Lausitzer Rundschau: Angela Merkels fahrlässige Kehrtwende
Die Ehe für alle
Geschrieben am 27-06-2017 |
Cottbus (ots) - Ob Angela Merkel sich darüber im Klaren gewesen
ist, welche Lawine sie auf den letzten parlamentarischen Metern
dieser Legislaturperiode auslösen würde, darf in diesem Fall einmal
bezweifelt werden. Auf den ersten Blick war es ein taktisch extrem
kluger Zug, in einer launigen Talkrunde die Entscheidung über die
"Ehe für alle" als Gewissensfrage zu deklarieren und es damit den
Unionsabgeordneten freizustellen, ob sie zustimmen oder ablehnen. Auf
den zweiten Blick ist das aber politisch grob fahrlässig gewesen.
Merkel hat sich, die Union und die Große Koalition massiv unter Druck
gesetzt. Manch einer wird nun behaupten, das war Absicht, um das
Thema zügig abzuräumen. Selbst wenn dem so sein sollte, dann sind die
Kollateralschäden doch erheblich. Aber zunächst zum Positiven. Merkel
hat gemerkt, dass mit der bislang blockierenden Haltung der
Unionsmehrheit bei der "Ehe für alle" im Wahlkampf kein Punkt zu
machen ist. Also ist sie einen Schritt zur Seite getreten und hat die
Angelegenheit zur Gewissensfrage stilisiert. Damit wird sie, die
großzügige Kanzlerin, politisch unbeschädigt bleiben - wie auch immer
ihre Fraktion am Ende entscheidet. Hinzu kommt, dass Merkel
selbstverständlich nicht verborgen geblieben ist, dass alle
potenziellen Partner angekündigt haben, ohne die "Ehe für alle" nach
der Bundestagswahl keinen Koalitionsvertrag unterschreiben zu wollen.
Auch deshalb gibt sich die CDU-Chefin in dieser Frage auf einmal
geschmeidig. Zugleich nimmt sie so, offenbar mit Rückendeckung der
CSU, dem politischen Gegner die Munition. Ein schöner, aber nicht
unbedeutender Nebeneffekt. Was alle vier Jahre System hat bei Merkel.
Wer nun in Jubelarien über das große Geschick der Kanzlerin
einstimmt, übersieht die negativen Begleiterscheinungen: SPD und
Opposition haben den Ball prompt aufgenommen und wollen noch in
dieser Woche eine Abstimmung erzwingen. Damit hat Merkel
augenscheinlich nicht gerechnet. Denn vereinbart war zwischen Union
und SPD anderes, weshalb am Dienstag schon vom Koalitionsbruch der
Sozialdemokraten die Rede gewesen ist. Drei Monate vor der Wahl lohnt
sich der jedoch nicht mehr. Kanzlerkandidat Schulz wittert freilich
seine Chance, einen programmatischen Sieg zu erringen. Und es wäre
einer für die Genossen, aber auch für die Opposition, falls der
Bundestag den bereits vorliegenden Gesetzwurf beschließen sollte.
Übersehen hat Merkel zudem, dass sich bei der Union nun diejenigen
kräftig die Augen reiben, die gegen die "Ehe für alle" sind oder
zumindest Zweifel daran haben. Diese Parteifreunde hat Merkel im
Handstreich desavouiert, nachdem man das Vorhaben erst vor Kurzem
wieder einmal im Parlament abgeblockt hatte. Atomausstieg,
Abschaffung der Wehrpflicht, jetzt die gänzliche Auflösung des
klassisch konservativen Instituts der Ehe, das freilich schwer zu
halten gewesen ist - wer Merkel vorwirft, die Union kernlos gemacht
zu haben, wird sich drei Monate vor der Wahl erneut bestätigt fühlen.
Für so eine Parteichefin macht derjenige dann sicherlich gerne
Wahlkampf, oder?
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Original-Content von: Lausitzer Rundschau, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
615496
weitere Artikel:
- neues deutschland: Französischer Ökonom Porcher: Flexibilisierung ist kein Wundermittel Berlin (ots) - Der französische Ökonom und Autor des Buches
"Introduction inquiète à la Macron-économie" (dt.: Besorgte
Einführung in die Macron-Ökonomie"), Thomas Porcher, bescheinigt im
Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues
deutschland" (Donnerstagsausgabe) Emmanuel Macrons Reform des
Arbeitsmarktes, die im Kern auf Flexibilisierung und Liberalisierung
setzt, keine Aussicht auf Erfolg. "Alle neueren Studien, vor allem
die der OECD, belegen, dass es keinen ursächlichen Zusammenhang
zwischen der Flexibilisierung mehr...
- NOZ: NOZ: Grünen-Chef in NRW geht auf Abstand zu Rot-Rot-Grün Osnabrück (ots) - Grünen-Chef in NRW geht auf Abstand zu
Rot-Rot-Grün
Lehmann: Trotz gleicher Haltung zur "Ehe für alle" wenig
Gemeinsamkeiten
Osnabrück. Trotz gleicher Haltung zur so genannten "Ehe für alle"
bleiben Grünen-Politiker auf Abstand zu einem möglichen
rot-rot-grünen Bündnis im Bund. In einem Gespräch mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte der Grünen-Chef in
Nordrhein-Westfalen, Sven Lehmann, die Linkspartei trage in sozialen
Fragen "stark national beschränkte Züge". Statt globale
Menschenrechte mehr...
- NOZ: NOZ: Europol warnt vor noch aggressiveren Hackerangriffen Osnabrück (ots) - Europol warnt vor noch aggressiveren
Hackerangriffen
Direktor Wainwright: Unternehmen müssen ihre Hausaufgaben machen
Osnabrück. Angesichts fortlaufender Cyberangriffe hat der Chef der
europäischen Polizeibehörde Europol, Rob Wainwright, die
Nachlässigkeit vieler Konzerne weltweit kritisiert. Der
Europol-Direktor sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag):
"Viele internationale Konzerne haben ihre Computersysteme noch nicht
einmal grundlegend gesichert." Schon der Angriff mit der
Schadsoftware mehr...
- Rheinische Post: Kölner Weihbischof kritisiert "Ehe für alle" als "Widerspruch in sich" Düsseldorf (ots) - Deutliche Kritik an der "überstürzten Debatte"
über die "Ehe für alle" übte der Kölner Weihbischof Dominikus
Schwaderlapp. Nach seinen Worten verkommt eine zentrale Frage von
gesamtgesellschaftlicher Bedeutung zu einem "wahlkampftaktischen
Manöver". Die Ehe stehe "unter dem besonderen Schutz des
Grundgesetzes", weil sie ein "auf Dauer angelegtes
partnerschaftliches Vertrauensverhältnis und zugleich der Ort ist,
neues Leben zu stiften," sagte er der "Rheinischen Post"
(Donnerstagausgabe). In diesem Sinne sei sie mehr...
- Saarbrücker Zeitung: Maas fordert Kritiker der "Ehe für alle" zum Einlenken auf Saarbrücken (ots) - Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die
Kritiker der "Ehe für alle" aufgefordert, ihren Widerstand gegen das
Vorhaben aufzugeben. Maas sagte der "Saarbrücker Zeitung"
(Donnerstag): "Jede klassische Ehe behält ihren vollen Wert.
Niemandem wird etwas weggenommen."
Der Minister ergänzte: "Es darf doch keine Liebe erster oder
zweiter Klasse geben. Das ist so selbstverständlich, dass darüber
eigentlich im Jahr 2017 längst kein Streit mehr bestehen sollte."
Auch sei die Zeit "mehr als reif für diesen gesellschaftlichen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|