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Schweizer Bergbaukonzern Glencore droht deutscher Menschenrechtsorganisation

Geschrieben am 30-05-2017

Berlin (ots) - In Reaktion auf die Veröffentlichung der NRO-Studie
"Fragwürdige Unternehmenstätigkeiten des Schweizer Bergbauriesen
Glencore und die Verantwortung deutscher Banken", droht der größte
Rohstoffkonzern der Welt Glencore gegenüber der deutschen
Menschenrechtsorganisation Facing Finance mit
Schadensersatzansprüchen. Zugleich werden der Berliner NRO
"rechtswidrige Boykott-Aufrufe" und eine "pauschale und haltlose
Diskreditierung" des Bergbau-Unternehmens unterstellt.

Facing Finance hatte in einer gemeinsam mit MISEREOR
herausgegebenen Pressemeldung vom 17.5.17 deutsche Banken dazu
aufgerufen, Konzerne, denen Umweltzerstörung,
Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsgefährdung, Korruption und
Steuervermeidung vorgeworfen bzw. nachgewiesen wird, weder zu
finanzieren noch sich an diesen zu beteiligen. Glencore hat daraufhin
per Einschreiben und mit Verweis auf Schweizer Wettbewerbsgesetze die
sofortige Löschung der Mitteilung aus dem Internet gefordert. Dieser
Aufforderung ist Facing Finance jetzt nachgekommen.

"Wir nehmen die Presseerklärung nicht von unserer Website, weil
wir unsere Forderungen nicht mehr vertreten bzw. die Vorwürfe nicht
dokumentieren können. Als gemeinnützige Nichtregierungsorganisation
können wir uns schlicht einen langwierigen und teuren Prozess mit
Glencore nicht leisten", sagt Thomas Küchenmeister,
geschäftsführender Vorstand von Facing Finance.

In einem Antwortschreiben vom 22.5.17 an Glencore weist Facing
Finance den Vorwurf der pauschalen und haltlosen Diskreditierung
zurück. Die NRO verweist auf umfangreiche, kritische Medienberichte
und aktuelle, größtenteils sehr negative Nachhaltigkeitsbewertungen
renommierter Ratingagenturen (z.B. RepRisk). Trotz Glencores sozialer
und ökologischer Selbstverpflichtungen dokumentieren diese Berichte
zahlreiche Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen,
Umweltzerstörung, Gesundheitsgefährdung, Korruption und Bestechung.

In Südamerika z.B. laufen eine Vielzahl von Gerichtsverfahren
gegen Glencores Minenprojekte. Anklagepunkte sind unter anderem die
Verletzung von Umweltgesetzen, die Überschreitung von Grenzwerten,
unerlaubtes Abholzen, das illegale Umleiten von Flüssen,
Luftverschmutzung und inadäquate Abfallentsorgung. Ebenso werden die
Auswirkungen des Bergbaus auf ansässige Gemeinden sowie Vertreibung
und die Verzögerung von Umsiedlungsprozessen untersucht und
angeklagt. Allein in Argentinien und Kolumbien sind derzeit 26
Verfahren (Klagen und Sanktionen) anhängig. Auch in Australien
betreibt Glencore gegenwärtig eine Zink/Bleimine, obwohl nachweislich
signifikante Umweltbelastungen damit in Verbindung gebracht werden.
Glencore selbst bestätigt für den Zeitraum 2013-2016 Strafzahlungen
in Höhe von 4,6 Mio. $ sowie 200 Sanktionen in Bezug auf
Umweltvergehen.

Rechtskräftige Verurteilungen wegen Bestechung eines ehemaligen
Botschafters des Tschad und eines EU Beamten sind ebenfalls
dokumentiert. Laut Süddeutscher Zeitung taucht Glencore zudem gleich
660 mal in den "Panama Papers" auf. Über Tauschgeschäfte haben
Glencore und das Handelshaus Trafigura schließlich Aluminium an eine
Firma im Iran geliefert, die diesen Rohstoff wiederum für das
iranische Atomprogramm bereitgestellt hat.

Facing Finance ruft Banken deshalb dazu auf, Finanzierungen von
Unternehmen an deren verbindliche Zusagen zu knüpfen, relevante
soziale und ökologische Normen und Standards einzuhalten, was
Anti-Korruptionsstandards einschließt. Dies gilt insbesondere, wenn
geltende Selbstverpflichtungen der Banken dies verlangen. Gemäß den
2011 verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und
Menschenrechte tragen nicht nur Konzerne und Regierungen eine
Verantwortung für die Wahrung der Menschenrechte, sondern auch die
Banken, die diese finanzieren. Norwegens größter Lebensversicherer
KLP erklärte 2015 z.B., dass er Anteile an Glencore plc verkaufen
wolle und nicht mehr in das Schweizer Unternehmen investieren werde,
weil deren Öl-Explorations-Aktivitäten vor der Küste der Westsahara
gegen "fundamentale ethische Normen" verstoßen würden.

In dem Antwortschreiben an Glencore verweist Facing Finance
außerdem auf ein BGH-Urteil von 2014 (Az.:I ZR 75/13), welches einen
"Boykottaufruf" als geschützte Meinungsäußerung bewertet. Dies gelte
laut BGH insbesondere, wenn ein "Boykottaufruf" nicht eigenen
wirtschaftlichen Zielen dient, sondern der Sorge um Belange der
Allgemeinheit geschuldet ist. Der Schutz der Meinungsfreiheit hat
laut BGH Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen eines
betroffenen Unternehmens.

Auch Schweizer Nichtregierungsorganisationen wie z.B. Brot für
Alle oder Public Eye sind bereits Ziel der Einschüchterungstaktik des
Bergbaumultis Glencore geworden. Zuletzt war das Schweizer
NRO-Bündnis MultiWatch betroffen, als Glencore massiv Einfluss auf
eine Publikation des Bündnisses nahm. Diese Vorgehensweise, die in
Fachkreisen auch als SLAPP (Strategic Lawsuits against Public
Participation) bezeichnet wird, soll den Beklagten vor
kostenintensiven Rechtsverfahren Angst machen, sowie Transparenz und
freie Meinungsäußerung verhindern. In Südamerika hingegen werden
Kritik und Proteste gegen Glencore-Projekte häufig gewaltsam
unterdrückt, teils mit tödlichem Ausgang für die Demonstranten.

Facing Finance und die Partnerorganisation MISEREOR haben Glencore
zu einem Gespräch nach Aachen eingeladen. Diese Einladung blieb
bislang allerdings unbeantwortet.



Pressekontakt:
Thomas Küchenmeister, Geschäftsführender Vorstand Facing Finance,
0175 - 49 64 082

Original-Content von: FACING FINANCE, übermittelt durch news aktuell


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