Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Frauke Petry
Geschrieben am 19-04-2017 |
Bielefeld (ots) - Dem monatelangen Streit folgte drei Tage vor dem
Parteitag in Köln und wenige Monate vor der Bundestagswahl der
politische Offenbarungseid. Wenn es noch eines Beweises bedurft
hätte, dass die AfD eben keine Alternative für Deutschland ist und
letztlich nicht über stabile Strukturen verfügt, dann haben Frauke
Petry und die verbleibenden AfD-Verantwortlichen das letzte Argument
geliefert.
Diese zerstrittene Partei ist gerade dabei, sich selbst zu
zerlegen. Nun gibt es nicht nur in der AfD Personalquerelen,
Machtgier und Intrigen. Aber bei der noch jungen Partei ist es
besonders schlimm. Petrys Rückzug könnte die AfD gravierend ins
Wanken bringen. Es geht nicht einfach nur um den Verzicht einer
schwangeren Vorsitzenden auf die Spitzenkandidatur bei der
Bundestagswahl. Es geht darum, dass es so kurz vor wichtigen Wahlen
offenbar keinen Plan gab und in so kurzer Zeit nicht geben kann,
wofür die AfD eigentlich steht und wohin die Partei will.
Weil der AfD eine gemeinsame Strategie fehlt, sie sich zuletzt nur
mit sich selbst beschäftigt hat und die Umfragewerte seit Herbst 2015
bis heute von etwa 20 auf 8 Prozent in den Keller gerauscht sind, hat
die Politikerin die Brocken hingeschmissen. Ein Grund ist auch der
Streit im Zusammenhang mit dem laufenden Parteiausschlussverfahren
von Björn Höcke. Dieser hatte sich mit seiner Holocaust-Rede selbst
ins rechte Abseits gestellt. Dennoch hat er viele Fürsprecher
innerhalb der AfD, was zu denken gibt.
Ein bisschen neigt man dazu, sogar etwas Verständnis für Petrys
Rückzug aufzubringen. Denn zuletzt stand sie innerhalb der AfD eher
für einen realpolitischen Weg - oder hat sich zumindest so
dargestellt. Bei Parteivize Alexander Gauland, der Björn Höcke gerne
weiter unter den Seinen sieht, ist das nicht der Fall. Er vertritt
den radikalen Flügel, viele sagen den rechtsradikalen Teil.
Man muss Frauke Petry nicht mögen, erst Recht nicht ihre
politischen Überzeugungen teilen. Aber dennoch war sie so etwas wie
das Gesicht dieser Partei. Ob Gauland oder Co-Chef Meuthen das jemals
werden können, darf stark bezweifelt werden.
Mit ihrem Rückzug vor dem Parteitag am Samstag ist Petry dem
großen Knall aus dem Weg gegangen. Ihr drohte der Machtverlust.
Vermutlich wäre sie nur mit einem sehr bescheidenden Ergebnis ins
Spitzenteam gewählt worden.
Petry hat, wie es Wolfgang Kubicki (FDP) zu sagen pflegt, den
Kampf gegen die Rechtsradikalen verloren und den beschleunigten
Niedergang der AfD eingeläutet. Im Wahlkampf muss man nicht jedes
Wort auf die Goldwaage legen. Aber: Der Rückzug Petrys wird für die
Partei ganz gewiss nicht ohne Folgen bleiben. Ob er der Anfang vom
Ende einer Partei ist, wird die Zukunft zeigen.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
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