
einer deutschen Delegation auf China-Besuch. Er hätte besonders
harmonisch ausfallen können, der 1. November: Die für deutsche
Belange so wichtige chinesische Industrie erhält wieder
konjunkturellen Aufwind, und im Disput über unerwünschte Vorstöße
chinesischer Unternehmen bei deutschen Technologiefirmen wie Aixtron,
Kuka und Osram sowie mangelnde Öffnung des chinesischen Marktes für
deutsche Firmen finden sich Kompromisse, die beiden Seiten zum
Vorteil gereichen.
Ganz so harmonisch ist es freilich nicht gekommen. Greift man sich
nach chinesischer Sitte zunächst einmal die positiven Dinge heraus,
dann bringen Chinas neue Einkaufsmanagerdaten gute Botschaften zur
Erstarkung des Industriesektors und Stabilisierung der Konjunktur,
die deutsche Exporteure und China-Manager erfreuen werden. Was
wiederum Gabriels Mission angeht, sah man zunächst Dissonanzen und
wilde Gerüchte über abgesagte Termine.
Nun, Gabriel wurde vom chinesischen Premier empfangen, hatte ein
langes Gespräch mit dem Handelsminister und versicherte anschließend,
der deutschen Wirtschaft sei nicht die "kalte Schulter" gezeigt
worden. Offen bleibt allerdings, ob es wirklich konstruktive
Gespräche gab, die deutsche Anliegen weiterbringen.
Gabriels Reise ist von atmosphärischen Spannungen überlagert, die
sich als wenig hilfreich erweisen. Sie entstanden dadurch, dass der
Minister unmittelbar nach Widerrufung der Genehmigung für die
Aixtron-Übernahme durch einen chinesischen Investor laute Tiraden
über die mangelnde Chancengleichheit für deutsche Unternehmen vom
Stapel ließ und die Diskussion um chinesische Stahlexporte und die
EU-Anerkennung des sogenannten Marktstatus Chinas im Rahmen der WTO
gleich mit dazupackte.
Aus chinesischer Sicht wirkt die Blockade des Aixtron-Deals erst
damit wie ein echter Affront eines auf Krawall gebürsteten
Wirtschaftsministers, was ganz und gar nicht zur bisherigen Tonlage
im deutsch-chinesischen Wirtschafts- und Interessenaustausch passt.
Damit sind auf die Schnelle keine Konzessionen für deutsche
Unternehmen in China herauszuschlagen. Gabriel sagte am Dienstag, er
erwarte, dass die Investitionsbedingungen in China nicht restriktiver
werden. Das werden sie aller Voraussicht nach nicht, aber
Hoffnungswerte für eine Verbesserung des Klimas kann man derzeit nur
aus den Konjunkturdaten und nicht aus den deutsch-chinesischen
Wirtschaftsgesprächen schöpfen.
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