Bußgeldkatalog 2017: Deutliche Erhöhung der Bußgelder geplant / Wie halten es die europäischen Nachbarn?
Geschrieben am 07-12-2016 |
Düsseldorf (ots) - Innenminister der Länder einigen sich auf
Vorlage
Die Innenminister der Bundesländer haben sich bei ihrer Konferenz
in Saarbrücken auf eine gemeinsame Vorlage für den Verkehrsminister
geeinigt, die noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt
werden soll. Die Bußgelder sollen insbesondere für Raser deutlich
erhöht, teilweise gar verdoppelt werden. Eine einkommensabhängige
Staffelung von Bußgeldern ist - wohl auch, weil sie im geplanten
Zeitrahmen verwaltungstechnisch kaum umzusetzen wäre - zunächst vom
Tisch.
Die anstehende Erhöhung der Bußgelder wird auch dadurch
gerechtfertigt, dass die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten im
Straßenverkehr in den Jahren 2014 und 2015 erstmals seit Beginn der
1990er Jahre wieder anstieg. Die Auswertungen des Statistischen
Bundesamtes zeigen, dass sich dieser Trend erfreulicherweise im
laufenden Jahr bislang nicht fortsetzt. Die Zahl der Getöteten von
Januar bis September ging um ca. 6% zurück, die der Schwerverletzten
um knapp 2%. Dennoch werden auch im Jahr 2016 nahezu 3.500 Menschen
auf deutschen Straßen getötet werden, wobei überhöhte Geschwindigkeit
eine maßgebliche Rolle spielt. (Quelle: Statistisches Bundesamt -
http://ots.de/D9zCk)
Erhöhung der Bußgelder im Bußgeldkatalog 2017 - was kommt?
Bei der kommenden Verschärfung des Bußgeldkataloges muss damit
gerechnet werden, dass die Bußgelder sich in Zukunft eher an anderen
europäischen Staaten orientieren, die streng mit Verkehrsverstößen
umgehen. Selbst bei der angedachten Verdoppelung befänden sich
Deutsche Bußgelder im europäischen Vergleich lediglich im unteren
Mittelfeld.
Die nachfolgenden Bußgeldtabellen erleichtern einen exemplarischen
Vergleich. Die Tabellen sind online auf der Website des Verbands für
transparente Verkehrspolitik in Europa (http://www.bussgeldinfo.org)
abrufbar: http://bit.ly/2hh29Za
Tabelle 1: Aktuelle Bußgelder im Europäischen Vergleich
(Geschwindigkeitsüberschreitung um 20 km/h, Beträge gerundet)
Deutschland 30EUR bis 35EUR
Belgien ab 100EUR
Niederlande ab 165EUR
Dänemark ab 135EUR
Italien ab 170EUR
Österreich ab 30EUR
Schweiz ab 165EUR
Schweden ab 270EUR
Frankreich ab 135EUR
(Quelle: http://ots.de/aGgzt)
Tabelle 2: Aktuelle Bußgelder im Europäischen Vergleich (Handy am
Steuer, Beträge gerundet)
Deutschland 60EUR
Belgien ab 110EUR
Niederlande 230EUR
Dänemark 200EUR
Italien ab 160EUR
Österreich ab 50EUR
Schweiz 90EUR
Schweden 170EUR
Frankreich ab 135EUR
(Quelle: http://ots.de/aGgzt)
Warum gibt es in Deutschland keine einkommensabhängigen Bußgelder?
Nach aktueller Rechtslage sind einkommensabhängige Strafen im
Straßenverkehr nur dann denkbar, wenn eine Straftat im Sinne des
Strafgesetzbuches vorliegt (Besonderer Teil (§§ 80 - 358), 28.
Abschnitt - Gemeingefährliche Straftaten (§§ 306 - 323c)). Neben
schwereren Fällen von Trunkenheit am Steuer kommt eine Auslegung von
Verkehrsverstößen als Straftat nur bei Gefährdung von Leib und Leben
Dritter oder bei beträchtlichen Sachschäden an fremdem Eigentum in
Frage. Zur Auslegung als Straftat wird außerdem eine konkrete
Gefährdung gefordert. Eine abstrakte Gefährdungslage durch den
Verkehrsverstoß genügt in Deutschland derzeit nicht den Anforderungen
an eine Straftat.
Der umfangreiche verbleibende Teil der weniger ernsten
Verkehrsverstöße wird im deutschen Gesetz als Ordnungswidrigkeit
definiert. Ordnungswidrigkeiten werden gemäß dem umfassenden
bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog (BKatV) geahndet, in dem Bußgelder
und sonstige Strafen standardisiert geregelt sind (z.B. auch Punkte
im Fahreignungsregister, Entzug der Fahrerlaubnis). Bußen können so
ohne gesonderte Gerichtsverfahren durch eine Verwaltungsbehörde
erteilt und durchgesetzt werden.
Einkommensabhängige Bußgelder in Europa
Hinsichtlich der Trennung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
herrscht in vielen europäischen Nachbarländern eine andere
Rechtsauffassung. Bei groben Verkehrsverstößen, wie beispielsweise
dem Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h und mehr,
unterstellt der Gesetzgeber dort, dass es nur dem Zufall zu verdanken
ist, wenn niemand zu Schaden kommt. Eine abstrakte Gefährdung ist
hier hinreichend für die Behandlung als Straftat.
Beispiele zur Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen in Europa:
Wird in skandinavischen Ländern bei sehr hohen
Geschwindigkeitsüberschreitungen nach Einschätzung der Behörden die
Grenze zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat überschritten, kommt
es zu einer Gerichtsverhandlung und hohen Strafen. Eine konkrete
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss nicht nachgewiesen werden.
In der Schweiz wird der Fahrer ab einer
Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h innerorts oder 60 km/h
außerorts als "Raser" eingestuft. "Rasern" droht dann die Entziehung
des Fahrzeugs oder eine Haftstrafe zwischen einem Jahr und vier
Jahren - auch für deutsche Staatsbürger.
Beispiele zur Ahndung von Alkoholverstößen in Europa:
In Dänemark werden Alkoholverstöße besonders hart und
einkommensabhängig geahndet. Die Formel lautet: Monatliches
Netto-Einkommen x Promilleanzahl. Bei einem Verdienst von 3.000 Euro
und einem Promillewert von 0,5 beträgt die Geldstrafe also 1.500
Euro.
Bei Delikten mit mehr als 2 Promille am Steuer greifen noch
härtere Strafen: Das Fahrzeug wird konfisziert und zugunsten der
dänischen Staatskasse versteigert. Diese Regelung gilt auch für
Touristen! Eine ähnliche Verfahrensweise gibt es auch in Italien.
In Schweden gilt eine Promillegrenze von 0,2. Dort werden auch
geringe Alkoholverstöße nicht nach Bußgeldkatalog bestraft, sondern
jeder einzelne Fall wird vor Gericht verhandelt. Eine Strafe von 40
Tagessätzen ist keine Seltenheit. Auch Freiheitsstrafen können
verhängt werden. In Finnland beginnen die Bußgelder für
Alkoholverstöße bei 15 Tagessätzen.
In Großbritannien können für Alkoholverstöße Bußgelder von mehr
als 6.000 Euro verhängt werden.
In Polen gilt bei Alkohol am Steuer eine Grenze von 0,2 Promille.
Bei Messungen von 0,2 bis 0,5 Promille ergeht ein hohes Bußgeld bis
zu mehreren tausend Euro und ein Fahrverbot von einem halben Jahr bis
zu drei Jahren. Liegt der Wert über 0,5 Promille, wird das Vergehen
wie eine Straftat vor Gericht verhandelt. Der Richter ist hier frei
in der Festlegung der Geldbuße.
Pressekontakt:
Verband für transparente Verkehrspolitik in Europa (VTVEU)
www.bussgeldinfo.org
Ansprechpartner: Michael Reichelt
E-Mail: info@bussgeldinfo.org
Telefon: 0211-95599389
Original-Content von: Verband f?r transparente Verkehrspolitik in Europa (VTVEU), übermittelt durch news aktuell
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