Börsen-Zeitung: Opec vorerst am Ziel, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn
Geschrieben am 01-12-2017 |
Frankfurt (ots) - Auch am Tag nach der Entscheidung der
Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) und weiterer
Produzenten unter Führung von Russland will unter den Akteuren am
Ölmarkt keine rechte Euphorie aufkommen. Mit rund 63,50 Dollar je
Barrel (159 Liter) befindet sich der Brent-Ölpreis in etwa auf dem
Niveau von vor der Opec-Entscheidung.
Die Marktteilnehmer sind sich darüber im Klaren, dass auch die in
Wien am Sitz der Opec beschlossene "große Lösung" eine Verlängerung
der Förderrestriktionen für insgesamt 30 Länder um neun anstelle von
sechs Monaten wenig an der Versorgungslage des Ölmarktes ändert. Je
mehr und je länger die Opec die Förderung kürzt, desto mehr werden
amerikanische Schieferölproduzenten in die Bresche springen und ihre
Produktion steigern. Sie gelten mittlerweile als die
Swing-Produzenten am Markt mit einer sehr hohen Preiselastizität des
Angebots. Sie erweisen sich damit letztlich als marktbeherrschend. In
dieser Rolle haben sie Saudi-Arabien abgelöst.
So hat die Energy Information Administration (EIA) der
US-Regierung am Tag des Opec-Ministertreffens mitgeteilt, dass die
US-Ölproduktion im September sehr kräftig und völlig unerwartet um
290.000 Barrel pro Tag (bpd) gestiegen ist. Die US-Produzenten haben
damit auf die Preisentwicklung reagiert, denn im September hat der
Ölpreis recht kräftig angezogen, und zwar bei der Sorte Brent von
rund 52 Dollar auf fast 60 Dollar. Mittlerweile fördern die USA nach
neuesten EIA-Zahlen 9,66 Mill. bpd, was bereits ein Rekordniveau
darstellt. Viele Analysten rechnen damit, dass Ende dieses Jahres die
Schallmauer von 10 Mill. bpd durchstoßen wird.
Unbehagen der Saudis
Bei der Opec löst dies zweifellos Unbehagen aus. Dies war dem
saudi-arabischen Ölminister Khalid al-Falih deutlich anzusehen, als
er auf der Opec-Pressekonferenz am Donnerstagabend auf die
US-Schieferölproduzenten hinwies. Al-Falih gab sich zwar demonstrativ
entspannt, indem er anmerkte, er denke nicht, dass Schieferöl in der
Lage sei, die "Last zu übernehmen", die daraus resultiere, dass die
Ergiebigkeit der konventionellen Ölförderung rund um den Globus
nachlässt. Der saudische Minister sprach von 7 Mill. bpd, die es zu
ersetzen gebe - wobei allerdings nicht klar ist, auf welchen
Zeithorizont sich al-Falih bezieht. Was die Möglichkeiten der
US-Schieferölproduzenten angeht, ausbleibende Fördermengen der Opec
kurz- bis mittelfristig zu ersetzen, vertreten Analysten meist eine
andere Meinung. Insofern rechnen die meisten Marktbeobachter damit,
dass sich der Ölpreis in den kommenden Wochen und Monaten eher nach
unten als nach oben bewegt. Als aktuell fundamental gerechtfertigtes
Niveau gelten vielen Analysten rund 58 Dollar je Barrel Brent. Die
Analysten der Commerzbank verweisen in diesem Zusammenhang auf die
immer noch rekordhohen Netto-Long-Positionen an den US-Terminmärkten,
mit denen Anleger auf einen weiter steigenden Ölpreis setzen.
Allerdings sind die meisten Beobachter davon überzeugt, dass es
der Opec kurz- bis mittelfristig gelingen wird, für den von ihr
erwünschten Abbau der Lagerbestände in den OECD-Ländern auf ihren
Fünfjahresdurchschnitt zu sorgen. Die offene Frage ist, wann das
erfolgen wird und was dann geschieht. So hatte zuletzt der Ausfall
der kanadisch-amerikanischen Keystone-Pipeline einen deutlichen und
unerwarteten Abbau der Lagerbestände am wichtigen US-Knotenpunkt
Cushing in Oklahoma bewirkt. Insofern ist es von Bedeutung, ob die
Opec und die mit ihr verbündeten Produzenten in der Lage sind, auf
eine vorzeitige Zielerfüllung zu reagieren. Gelingt das nämlich
nicht, würde der Markt unterversorgt. Die Folge davon wäre ein
kräftiger Preisanstieg, auf den die US-Schieferölproduzenten mit
einem Hochfahren ihrer Förderung reagieren würden.
Sorge der Russen
Folge davon wären deutliche Marktanteilsverluste der Opec und der
ihr angeschlossenen Länder, was insofern ein größeres Problem
darstellt, als es lange dauern kann, Marktanteile zurückzugewinnen.
Dies war die Sorge, die Russland vor der Opec-Sitzung umtrieb.
Allerdings sind die Analysten von Barclays davon überzeugt, dass die
jüngste Opec-Einigung auch einen funktionierenden Mechanismus zur
Reaktion auf die Marktlage per Jahresmitte 2018 enthält. Andere
Beobachter sind sich da allerdings nicht so sicher. Eines ist aber
klar, der Opec ist es - unter Führung von Saudi-Arabien und dem
Nicht-Mitglied Russland - gelungen, den Ölpreis vorerst zu
stabilisieren.
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