Aachener Nachrichten: Die SPD lebt - Die Partei diskutiert offen und stärkt ihren Chef Martin Schulz; ein Kommentar von Joachim Zinsen
Geschrieben am 07-12-2017 |
Aachen (ots) - Eines hat die SPD gestern nachdrücklich bewiesen:
Die Partei lebt. Stundenlang stritten die Genossen nicht nur intensiv
über die Frage, mit welcher Marschrichtung sie in
Sondierungsgespräche mit der Union gehen sollen. Sie diskutierten
auch ausgiebig über die Gründe für ihre Wahlniederlagen der
vergangenen Jahre. Die Debatte war ehrlich, kontrovers und
differenziert. Geführt wurde sie hart in der Sache, aber fair im
Umgangston. Von dieser Diskussionskultur kann sich manch andere
Partei eine Scheibe abschneiden. Wenn die Sozialdemokraten künftig
alle ihre internen Konflikte ähnlich offen und konstruktiv austragen
wie gestern, wäre ein erster Schritt zur dringend nötigen Erneuerung
der Partei getan. Gleichzeitig machte die Debatte nochmals deutlich,
wie stark die Vorbehalte gegen ein weiteres schwarz-rotes Bündnis an
der SPD-Basis sind und wie massiv gerade dort die Befürchtung ist,
dass die Aufnahme von ergebnisoffenen Gesprächen mit der Union am
Ende doch zu einer großen Koalition führen wird. Solch einen
Automatismus hatte die SPD-Spitze zwar bereits zuvor ausgeschlossen.
Dass der Parteitag am Ende jedoch mit deutlicher Mehrheit ihrem
Vorschlag folgte, lag zum einen am Schwur von Parteichef Martin
Schulz, bei den Gesprächen sämtliche Optionen - also Neuwahl,
Tolerierung einer Minderheitsregierung oder große Koalition -
gleichrangig auszuloten. Noch entscheidender für das Votum aber war,
dass es vor offiziellen Koalitionsverhandlungen mit der Union einen
Sonderparteitag gibt. Auf ihm sollen die Delegierten entscheiden, ob
nach den ersten Gesprächsrunden mit der Union tatsächlich die
Aussicht besteht, sozialdemokratische Kernanliegen umsetzen zu
können. Auch das ist eine Stärkung der innerparteilichen Demokratie.
Gestärkt hat der Parteitag zudem Martin Schulz. Rund 82 Prozent bei
seiner Wiederwahl sind ein mehr als respektables Ergebnis. Der
Würselener ist an der SPD-Basis halt doch deutlich beliebter, als es
manche Medien glauben zu machen versuchen.
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