Mittelbayerische Zeitung: Wer denn sonst? / Merkel wird am Sonntag wohl ihre Kandidatur verkünden. Die Union hat nicht wirklich eine Alternative. Leitartikel von Reinhard Zweigler
Geschrieben am 18-11-2016 |
Regensburg (ots) - Wie sich die Dinge wandeln. Als sich im Sommer
vor acht Jahren der junge US-Demokrat Barack Obama um die
Präsidentschaft bemühte, gab sich die deutsche Kanzlerin sehr
bedeckt. Nicht einmal vor dem symbolträchtigen Brandenburger Tor ließ
sie den Yes-we-can-Bewerber auf seiner Europa-Tour in Berlin
auftreten. Obama lockte dennoch Tausende Menschen an die nahe
gelegene Siegessäule. Das Verhältnis der beiden wichtigsten Politiker
der westlichen Welt hat sich in den vergangenen Jahren allerdings
gründlich verändert. Die so ungleichen Merkel und Obama haben in den
Herausforderungen der Zeit Vertrauen, ja sogar Sympathie füreinander
entwickelt. Das ging so weit, dass der scheidende Präsident nun gar
die Trommel für Merkels erneute Kanzler-Kandidatur rührte. Die klare
Parteinahme für die deutsche Regierungschefin, für die Konservative
mit dem Drang zu Reformen und einer auch in den eigenen Reihen
umstrittenen Flüchtlingspolitik, ist auf dem diplomatischen Parkett
äußerst ungewöhnlich. Für Angela Merkel mag die unerwartete
Wahlkampfhilfe Obamas nun den Ausschlag gegeben, sich bereits am
Sonntag in der schon lange wabernden K-Frage der Union offiziell zu
äußern. Alles deutet daraufhin, dass sie zur besten Fernsehsendezeit
nach 19 Uhr ihre erneute Bewerbung um das Amt der Kanzlerin abgeben
wird. Und nicht etwa erst auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in
Köln. Dabei war schon lange nicht mehr die Frage, ob Merkel zu ihrer
vierten Spitzenkandidatur antreten werde, sondern wann sie dies
verkünden würde. Dass die 62-Jährige einstige Physikerin aus der DDR
ihre atemberaubende Polit-Karriere fortsetzen wird, hat zahlreiche
Gründe, die dafür sprechen. Und nur wenige, die gegen Merkels
erneutes Antreten ins Feld geführt werden können. Das Pro überwiegt
in der Abwägung eindeutig. Ein Pfund Merkels ist zweifellos ihre
internationale Erfahrung und das Vertrauen, das sie sich in zahllosen
Verhandlungsrunden und persönlichen Begegnungen mit Dutzenden
Regierungschefs und Präsidenten erworben hat. Auf die Deutsche schaut
besonders die tief zerstrittene Europäische Union. Angela Merkel, und
nicht etwa EU-Repräsentanten wie Jean-Claude Juncker, ist das Gesicht
der Europäer. Sie ist angesichts der Fliehkräfte innerhalb der 28er
Gemeinschaft sozusagen das Gravitationszentrum der
Staatengemeinschaft und zugleich die wichtigste Krisenmanagerin.
Ähnliche, freilich überzogene, Heilserwartungen galten Merkel auch
lange Zeit in der christlichen Parteienfamilie von CDU und CSU. Die
einmütige Unterstützung Merkels hat allerdings einen tiefen Riss
bekommen. Spätestens seit dem Spätsommer 2015, als Hunderttausende
Bürgerkriegsflüchtlinge lange Zeit unkontrolliert ins Land strömten,
herrscht in dieser brisanten Frage bitterer Streit zwischen München
und Berlin, zwischen Seehofer und Merkel. Die
Wir-schaffen-das-CDU-Chefin beruft sich auf Humanität und das
Grundrecht auf Asyl, während der Obergrenzen-Bayer den Unmut vieler
Landsleute im Auge hat und dadurch den nächsten Wahlerfolg der
machtverwöhnten Christsozialen 2018 im Freistaat gefährdet sieht.
Eine Einigung in diesem politischen Grundverständnis ist nicht zu
erwarten. Praktisch politisch hat Merkel allerdings längst zurück
gerudert und den Flüchtlingszustrom gehörig reduziert, auch wenn sie
das Wort Obergrenze nicht in den Mund nehmen mag. Die wahrscheinliche
Zustimmung Seehofers zu Merkels erneuter Unions-Kanzlerkandidatur mag
mit geballter Faust in der Hosentasche erfolgen. Doch auch dem
CSU-Chef ist klar, eine wirkliche personelle Alternative zur
CDU-Chefin hat auch seine Partei nicht zu bieten. Wer sollte es denn
sonst machen, wenn nicht Merkel?
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