Börsen-Zeitung: Stark in die Berichtssaison, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 13-01-2017 |
Frankfurt (ots) - Etwas mehr als zwei Monate nach der
US-Präsidentschaftswahl stehen die Märkte immer noch im Bann von
Donald Trump. Das hat ihre Reaktion auf die Pressekonferenz rund eine
Woche vor seinem Amtsantritt deutlich vor Augen geführt. Die
Aktienmärkte gingen in die Knie, weil sich der President-elect zu
seinen wirtschaftspolitischen Plänen, d.h. den im Wahlkampf
avisierten Ausgaben für die Infrastruktur und Steuersenkungen,
ausschwieg. Seit Mitte Dezember stagnieren die amerikanischen
Indizes, auch wenn, wie am Freitag der Nasdaq Composite, einzelne
Marktbarometer hier und da noch ihre in der Trump-Rally aufgestellten
Rekorde um ein paar Pünktchen übertreffen.
Die zögerliche Haltung spiegelt sich vor allem im Dow Jones
Industrial Average wider. Der weltweit prominenteste Aktienindex
scheut seit Mitte Dezember immer wieder vor der Marke von 20000
Punkten zurück, so wie es einst der Dax mit der Schwelle von 10000
Zählern getan hat. Vom 13. Dezember bis einschließlich Donnerstag
stieg der Index an 11 von 21 Handelstagen über 19950 Punkte, ohne
sich ganz an die Marke heranzutrauen, und am 6. Januar fehlten nur
noch winzige 0,37 Punkte bis zum Ziel. Am Freitag folgte der zwölfte
Anstieg über 19950, ohne dass bis vor Redaktionsschluss die Marke von
20000 Punkten ernsthaft in Angriff genommen werden konnte.
Optimistische Erwartungen
Die Entwicklung zeigt, dass sehr optimistische Erwartungen an die
Fiskalpolitik von Trump in den Kursen enthalten sind. Damit die
US-Indizes wieder richtig durchstarten können, muss Trump liefern.
Tut er dies nicht in absehbarer Zeit, droht ein Rückschlag. Denn dann
würde sich der Vorschusslorbeer, mit dem Trump bedacht worden ist,
als voreilig erweisen. Allerdings sollte sein Schweigen zur
Fiskalpolitik auch nicht überbewertet werden. Warum sollte er nicht
bis zu seinem kurz bevorstehenden Amtsantritt warten, bevor er ein
detaillierteres Programm vorlegt?
Beunruhigender scheinen eher die Themen zu sein, zu denen Trump
nicht geschwiegen hat, d.h. seine protektionistische Agenda. So
erneuerte er seine Ankündigung, eine Mauer bauen zu lassen, die
Mexiko bezahlen soll. Pharmazieaktien brachen ein, nachdem er die
Unternehmen aufgefordert hatte, mehr in den USA zu produzieren, und
ihnen überhöhte Preise vorwarf. Nicht unbedingt positiv aufgenommen
wurde, dass er die von ihm beklagte Berechnung hoher Preise durch die
Branche als Mord bezeichnete. Die Pressekonferenz zeigte damit ein
weiteres Problem auf: Optimistische Erwartungen an die Fiskalpolitik
Trumps sind - möglicherweise voreilig - in die Kurse eingearbeitet
worden, die Schattenseite bzw. Risiken dagegen nicht.
Aber auch in dieser Hinsicht sollten keine voreiligen Schlüsse
gezogen werden. Erst einmal Präsident, wird der Republikaner von der
Realität eingeholt werden. Das gilt für ökonomische Gesetze und den
hohen Preis, den der Verstoß gegen diese und Handelskriege fordern,
und auch für spannende Fragen wie die, auf welcher Rechtsgrundlage
der Bau der Mauer der mexikanischen Regierung überhaupt in Rechnung
gestellt werden soll (und kann).
Gewinne im Fokus
Nicht zuletzt dürfte auch das Ausmaß der Fixierung der Märkte auf
Trump übertrieben sein und sich mit der Zeit legen. Auch ohne Trumps
Zutun haben sich die weltwirtschaftlichen Perspektiven in den
zurückliegenden Monaten etwas aufgehellt, und das
Unternehmensgewinnwachstum hat die Wende nach oben geschafft. Daher
wird sich die Aufmerksamkeit in nächster Zeit auf die Berichtssaison
richten. Auch hier muss allerdings geliefert werden, denn die
Bewertungen am amerikanischen Aktienmarkt sind mit einem
Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 17 auf Basis der Konsensprognosen für
2017 ziemlich anspruchsvoll geworden. Im dritten Quartal 2016 seien
die Gewinne der S&P500-Unternehmen erstmals seit fünf Quartalen
wieder gewachsen, so die Helaba am Freitag. Steigende Frühindikatoren
signalisierten, dass sich der positive Trend fortsetzen wird. "Dies
ist allerdings auch dringend nötig." Das KGV auf Basis der
Schätzungen für die kommenden zwölf Monate habe mittlerweile den
oberen Rand der Spanne der vergangenen zehn Jahre erreicht. Auch auf
Basis alternativer Kennziffern bestehe kaum noch Raum für eine
weitere Bewertungsexpansion. "Es wäre somit durchaus gesund, wenn
erst einmal eine Verschnaufpause eingelegt würde, damit die
Kursbewegung in Form weiter steigender Unternehmensergebnisse
fundamental untermauert wird", so das Institut.
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