Börsen-Zeitung: 13000 and more, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 12-05-2017 |
Frankfurt (ots) - Für den Dax rückt die nächste runde Zahl
allmählich näher. Bis auf einen Rekord von 12783 Punkten ist der
Standardwerteindex in der gerade abgelaufenen Woche gestiegen, und
auch vom Freitagsschlusskurs von 12770 Zählern aus ist es nur noch
ein Katzensprung bis zur Schwelle von 13000 Punkten. Auch wenn die
Aufwärtsbewegung ein eher gemächliches Tempo an den Tag legt, kann
konstatiert werden, dass an den europäischen Aktienmärkten eine
Blockade gelöst worden ist. Mit der Wahl des linksliberalen,
proeuropäischen Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten wurde
die Angst vor einer Auflösung der Eurozone selbst aufgelöst. Das
wiederum hat die Anleger, insbesondere die außereuropäischen, ihre
Scheu vor Investments auf dem Kontinent ablegen lassen, was
Umschichtungen in die Region zur Folge hat.
Von Gewinnen getrieben
Doch das ist nicht der eigentliche Treiber der Aufwärtsbewegung.
Von größerer Bedeutung ist das sich weiter aufhellende Konjunkturbild
in Europa und insbesondere die positive Entwicklung der
Unternehmensergebnisse bzw. der Gewinnschätzungen. Die
Gewinnentwicklung hat bereits im zurückliegenden Herbst und damit vor
der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten nach oben
gedreht, womit sich die Aktienmärkte nun in einem zum positiven
veränderten Umfeld wiederfinden. Hatten die Analysten in den
zurückliegenden Jahren ihre Gewinnprognosen zu hoch angesetzt, um
diese dann Zug um Zug nach unten korrigieren zu müssen, müssen sie
sie in diesem Jahr nach oben anpassen.
Die Berichtssaison zum ersten Quartal bestätigt das verbesserte
Bild mit der Folge, dass nicht nur die Gewinnprognosen nach oben
geschraubt worden, sondern auch die Erwartungen für den Dax, ein
Umfeld, in dem ein Anstieg des Index über die Schwelle von 13000
Zählern alles andere als verwunderlich wäre. Die Berichtssaison zum
ersten Quartal verlaufe positiv, und die Gewinnrevisionen gerade für
die europäischen Unternehmen hätten sich zuletzt weiter stabilisiert
bzw. verbessert, so die BayernLB. Die optimistischen
Gewinnerwartungen für 2017 würden also derzeit sogar leicht nach oben
korrigiert, nachdem der Gewinnrevisionstrend bis Herbst vorigen
Jahres noch negativ gewesen sei. Die steigenden Unternehmensgewinne
bei gleichzeitigen Aufwärtsrevisionen der Erwartungen bildeten
derzeit einen der entscheidenden Faktoren der positiven
Kursentwicklung. Die Landesbank Baden-Württemberg hat kürzlich ihre
mittelfristige Prognose aufgrund der positiven Entwicklung angehoben.
Das Institut erwartet den Index Mitte Juni 2018 nun bei 13000
nach bislang 12750 Punkten. Noch zuversichtlicher äußerte sich in der
abgelaufenen Woche M.M.Warburg. Die Bank hob ihre Jahresendziel für
den Dax von 12800 auf 13400 Zähler an. "Unseres Erachtens nach
signalisieren die fundamentalen Rahmenbedingungen, dass Anleger dem
Aktienmarkt noch die Treue halten sollten." Die ausgezeichneten
gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich auch auf die
Unternehmensgewinne sehr positiv ausgewirkt. Im Dax hätten immerhin
80% der Firmen, die bislang Quartalszahlen berichtet hätten, die
Gewinnerwartungen übertroffen; in der Historie sei dies nur zu gut
50% gelungen. Bei den Umsätzen habe der Anteil positiver
Überraschungen sogar bei mehr als 90% gelegen.
Einen Haken hat das Ganze allerdings. Zwar hat sich die
Konsensprognose für den aggregierten Dax-Gewinn für 2017 seit Anfang
des Jahres um 3,9% erhöht. Die Aktienkurse bzw. der Index sind mit
11,2% aber deutlich stärker gestiegen, so dass sich die Bewertung
merklich erhöht hat. Zu Beginn des Jahres noch bei 13,4 liegt das
Dax-Konsens-KGV für das laufende Jahr mittlerweile bei 14,4. Damit
liegt das KGV nicht mehr weit vom oberen Rand der Spanne der
zurückliegenden zehn Jahre entfernt. Eine weitere KGV-Expansion wird
dem Markt immer schwerer fallen, und die Korrekturanfälligkeit nimmt
zu.
Die kräftigen Kurssteigerungen der letzten Wochen gingen deutlich
über den verbesserten Ausblick für die Unternehmensgewinne hinaus, so
die BayernLB. Dementsprechend hätten die Aktienbewertungen zuletzt
merklich expandiert. Zwar sei der positive fundamentale Trend bei
Weltkonjunktur und Unternehmensgewinnen intakt, die Aktienmärkte
hätten aber bereits viel Positives eskomptiert. Angesichts des
Enttäuschungspotenzials bei den Fiskalmaßnahmen Trumps, der Erwartung
abflauender positiver Konjunkturüberraschungen und des nunmehr
bereits ambitionierten Bewertungsniveaus sei eine weitere
Bewertungsexpansion schwer zu rechtfertigen.
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