Woody Allens CAFÉ SOCIETY feiert "besonders wertvollen" Kinostart/Kinostart mit Prädikat auch für Dokus PETER HANDKE, CAHIER AFRICAIN und MANCHE HATTEN KROKODILE
Geschrieben am 09-11-2016 |
Wiesbaden (ots) - Der junge und naive Bobby zieht in den
Dreißigerjahren aus der New Yorker Bronx nach Los Angeles und hofft,
dank der Hilfe seines Agentenonkels, auf eine Karriere im
Filmgeschäft. Der Plan geht auf und Bobby geht schon bald seinen Weg
auf der glitzernden Straße des Erfolgs. Doch all das nützt ihm
nichts. Denn er ist unglücklich verliebt in ein Mädchen, das schon
anderweitig gebunden ist. CAFÉ SOCIETY (Start: 10. November) ist
Woody Allens 47. Spielfilm, mit dem er auch die diesjährigen
Filmfestspiele in Cannes eröffnete. "Der Film wirkt als
Gesamtkunstwerk, in das man durch die großartige Kamera des
Altmeisters Vittorio Storaro, die perfekte Lichtsetzung und eine bis
ins kleinste Dekor stimmige Ausstattung vom ersten Bild an
hineingezogen wird. So entsteht der Glanz und Glamour Hollywoods,
eine Märchenwelt, die zum Träumen einlädt. Die Jury war begeistert
von diesem charmanten, klugen Woody Allen Film mit exzellenten
Schauspielern bis in die kleinsten Nebenrollen, in dem alle Gewerke
ihre Höchstleistung gezeigt haben." So urteilt die fünfköpfige
Expertenrunde der FBW in ihrem Gutachten und verleiht dem Film das
höchste Prädikat "besonders wertvoll".
Seit den 1960er Jahren ist Peter Handke nicht nur einer der
bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller, er spielt seitdem
auch seine Rolle so souverän wie nur wenige. Und so inszeniert sich
der 73-jährige Künstler auch in PETER HANDKE - BIN IM WALD. KANN
SEIN, DASS ICH MICH VERSPÄTE (Start: 10. November), immer selbst. Er
weiß genau, wie er sich vor der Kamera positionieren, wie er wirken,
was er sagen und wie er sich bewegen muss, um dem Bild, dass er von
sich erschaffen hat, zu entsprechen. Immerhin hat er selber ja auch
als Filmregisseur gearbeitet. Die Filmemacherin Corinna Beltz
akzeptiert diese Bedingungen und hinterfragt sie nicht. So ist ihr
Porträt, wie die FBW-Jury anerkennt, konsequent und geht ganz offen
mit dieser Tatsache um. In ihrer Begründung für das Prädikat
"besonders wertvoll" schreibt die Jury dazu: "Auch die
Selbstinszenierung eines Menschen sagt ja vieles über diesen aus und
auf dieser Ebene lernt man Peter Handke in diesem Film dann doch
überraschend gut kennen."
In ihrem neuen Dokumentarfilm CAHIER AFRICAIN (Start: 10.
November) greift die Filmemacherin Heidi Specogna ein brisantes und
wichtiges Thema auf. Als in Den Haag der Prozess gegen den ehemaligen
Politiker Jean-Pierre Bemba beginnt, gibt es ein Heft mit Aussagen
von 300 kongolesischen Frauen. Dieses Heft gehört zu den
Beweismitteln, die dabei helfen sollen, Bemba wegen der Anordnung von
Vergewaltigung als Kriegsstrategie und anderen Verbrechen gegen die
Menschlichkeit zu verurteilen. Heidi Specogna hat sich seit 2008 mit
dem Thema beschäftigt. Herausgekommen ist Langzeitdokumentation, die
die Jury der FBW nicht nur durch ihr Thema, sondern auch durch ihre
herausragende "Qualität der Recherche" beeindruckte. "Mit
ausdauernder Nachhaltigkeit folgt Specogna den individuellen
Schicksalen, ohne den Blick auf das Ganze zu verlieren. Sie nimmt
sich Zeit, bis aus der Genauigkeit punktueller Ereignisse eine
glasklare, welthaltige, allgemeingültige Geschichte wächst. So
intensiv verbunden und unglaublich nah war man den Menschen in Afrika
bisher sicher nicht oft." Hierfür vergibt die Jury das Prädikat
"besonders wertvoll".
Dass St. Pauli ein spezieller Mikrokosmos ist, wird jedem bewusst
sein, der schon einmal dort war. Doch um Menschen, die das berühmte
Viertel in Hamburg bewohnen, wirklich kennenzulernen, müssten wir uns
schon etwas mehr Zeit nehmen. Das hat Christian Hornung mit seinem
Dokumentarfilm MANCHE HATTEN KROKODILE (Start: 10. November)
geleistet. Er erzählt von in St. Pauli gestrandeten Menschen bzw.
lässt diese von sich erzählen. Die Jury hebt in ihrer Begründung für
das höchste Prädikat "besonders wertvoll" hervor, mit wieviel
"Sympathie und Respekt" Hornung seinen Protagonisten begegnet. In der
Begründung heißt es: "Christian Hornungs Film ist ein kluger und
unterhaltsamer Dokumentarfilm im beobachtenden Stil, der in seiner
klassischen Art nicht zufällig an den berühmten Dokumentarfilmer
Klaus Wildenhahn erinnert."
In der kommenden Woche mit Prädikat im Kino: Das Harry
Potter-Spinoff PHANTASTISCHE TIERWESEN UND WO SIE ZU FINDEN SIND
sowie die Ruhrpott-Komödie RADIO HEIMAT.
Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen
unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet
herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders
wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys
mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet
die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Prädikatsfilme vom 10. November 2016
http://fbw-filmbewertung.com/film/cafe_society
Peter Handke - Bin im Wald. Kann sein, dass ich mich verspäte
Dokumentarfilm. Deutschland 2016.
Peter Handke ist einer der bekanntesten zeitgenössischen
deutschsprachigen Autoren. Der österreichische Schriftsteller
veröffentlicht seit Ende der 1960er Jahre seine oftmals radikalen und
unbequemen Texte. Darin beschäftigt er sich unter anderem mit der
Entfremdung des Menschen von der Welt, in der er lebt. Eine zentrale
Frage seiner frühen Schriften ist diese: "Wie soll man leben?" In
ihrem Dokumentarfilm besucht die Filmemacherin Corinna Belz den
berühmten Künstler, der zurückgezogen in Frankreich auf dem Lande
lebt, in seinem Zuhause. Sie begleitet ihn beim Durchwandern seines
Gartens, beim Putzen der Pilze für das Abendbrot, beim Bummel durch
die angrenzende nächstgrößere Stadt, beim Essen mit seiner Tochter.
Dazwischen immer wieder historisches Bildmaterial, Interviews mit dem
Meister selbst, Fotografien aus der Vergangenheit, Ausschnitte aus
seinen Texten, gelesen von ihm, in dieser typisch langsamen, immer
etwas versetzt nuancierten Art. Belz' Film setzt dabei nie den
Anspruch, den "wahren" Peter Handke zu zeigen. Der Film macht ganz im
Gegenteil auf kluge Weise deutlich, wie sehr ein Künstler, der etwas
erschafft, auch selbst zu etwas Künstlichem wird. Gleich zu Beginn
akzeptiert Handke dieses Schicksal. Er wisse, eine Rolle zu spielen,
er wisse nur nicht, welche. Und so inszeniert Handke sich. Belz lässt
ihn dabei gewähren, fängt aber genau diese Inszenierung mit ruhigen
und exakt komponierten Bildern ein, hält sich im Hintergrund. Nur
manchmal sind ihre Fragen zu hören. Die meiste Zeit aber dominiert
der Autor, der als Enfant Terrible der Literatur bekannt wurde. Nun
aber, und dies macht PETER HANDKE - BIN IM WALD. KANN SEIN, DASS ICH
MICH VERSPÄTE klar, scheint er selbst eine seiner wichtigsten Fragen
beantwortet zu haben. "Wie soll man leben?" Peter Handke zeigt in
seinem Zuhause in Frankreich jedenfalls, wie er leben möchte. Ein
kluger und reflektierter Film über einen großen Künstler. Und einen
Menschen, der die Kunst auch dazu nutzt, sein eigenes Ich zu
schützen.
http://fbw-filmbewertung.com/film/peter_handke_bin_im_wald_kann_se
in_dass_ich_mich_verspaete
Cahier africain
Dokumentarfilm. Deutschland, Schweiz 2016.
In Den Haag, am Internationalen Strafgerichtshof, liegt in einem
Aktenordner ein dünnes Heft. Von außen sieht es aus wie ein normales
Schulheft. Doch seine Seiten sind gefüllt mit unfassbaren
Grausamkeiten. Grausamkeiten, die Menschen Menschen angetan haben. In
dem Heft stehen die Aussagen von 300 Frauen, die im Jahr 2002
angegriffen, misshandelt, vergewaltigt, vertrieben wurden. Von
kongolesischen Söldnern, die im Zuge des Krieges das Land heimsuchten
und verwüsteten. Als in Den Haag der Prozess gegen Jean-Pierre Bemba
beginnt, ist das Heft ein Beweismittel, um den ehemaligen Politiker
wegen der Anordnung von Vergewaltigung als Kriegsstrategie und
anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen. Die
Dokumentarfilmerin Heidi Specogna hat sich für CAHIER AFRICAIN seit
2008 mit dem Thema beschäftigt. Und genau das spürt man von der
ersten Minute an. Der Film ist viel mehr als eine dokumentarische
Auseinandersetzung mit einem Konflikt, er ist eine Beobachtung, eine
Studie, eine Möglichkeit für den Zuschauer, sich hautnah in das Thema
einzufinden. Die Erzählhaltung ist langsam, lässt die Zeit, sich mit
den Begebenheiten und den Menschen vertraut zu machen. Es gibt wenige
Protagonisten, die Specogna gezielt und ganz persönlich begleitet,
doch diese bringt sie dem Betrachter wirklich nahe, ohne sie aber
voyeuristisch preiszugeben. Da ist die Muslimin Amzine, die von einem
Söldner vergewaltigt und schwanger wurde. Ihr Kind hat sie zur Welt
gebracht. Dafür wird sie von ihrer Umwelt verurteilt und ausgestoßen.
Und da ist die Christin Arlette, die von einer Kugel am Knie verletzt
wurde und die mit ihrer Familie hofft, sich irgendwo wieder eine
Existenz aufzubauen, den Krieg hinter sich zu lassen und wieder in
Frieden leben zu können. Dies sind nur zwei Frauen, die der Film über
all die Jahre begleitet. Gleichzeitig macht der Film auch klar: Das
Schicksal der Porträtierten ist das Schicksal von vielen, ist
unabhängig von Religion und Politik. Immer wieder lässt Specogna die
Kamera einfach an Gesichtern entlang gleiten, etwa beim Verfolgen des
Prozesses gegen Bemba am Fernseher im Gemeindezelt. Die Bildsprache
ist klar, nicht gekünstelt. Kein Kommentar von außen erklärt etwas -
was wirkt, sind nur die authentischen unverfälschten Eindrücke, die
der Film einfängt und damit auch immer wieder Bilder mit hoher
Symbolkraft erschafft. Ein Beweis für eine unfassbar große Nähe und
ein ebensolches Vertrauen, was die Filmemacherin zu den Menschen
aufbauen konnte. Und umgekehrt. Denn man spürt, wie sehr auch
Specogna dieses Thema am Herzen liegt. An manchen Stellen liegt auf
den Bildern eine Musik, die aus dem Land selbst ist. Es ist eine
anklagende Musik, eine intensive Musik, die den Betrachter zusätzlich
an die Menschen auf der Leinwand bindet. CAHIER AFRICAIN ist eine
Verbeugung vor dem Mut der Frauen, die gegen ihre Peiniger aussagen.
Doch der Film ist auch ein Fingerzeig für Europa und zwingt,
hinzusehen, wo Wegsehen oftmals bequemer und angenehmer ist. Denn in
diesen 119 Minuten erfährt man mehr über die Wirklichkeit des Lebens,
der Geschichte und der Tragödie Afrikas als in vielen
Nachrichtenformaten zusammen. CAHIER AFRICAIN - eine immens wichtige
Dokumentation. Ein klug reflektiertes Stück Zeitgeschichte. Und ein
bewegender Film.
http://fbw-filmbewertung.com/film/cahier_africain
Manche hatten Krokodile
Dokumentarfilm. Deutschland 2015.
Manche kamen aus familiären, manche aus beruflichen Gründen.
Manche wollten aussteigen aus ihrem bürgerlichen Leben, manche
wollten nur kurz Halt machen und blieben dann ein Leben lang. Sie
alle sind irgendwann gestrandet in St. Pauli, diesem Hamburger
Stadtteil, dessen Legenden und Mythen seit jeher die Realität
überstrahlen. Denn die ist oft trostlos. Wohnungspreise schnellen
aufgrund von Gentrifizierung in die Höhe, selbst Rentner müssen sich
mit Nebenjobs über Wasser halten, um sich das Leben überhaupt noch
leisten zu können. Doch bei all dem Negativen bleibt die Kneipe ums
Eck immer noch der sichere Hafen, den alle ansteuern. Hier ist man
eine eingeschworene Gemeinschaft, hier tauscht man sich aus - und
hier spart man gemeinsam. Die "Sparclubs" findet man noch vereinzelt
in den Kneipen. Hier hängen die Sparkästen. Jeder Stammkunde hat ein
eigenes kleines Fach und muss pro Woche einen bestimmten Betrag
einzahlen. Am Ende des Jahres bekommen alle das jeweils Gesparte
ausgezahlt. Bei einer gemeinsamen Weihnachtsfeier. Der Filmemacher
Christian Hornung begibt sich mit seinem Film MANCHE HATTEN KROKODILE
auf die Spuren der Geschichte, der Leute, der Legenden, die St. Pauli
sind. Er besucht die Alteingesessenen in ihren Stammkneipen und lässt
sie einfach erzählen. Von ihren Erinnerungen an früher, als der
Stadtteil noch richtig verrucht war. Als die Arbeit in den Bars und
Stripclubs noch mit Exotik behaftet war, als der Rubel im Hafen noch
rollte. Heute, und das steht in den vom Leben gegerbten Gesichtern
geschrieben, ist es Geschichte, überlebt haben nur die oftmals
verklärten Erinnerungen. Hornung mischt sich nie fragend in das
Geschehen ein, macht sich mit seiner ruhig positionierten Kamera aber
auch nicht unsichtbar und vertraut ganz auf die Wirkung seiner
hervorragend ausgewählten Protagonisten, die er nie inszeniert, aber
sich selbst in Szene setzen lässt. Der Zuschauer ist lediglich
Beobachter und entwickelt trotzdem eine gewisse Nähe zu den Menschen.
Doch, und auch das macht der Film auf sehr subtile Weise klar, es ist
nur ein kleiner Blick in eine eigene Welt, die für sich existiert und
die dem Außen trotzt. Deswegen verlässt die Kamera zum Schluss auch
respektvoll die Kneipe, in der gefeiert, getrunken, geredet und
gelacht wird. MANCHE HATTEN KROKODILE ist ein wahrhaftiger und sehr
authentischer Dokumentarfilmgenuss, der in knapp 90 Minuten in eine
Welt einlädt, in der manche sich am liebsten an früher erinnern und
manche trotzig nach vorne blicken. Und in der manche sogar Krokodile
hatten.
http://fbw-filmbewertung.com/film/manche_hatten_krokodile
Pressekontakt:
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
Schloss Biebrich Rheingaustraße 140
65203 Wiesbaden
Tel: 0611/ 96 60 04 -18
Fax: 0611/ 96 60 04 -11
info@fbw-filmbewertung.com
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