Börsen-Zeitung: Schmerzlicher Abschied,
Kommentar zum Oetker-Konzern von Carsten Steevens
Geschrieben am 01-12-2016 |
Frankfurt (ots) - Der Oetker-Konzern zieht sich nach acht
Jahrzehnten aus der Schifffahrt zurück. Der geplante Verkauf der
Containerreederei Hamburg Süd an den dänischen Weltmarktführer Maersk
Line stellt eine Zäsur dar für das Bielefelder Familienunternehmen,
das sich nun von fast der Hälfte seiner Umsatzerlöse trennt. Mit
Hamburg Süd gibt Oetker eine der besten Marken in der Schifffahrt
auf. Es lässt sich nachvollziehen, wenn dieser Abschied in
Ostwestfalen nicht leicht fällt.
Die Familie beugt sich einem desaströsen Wettbewerb. Der Verkauf
von Hamburg Süd verfestigt zugleich die zunehmende Oligopolstruktur
in der Containerschifffahrt. Bereits mit der geplanten Übernahme des
Branchenzehnten UASC aus Dubai durch die größte deutsche Reederei
Hapag-Lloyd werden in Kürze mehr als die Hälfte der weltweiten
Stellplatzkapazitäten auf die fünf führenden
Linienschifffahrtsgesellschaften entfallen. Die Wettbewerbshüter
nicht zuletzt in Südamerika werden die Übernahme der Oetker-Reederei,
die zu den Führenden auf den Nord-Süd-Routen gehört, genau prüfen.
Die Überkapazitäten und der ruinöse Preiskampf haben die
Bereinigung in der Containerschifffahrt in diesem Jahr beschleunigt.
Mit der südkoreanischen Hanjin ging die einstige Nummer 7 der Branche
gar in die Insolvenz. Weltweit suchen die Reedereien ihr Heil immer
mehr in Übernahmen und Zusammenschlüssen, um ihre Ergebnisse zu
verbessern.
Um in diesem Größenwettlauf mitzuhalten, hätte der Oetker-Konzern
als Konsolidierer mehr Kapital aufbringen müssen. Dazu war er nicht
mehr bereit. Trug der Streit innerhalb der Familie 2013 noch zum
Scheitern eines Zusammenschlusses mit Hapag-Lloyd bei, so führte der
desaströse Ergebnistrend in der Schifffahrt nun offenbar zu einer
gemeinsamen Bewertung: Mit einer baldigen Entspannung der Ertragslage
in der Branche, mit einer Trendwende bei den Frachtraten, ist in
absehbarer Zeit nicht zu rechnen.
Maersk Line, in den vergangene zwei Jahrzehnten durch Übernahmen
von Sealand (USA) sowie Smit-Wijsmüller und Royal P&O Nedloyd (beide
Niederlande) stark gewachsen, baut die Marktführerschaft aus und
feiert die Übernahme von Hamburg Süd als Meilenstein. Die Reederei,
die zwei Verlustquartale in Folge hinter sich hat, wird von Synergien
profitieren. Doch löst auch diese Akquisition nicht das Problem der
Überkapazitäten in der Schifffahrt. Dafür müssten große
Frachtkapazitäten vom Markt verschwinden. Auf diese Einsicht wartet
man nicht nur in der Branche der Containerreeder schon seit langem.
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