Weser-Kurier: Katrin Pribyl über die Wahl in Großbritannien
Geschrieben am 09-06-2017 |
Bremen (ots) - Vor wenigen Tagen noch stand Theresa May in einer
Lagerhalle und machte Wahlkampf. Die Premierministerin, stets als
verkrampft verspottet, sollte menscheln. Das Problem: Die Arbeiter
wurden nach Hause geschickt und durch konservative Aktivisten
ersetzt. Die Szene steht symbolisch für ihren Wahlkampf - ein
Rohrkrepierer. May speiste ihre Wähler mit Leerformeln ab und
forderte dafür einen Blankoscheck für die anstehenden
Brexit-Verhandlungen. Ja, die Konservativen halten noch immer die
Mehrheit. Aber innerhalb der Partei schäumen sie vor Wut. Es scheint
ausgeschlossen, dass Theresa May eine volle Legislaturperiode in der
Downing Street überlebt. Sie hat zu hoch gepokert. Keine andere
Partei geht so schonungslos mit ihren Vorsitzenden um, wenn diese
nicht in ihrem Sinne liefern. Es darf davon ausgegangen werden, dass
Minister hinter den ehrwürdigen Mauern von Westminster bereits Pläne
schmieden, wie und wann die Regierungschefin geschasst wird. Dass
May betonte, allein sie könnte dem Land Stabilität in diesen
unsicheren Zeiten geben, zeugt von Realitätsverlust. Sie setzte
rücksichtslos eine Wahl an, die keiner wollte. Ihretwegen lagen die
Brexit-Vorbereitungen wochenlang auf Eis. Dabei steht dem Königreich
eine gigantische Herausforderung bevor. Zur Verzweiflung von
Unternehmern, Diplomaten und Beobachtern hat es die Politik versäumt,
der Bevölkerung Details zum EU-Austritt vorzulegen, sie auf Abstriche
vorzubereiten oder damit zu beginnen, das schiere Ausmaß der
Scheidung zu skizzieren. In Mays künftigem Großbritannien fließen
angeblich Milch und Honig. Das böse Erwachen dürfte in wenigen Jahren
folgen. Dagegen hat der lebenslange EU-Skeptiker Jeremy Corbyn, der
im vergangenen Jahr offiziell zwar auf der Seite der Europafreunde
stand, aber nur halbherzig für den Verbleib warb, das Thema im
Wahlkampf so gut wie möglich umschifft. Viele Briten schienen wenig
interessiert an einem konkreten Plan oder an den finanziellen,
wirtschaftlichen und politischen Folgen. Hauptsache Brexit. Trotzdem
steckt eine Botschaft in dem jetzigen Votum. Dass etliche Jungwähler
mit ihrer Stimme für Corbyn auch gegen Mays harten Bruch mit Brüssel
votiert haben, darf nicht ignoriert werden. Labour setzt sich für
eine Soft-Version des Ausstiegs ein. Nach diesen aufwühlenden Wochen
muss das Land endlich beginnen, über Inhalte zu streiten, um dann
einen Konsens zu finden. May wollte mit dem Ansetzen der Neuwahlen
die Opposition praktisch entmachten. Sie hat das Gegenteil erreicht.
Das ist die eine gute Nachricht aus einem Land, das sich wieder neu
sortieren muss.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Markus Peters
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Original-Content von: Weser-Kurier, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
614380
weitere Artikel:
- Mittelbayerische Zeitung: Krachend gescheitert / Theresa May rief Neuwahlen aus, weil sie eine satte Mehrheit wollte. Der Schuss ging nach hinten los. Leitartikel von Jochen Wittmann Regensburg (ots) - Das ging gründlich daneben. Theresa May hat
versagt, bei den britischen Wahlen ein überzeugendes Mandat zu holen.
Dabei hatte die britische Premierministerin die vorgezogenen
Neuwahlen zum britischen Unterhaus allein aus diesem Grund
ausgerufen: Um sich eine klare parlamentarische Mehrheit zu besorgen
für die anstehenden Brexit-Verhandlungen. Das Land, so hatte May
argumentiert, brauche klare Verhältnisse, nachdem man im Referendum
die schicksalhafte Entscheidung getroffen habe, die Europäische Union
zu verlassen. mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Kinderarmut in Deutschland
Abseits des Aufschwungs
Florian Pfitzner, Düsseldorf Bielefeld (ots) - Es handelt sich schon fast um eine Binse,
trotzdem scheint die häufig aufgeführte Weisheit bislang nur selten
durchzudringen: Gibt man finanziell benachteiligten Kindern
frühzeitig eine faire Chance, schaut man außerdem genau hin, wie sie
in ihren Familien aufwachsen und zeigt ihnen zusätzlich integrative
Bildungsangebote auf, zahlt sich das eines Tages aus. Natürlich kaum
in nur einer Legislaturperiode, ziemlich gewiss aber über eine
Generation gesehen. In Deutschland lebt jedes fünfte Kind von
staatlichen Transferleistungen, mehr...
- Lausitzer Rundschau: Tsunami Macron
Zur bevorstehenden Parlamentswahl in Frankreich Cottbus (ots) - Wie ein Tsunami fegt Emmanuel Macron über die
politische Landschaft Frankreichs. Nach seinem Sieg bei den
Präsidentschaftswahlen ist ihm laut Umfragen auch die absolute
Mehrheit in der Nationalversammlung sicher. Mit fast schon
sowjetischen Verhältnissen dürfte Macrons Partei La République en
Marche in die erste Parlamentskammer einziehen. Sicher, der sich
abzeichnende Erfolg ist eine gute Nachricht für den Staatschef, der
sich eine ehrgeizige Reformagenda gesetzt hat. Doch Macron
hinterlässt auf seinem Siegeszug mehr...
- Lausitzer Rundschau: Eine Warnung
Zum Ergebnis der Parlamentswahl in Großbritannien und den Lehren für deutsche Parteien Cottbus (ots) - Auch wenn die Insel oft anders tickt als das
europäische Festland, so gibt es doch einige Lehren, die sich aus dem
Ergebnis der Wahlen in Großbritannien auch für den deutschen
Wahlkampf ziehen lassen. Die wichtigste: Wer sich zu sicher fühlt,
hat schon verloren. Angela Merkel, die nicht die Führerin der freien
Welt sein will, es aber in Wahrheit ist, und die ihren momentanen
Höhenflug in den Umfragen wohl auch dieser herausgehobenen Rolle
verdankt, hat den Wahlsieg noch lange nicht in der Tasche. Das
Schicksal von mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Airline in Turbulenzen / Kommentar zu Air Berlin Regensburg (ots) - Dass Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft
Air Berlin in Turbulenzen geraten ist, ist nicht wirklich neu. Seit
Jahren fliegt die Airline, deren Großaktionär die Ethiad aus Abu
Dhabi ist, tiefrote Zahlen ein. Zuletzt über eine
Dreiviertelmilliarde Euro! Weil jetzt auch die beabsichtigte
Zusammenarbeit mit dem deutschen Reiseflieger Tuifly platzte, kommt
Air Berlin noch weiter ins Trudeln. Noch dazu soll der
österreichische Air Berlin Ableger, Niki, der im lukrativen
Urlaubsverkehr unterwegs ist, verkauft werden. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|