Börsen-Zeitung: Trump-Euphorie verfliegt,
ein Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 19-05-2017 |
Frankfurt (ots) - So manch ein Akteur auf den internationalen
Kapitalmärkten wird in den vergangenen Tagen mit Blick auf
US-Präsident Donald Trump sicherlich Folgendes gedacht haben: "Das
war doch abzusehen - das hätte man sich doch gleich denken können."
Nach den vielen Ankündigungen, Versprechungen und Drohungen in seinem
Wahlkampf, die schon für so manch hochgezogene Augenbrauen und für
einiges Stirnrunzeln gesorgt hatten, war nicht wirklich damit zu
rechnen, dass aus Trump nach der Wahl im dann folgenden politischen
Alltag erstens eine vollkommen andere politische Figur wird und
zweitens, dass alle Ankündigungen auch tatsächlich umgesetzt werden.
Und genau das wurde nun in den ersten gut drei Monaten, seitdem
Trump offiziell in das Präsidentenamt eingeführt wurde, auch
deutlich. Von den - vorsichtig formuliert - nicht immer ganz
nachvollziehbaren Ankündigungen während des Wahlkampfes ging es zu
Entgleisungen und Fehltritten. Fast kein Tag vergeht, an dem mal
nicht über Politaffären Trumps zu berichten ist. Längst hat diese
Realität auch die Kapitalmärkte eingeholt. Aus der riesigen
Trump-Euphorie wurde durch die vielen Trump-Eskapaden eine enorme
Trump-Enttäuschung.
Aktuell gehen nur noch die wenigsten Akteure auf den
Kapitalmärkten davon aus, dass Trump seine vollmundig angekündigten
Steuersenkungs- und Investitionsprogramme durchgesetzt bekommt. Damit
sollten Konsumenten finanziell bessergestellt werden, und damit
verbunden war die Hoffnung auf mehr Konsumausgaben, die der
Wirtschaft zugute kommen. Die Investitionsprogramme - so zum Beispiel
im immer wieder genannten Infrastrukturbereich, der wahrlich ein
enormes Potenzial für Wachstum bietet, und zwar nicht nur in den USA
- sollten den Unternehmen einen Schub geben.
Stehen die Unternehmen durch Entlastungen wie Deregulierung auf
der einen Seite und Auftragsschub auf der anderen Seite besser da,
bekommt das auch der Aktienkurs zu spüren. Die Aktienmärkte
haussierten wochenlang. Boomt die Wirtschaft, steigen auch die
Preise, das heißt die Inflation springt an. Die Fed muss
gegensteuern, das heißt die Leitzinsen erhöhen. Von dem Reflation
Trade - ausgelöst durch Trump - war die Rede. Diese Trump-Euphorie
und der Reflation Trade hielten die Märkte seit der Wahl von Trump im
November 2016 in Atem. Nun - so möchte man meinen - stehen alle vor
einem Scherbenhaufen.
So könnte es durchaus sein, wird doch mittlerweile schon über ein
Amtsenthebungsverfahren für Trump gesprochen. Dass es so kommen
würde, hatte sicher der eine oder andere vermutet oder zumindest für
möglich gehalten. Dass es aber so schnell kommen würde, hatten wohl
die wenigsten angenommen.
An den Märkten hinterlassen die Politaffären Trumps - jüngst um
Russland und FBI - klare Spuren. Die Aufwärtsbewegung an den
Aktienmärkten - so auch beim deutschen Aktienmarkt - ist zumindest
mal ins Stocken gekommen. Der Dollar haussierte nach der Trump-Wahl.
Im Januar erreichte der Dollar-Index, der den Wert des Greenback
gegenüber den sechs Industrieländerwährungen Euro, Pfund, Schweizer
Franken, Yen, Schweden- und Norwegen-Krone misst, den höchsten Stand
seit 14 Jahren. Das ist mittlerweile komplett zunichtegemacht. Der
Dollar liegt auf dem Niveau von Anfang November vorigen Jahres.
Die Anleihemärkte zeigen ein ähnliches Bild, wenn auch nicht in
dem Ausmaß der US-Devise. In Erwartung einer restriktiver werdenden
Fed zogen die US-Staatsanleiherenditen über alle Laufzeiten hinweg
an. Mittlerweile haben sich die Sätze von den Hochs abgesetzt, und
zwar in Richtung Süden. Fehlt der US-Wirtschaft der Schub durch
Trump, steht die Eurozone mit ihrer Entwicklung auch gleich wieder
besser da. Nach dieser Devise scheinen die Anleger dieser Tage zu
handeln. Sie greifen bei festverzinslichen Papieren in der Eurozone
wieder beherzter zu. Die Sätze kommen auch hier wieder ins Rutschen.
Den Emittenten kommt das entgegen. Platzierungsschwierigkeiten
dürften bei Emissionen wohl weiterhin kein Thema sein. Einen
Hingucker gab es in diesem Zusammenhang in Frankreich, wobei der Sieg
von Emmanuel Macron bei den Präsidentschaftswahlen natürlich auch für
Erleichterung bei den Anlegern und damit für stärkere Investments in
Franzosen-Bonds sorgte. Für einen 30-jährigen Bond des Landes bekamen
die Schuldenmanager ein Orderbuch von sage und schreibe mehr als 31
Mrd. Euro zusammen. Das spricht eine klare Sprache. Und man sollte
sich darauf einstellen, dass Eurozonen-Anleihen auch in der nächsten
Zeit in der Gunst der Investoren weit oben stehen werden.
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