Börsen-Zeitung: Aktivistisch in den Ruhestand, Kommentar zu General Electric von Stefan Paravicini
Geschrieben am 12-06-2017 |
Frankfurt (ots) - Es ist das Ende einer Ära. Nach 16 Jahren an der
Spitze von General Electric (GE) gibt Jeffrey Immelt die
Verantwortung für die Geschicke des Siemens-Rivalen ab. John
Flannery, der zuletzt die Medizintechniksparte des US-Konzerns
führte, übernimmt im August die operative Führung. Zum Jahresende
macht Immelt auch als Chairman Platz. Der Sommer 2017 habe sich
während der fünf Jahre dauernden Vorbereitungen für den Wechsel früh
als optimaler Zeitpunkt abgezeichnet, betont GE die von langer Hand
geplante Übergabe.
Ob Immelt tatsächlich schon die anstehenden Sommerferien für etwas
ausgedehntere Spaziergänge im Blick hatte, darf allerdings bezweifelt
werden. Erst in diesem Frühjahr hat der bislang vergleichsweise
zurückhaltende Aktivist Trian Management der GE-Spitze die Pistole
auf die Brust gesetzt. Zum jetzt verkündeten Führungswechsel gab es
zunächst keine Reaktion von dem Investor, der 2015 für knapp 2,5 Mrd.
Dollar eingestiegen ist und dessen GE-Aktien seither kaum an Wert
gewonnen haben. Der wachsende Druck, den Trian zuletzt auf die
GE-Spitze ausgeübt hat, dürfte die Nachfolge für Immelt jedenfalls
beschleunigt haben.
Damit liegt GE durchaus im Trend. Im laufenden Turnus haben
Aktivisten nach Angaben von Factset in den USA bereits in neun Fällen
das Top-Management ins Visier genommen. Seit dem Jahreswechsel sind
demnach mehr Kampagnen angelaufen als in jedem anderen Jahr zu diesem
frühen Zeitpunkt. Mit den Chefs des Versicherungskonzerns AIG, der
Eisenbahngesellschaft CSX und des Aluminiumspezialisten Arconic
mussten drei CEOs aus dem S&P 500 auf Druck aktivistischer Aktionäre
ihren Hut nehmen, wobei sich Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld bei
Arconic mit Elliott einen besonders denkwürdigen Schlagabtausch
geliefert hat.
Der Rückzug von Immelt verläuft geräuschloser und die Verdienste
des 61-Jährigen, der GE erfolgreich durch die Wirren nach den
Terroranschlägen im September 2001 geführt, die Finanz- und
Wirtschaftskrise gut überstanden und den Konzern zu einem
Industrieausrüster mit Fokus auf Digitalisierung gewandelt hat, sind
unbestritten. Den Investoren ist das freilich egal, solange die
Aktie, die allein in diesem Jahr ein Achtel ihres Wertes verloren
hat, weiter vor sich hindümpelt. Er werde die ersten Monate damit
verbringen, "Investoren, Kunden und Mitarbeitern zuzuhören", erklärte
der designierte CEO gestern. Die Reihenfolge ist richtig gewählt, die
Investoren dürften ihm besonders viel zu sagen haben.
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