Etliche Kinder mit schwachem Selbstwertgefühl: 18 Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen in Kitas psychisch instabil
Geschrieben am 25-01-2017 |
Bad Homburg (ots) -
Fast jedem fünften Kind (18 Prozent) in Hessens Kitas fehlen
psychische Schutzfaktoren, die es dazu befähigen, eine stabile
Persönlichkeit zu entwickeln. Diese Auffassung vertreten
Erzieherinnen und Erzieher aus 300 Einrichtungen, die an einer
repräsentativen Umfrage (forsa) im Auftrag der AOK Hessen
teilgenommen haben. Sie äußerten sich auch über die Gründe für diese
Entwicklung: Jede zweite befragte Einrichtung führt das auf zu hohe
Erwartungen der Eltern an das Kind und auf einen überbehütenden
Erziehungsstil zurück.
Fehlende Resilienz mit Showeffekt
Ausgangspunkt für diese Befragung waren die gesetzlich
vorgeschriebenen Investitionen in Präventionsprojekte vor allem in
Bildungseinrichtungen (Setting-Ansatz). Aufgrund der steigenden
Ausgaben wollte die AOK Hessen wissen, welche Form der Förderung
Kinder in erster Linie benötigen. Diese Erkenntnisse fließen jetzt in
die Weiterplanung der Initiative "Gesunde Kinder, gesunde Zukunft"
ein. So liegt in fast jeder dritten Kita (31 Prozent) der Anteil der
so genannten "Risikokinder" mit gering ausgeprägter Resilienz über
dem Durchschnitt, in jeder zehnten Kita (11 Prozent) sollen sogar
über 40 Prozent des Nachwuchses betroffen sein. Eine schwach
ausgeprägte Resilienz zeigt sich zum Beispiel dadurch, dass es einem
Kind auch nach Monaten nicht gelingt, Anschluss an die Gruppe zu
finden. Oder es kompensiert diese massive Unsicherheit dadurch, dass
es Abläufe ständig und lautstark stört und Regeln - auch um des
Showeffekts willen - absichtlich bricht.
Multifaktorieller Einfluss
"Die Suchtgefahr ist bei diesen Kindern erheblich stärker
ausgeprägt, verstärkt im Jugend- und Erwachsenenalter. Sie neigen
sehr viel eher zur Realitätsflucht und wissen oftmals nicht, was
ihnen gut tut und wie sie Probleme angehen können", meint Kerstin
Roth, Präventionschefin der AOK Hessen. Es bestünde somit die Gefahr,
dass eine auffallend dünnhäutige, besonders therapiebedürftige
Generation heran wächst, die sich in der späteren Elternrolle kaum
zurechtfinden wird. "Die psychische Instabilität von Kindern steht
immer im engen Zusammenhang mit den Erziehungsberechtigten, sogar
auch dann, wenn sie es nur gut meinen", ergänzt Roth. Der
sozioökonomische Status ist dabei nur ein Faktor von mehreren: Die
Befragungsergebnisse deuten vielmehr darauf hin, dass dieses Phänomen
milieuübergreifend ist und nicht etwa nur vom Haushaltseinkommen
abhängt.
Hürden und Hemmnisse
Aktive Resilienz-Förderung würden 55 Prozent der hessischen Kitas
umsetzen, und die große Mehrheit (87 Prozent) sind mit den
Ergebnissen zufrieden. Doch im Alltag ergeben sich mannigfaltige
Schwierigkeiten, um Kinder, die einer besonderen Zuwendung bedürfen,
bedürfnisgerecht zu betreuen. Erwartungsgemäß sind Personalmangel (56
Prozent) und Zeitmangel (23 Prozent) Hemmschuh, nicht jedoch die als
schwierig empfundenen Kinder selbst (5 Prozent). Dafür nehmen
Maßnahmen zur Integration viel Raum ein (wird von 20 Prozent der
Befragten als "schwierig" wahr genommen), doch vor allem die Eltern
werden genannt: 20 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher berichten,
Väter und Mütter verhielten sich unkooperativ, während 15 Prozent
angeben, deren Ansprüche an die Kinder und die Einrichtung sei viel
zu hoch und somit unrealistisch.
Konsequenzen gefordert
Zunächst bestätigen die Zahlen, dass bestehende
Präventions-Programme wie PAPILIO oder JolinchenKids unbedingt
notwendig sind und sogar ausgeweitet werden sollten. Denn hier spielt
die Stärkung des kindlichen Selbstbewusstseins eine zentrale Rolle.
"Gleichzeitig muss der Fokus noch mehr auf die Elternpartizipation
gelegt werden. Mütter und Väter sollten in die pädagogische Arbeit
besser einbezogen werden", meint Roth. Erklärtes Ziel der
Gesundheitskasse ist es, dass langfristig nahezu jede Einrichtung
wenigstens eines der beiden wissenschaftlich sehr gut evaluierten
Programme umsetzt.
Pressekontakt:
AOK Hessen, Pressestelle, Basler Straße 2, 61352 Bad Homburg
Riyad.Salhi@he.aok.de
06172 272 143
Original-Content von: AOK Hessen, übermittelt durch news aktuell
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