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Börsen-Zeitung: Die Aufsicht als Anwalt, Kommentar zur BaFin von Bernd Wittkowski

Geschrieben am 09-05-2017

Frankfurt (ots) - In jüngerer Zeit fungiert die deutsche
Finanzaufsicht zunehmend auch als Anwalt der Verbraucher. Dieser
Rolle wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) mit dem Verbot des Vertriebs von Differenzkontrakten (CFD)
mit Nachschusspflicht an Privatkunden erneut gerecht und verdient
dafür vorbehaltloses Lob. Solche (Ab)zockereien erlauben nicht mal
Spielbanken. Im regulären Geschäftsleben haben sie erst recht nichts
verloren.

Besonnene und weitblickende Aufsicht zeichnet sich aber umso mehr
dadurch aus, dass sie bei gegebenem Anlass auch mal als Anwalt der
von ihr Beaufsichtigten agiert. Das liegt im wohlverstandenen
Interesse aller Beteiligten und Betroffenen sowie des "großen
Ganzen", in diesem Fall der Finanzstabilität. BaFin-Präsident Felix
Hufeld, der in seinem früheren Leben ja auch mal Banker war, ist als
oberster Aufseher nie durch Borniertheit gegenüber den Sorgen und
Nöten seiner Kundschaft aufgefallen, sondern hatte stets mindestens
ein offenes Ohr für sie. Am Dienstag hat er sich nun viel klarer als
zuvor den Anwaltshut aufgesetzt: "Wir haben ein Maß an Regulierung
erreicht, das kleinere Banken über Gebühr und (...) unnötig
belastet."

Den Satz könnte jeder Sparkassen- und Volksbankchef oder
Verbandspräsident im Schlaf aufsagen. Über die Erkenntnis als solche
muss man denn auch nicht mehr reden, wohl aber über den Weg zur
Entlastung und das Tempo. Hufelds Ansatz, anders als die
EU-Kommission nicht auf einen starren Schwellenwert wie eine
Bilanzsumme von 1,5 Mrd. Euro abzuheben (und sich damit bei jeder
kleinen Unter- oder Überschreitung eine neue Diskussion
einzuhandeln), sondern etwa auf eine abgestufte Systemrelevanz,
überzeugt nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Flexibilität.
Doch sollten sich alle Verantwortlichen sputen. Längst werden im
deutschen Kreditgewerbe als Folge der EZB-Zinspolitik und der alle
über einen Kamm scherenden Regulierung Fakten geschaffen und
Strukturen verändert, es wird auch ein Stück deutscher Kultur
zerstört. Dass der Großteil Europas nicht darauf wartet,
Sonderwünsche Deutschlands mit seinem exotischen Kreditgewerbe
erfüllen zu sollen, ist sicher richtig. So richtig wie die Tatsache,
dass die Deutschen nicht darauf warten, regelmäßig die Zeche für
Schuldenorgien europäischer Partner zahlen zu sollen: mit Null- und
Negativzinsen für Sparer, den nach der Frankreich-Wahl neu
diskutierten Euro-Bonds oder wie auch immer. "Europa" heißt auch
Geben und Nehmen. Das sollte die Bundesregierung in Sachen
Bankenregulierung in Brüssel hinreichend deutlich hinterlegen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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