Weser-Kurier: Joerg Helge Wagner über das Referendum in der Türkei
Geschrieben am 17-04-2017 |
Bremen (ots) - Natürlich war die sogenannte Volksabstimmung in der
Türkei weder demokratisch noch fair. Wie konnte sie es auch sein
angesichts drangsalierter Oppositionsparteien, gegängelter Medien,
zig inhaftierter Journalisten, Zehntausender aus dem Staatsdienst
gedrängter Wissenschaftler, Juristen Polizisten und Militärs?
Die besonders dreiste Eilentscheidung der Wahlkommission, auch
Stimmzettel ohne den Stempel des jeweiligen Wahllokals zu werten,
bricht sogar türkisches Recht. Aber das schert Erdogan und seine Fans
einen Dreck - wie eben alle demokratischen Standards, von
Gewaltenteilung bis Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Dass das Ergebnis trotz aller Repression so knapp ausfiel, lässt
für Erdogan nur einen Schluss zu: Der Druck auf die Gegner hat eben
immer noch nicht gereicht. Die nächsten zwei Jahre werden richtig
hässlich und die Türkei womöglich an den Rand eines Bürgerkrieges
treiben. Erdogan wird das - wie alle Selbstherrscher - in Kauf
nehmen. Erwartungen, er suche nun "einen respektvollen Dialog mit
allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes",
widersprechen jedweder Erfahrung mit dem Mann.
Umso schlimmer, dass diese wohlmeinend-windelweiche Formulierung
von der Bundeskanzlerin und ihrem Vizekanzler stammt, also der
Regierungsspitze unserer durchaus funktionierenden Demokratie.
Natürlich brauchen Merkel und Gabriel, die Bundesrepublik und der
ganze Westen die Türkei: als strategischen Partner, wirtschaftlich
wie sicherheitspolitisch. Genau wie etwa Pakistan oder Saudi-Arabien.
Man kooperiert, wo man gemeinsame Interessen hat. Punkt.
Jegliches Gerede über europäische Perspektiven verbietet sich
vermutlich über viele Jahre. Ein "Weiter so" mit Erdogan würde auch
der türkischen Opposition, die jede Unterstützung verdient, kein
bisschen helfen. Und Erdogan selbst bereitet den "Türxit" vor, um ja
nicht erst beitreten und EU-Standards akzeptieren zu müssen.
Leider hat Martin Schulz recht - wenn auch anders, als er es
meint: "Erdogan ist nicht die Türkei". Nein, ist er nicht, denn viele
Türken sind wie Erdogan, selbst hier bei uns in Deutschland, aber
auch in Frankreich oder Österreich. Sie können mit Europa nichts
anfangen. Und leider hat der türkisch-stämmige Grünen-Chef Cem
Özdemir unrecht: Es liegt nicht an einer verfehlten
Integrationspolitik. Denn auch manche vordergründig integrierte,
beruflich erfolgreiche, fließend Deutsch sprechende Türken ticken wie
ihr Präsident. Hier muss unsere Demokratie wachsam sein.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Zentraldesk
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Original-Content von: Weser-Kurier, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
610985
weitere Artikel:
- Westfalenpost: Wohin geht die Reise? - Zum Richtungsstreit in der AfD vor dem Bundesparteitag Hagen (ots) - Die AfD will nicht zur Ruhe kommen. Kurz vor dem
Parteitag in Köln am nächsten Wochenende kocht die Kritik an
Parteichefin Frauke Petry hoch. Dass deren ärgster Widersacher,
Rechtsausleger Björn Höcke, nicht nach Köln kommt - seine Begründung:
er wolle nicht polarisieren - wird der mittlerweile umstrittenen
Frontfrau vermutlich wenig helfen. Einerseits überrascht die
turbulente Entwicklung in der AfD wenig: Die erst vor vier Jahren
gegründete Partei befindet sich noch immer im Entstehen,
Richtungsstreit gehört genauso mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Wölfe in Deutschland: Landwirtschaftsminister Schmidt will über "begrenzte Abschussfreigabe" reden Regensburg (ots) - Regensburg. Bundeslandwirtschaftsminister
Christian Schmidt (CSU) hat sich für mehr Schutz von Nutztieren
gegenüber Wölfen ausgesprochen. Man müsse dazu auch über eine
"begrenzte Abschussfreigabe reden", sagte er der Mittelbayerischen
Zeitung (Dienstag). Forderungen, den Wolf unter Jagdrecht zu stellen,
lehnte Schmidt allerdings ab. "Der Wolf ist und bleibt kein jagdbares
Wild. Einzelne gefährliche Tiere können bereits heute nach strengen
Regeln abgeschossen werden. Wir kommen aber an den Punkt, wo wir im
Rahmen mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Der Rohrkrepierer / Kommentar zum Ausbau der Nordstream-Pipeline in der Ostsee Regensburg (ots) - Der Bau der Nordstream-Pipeline war von Anfang
an ein gigantischer Fehler. Schon 2005 war es ein Irrsinn, die neuen
EU-Mitglieder im Osten Europas, die jahrzehntelang unter russischer
Unterdrückung zu leiden hatten, durch einen Deal mit dem Kreml derart
vor den Kopf zu stoßen. Deutschland gab Russland ohne Not einen Hebel
in die Hand, die EU energiepolitisch zu spalten. Gut zehn Jahre sind
seither vergangen. Russland hat in der Zwischenzeit nicht nur die
Ukraine überfallen. Moskau versucht auch mehr denn je, den mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Erdogan spaltet / Knappe Mehrheit für das Präsidialsystem ist angesichts der Unfairness im Vorfeld kein Sieg für Präsidenten. Regensburg (ots) - Gleich, an welchem Punkt eines Irrwegs man
umkehrt, es ist immer ein Gewinn, sagt ein türkisches Sprichwort.
Doch die Hoffnung, das Recep Tayyip Erdogan seinen
pseudodemokratischen Marsch in ein Präsidialsystem aufgibt, geht nach
dem Referendum gegen Null. Ähnlich wie das äußerst knapp ausgegangene
britische Brexit-Referendum hinterlässt die türkische Abstimmung eine
gespaltene Nation, eine ungewisse Zukunft und einen Schein-Riesen,
der sich als Sieger fühlt. Dabei ist die dünne Mehrheit für ein Ja -
Evet - angesichts mehr...
- Rheinische Post: Kommentar /
Erdogans Parallelgesellschaft
= Von Michael Bröcker Düsseldorf (ots) - Erdogans Sieg ist knapp, ohne Glanz. Und
schmutzig. Daran kann man nicht ernsthaft zweifeln. Zu viele
Ungereimtheiten an den Wahlurnen, etwa die Sache mit den
ungestempelten Umschlägen, die plötzlich gültig waren, oder die
offenen und versteckten Drohungen, die Anhänger der Opposition
erleben mussten. Die OSZE stellte gestern nüchtern klar, dass die
Opposition keine gleichen Bedingungen im Wahlkampf hatte. Mit anderen
Worten: Es gab keine faire Wahl.
Wer hatte auch etwas anderes erwartet? Erdogan brauchte diesen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|