Schulterstudie liefert keine neuen Erkenntnisse - Deutsche Standards erweisen sich als bewährt
Geschrieben am 08-12-2017 |
--------------------------------------------------------------
BDC|Online
http://ots.de/zgFhN
--------------------------------------------------------------
Berlin (ots) - Sechs Fach- und Berufsverbände aus Orthopädie und
Unfallchirurgie und der Chirurgie nehmen unter Führung der Deutschen
Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) Stellung
zur jüngst im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlichten Studie
"Arthroscopic subacromial decompression for subacromial shoulder pain
(CSAW)" zur Wirksamkeit der Schulterdacherweiterung - der sogenannten
arthroskopischen subakromialen Dekompression (ASD). Die Autoren der
Studie kamen zu dem Ergebnis, dass Patienten mit einem subakromialen
Schmerzsyndrom zu häufig ohne Nutzen operiert würden. Allerdings
lässt sich das Ergebnis nicht auf Deutschland übertragen. Denn anders
als in der CSAW-Studie abgebildet, wird die ASD-Methode zur Linderung
von unspezifischen Schulterschmerzen in Deutschland nicht eingesetzt.
Für das deutsche Gesundheitssystem ergeben sich aus Sicht von
Orthopäden und Unfallchirurgen daher keine Konsequenzen aus der
Studie. "Wir kritisieren, dass eine in Deutschland bewährte
Versorgungspraxis angegriffen wird, ohne zuvor hiesige Experten zu
Rate zu ziehen. Wenig sachkundige Urteile sind schlechter Stil und
schaden dem Gesundheitswesen und vor allem den Patienten", sagt
DGOU-Generalsekretär Prof. Dr. Reinhard Hoffmann.
Die Stellungnahme wurde notwendig, weil mit den nicht ohne
weiteres übertragbaren Ergebnissen der Studie das Therapieverfahren
der Schulterarthroskopie und gängige Behandlungsmethoden unter
Generalverdacht gestellt wurden. Dabei wird die ASD-Methode in
Deutschland nur bei einem bestimmten orthopädischen Schulterproblem
angewandt, dem sogenannten Engpasssyndrom (subakromiales
Impingementsyndrom). Betroffene Patienten leiden unter Schmerzen,
wenn sie den Arm seitlich anheben. Das liegt daran, dass der
Bewegungsspielraum des Schultergelenks durch knöcherne Strukturen,
gereizte Schleimbeutel oder degenerierte Sehnen zu eng ist, sodass
der Kopf des Schultergelenks an das Schulterdach schlägt. Zur Abhilfe
vergrößert der Arzt mit Hilfe der ASD-Methode den subakromialen
Gleitraum des Gelenks, indem er das entzündete Gewebe und knöcherne
Veränderungen des Schulterdaches entfernt. "Leider wurden keine
klinischen und radiologischen Parameter für die Diagnose eines
subakromialen Impingementsyndroms dieser Studie zugrunde gelegt und
in der Summe Patienten mit unspezifischen subakromialen
Schulterschmerzen eingeschlossen", kommentiert Prof. Dr. Markus
Scheibel, Präsident der DGOU-Sektion Deutsche Vereinigung für
Schulter- und Ellenbogenchirurgie e. V. (DVSE). "Das pragmatische
Design der CSAW-Studie vernachlässigt bewährte Auswahlkriterien
zwischen Therapieoptionen und führt deshalb zu sehr undifferenzierten
Ergebnissen."
So schließt die Studie auch Patienten ein, deren Schmerzen nicht
von einem mechanischen Engpasssyndrom bzw. von einer Funktionsstörung
wie einer Schulterblattfehlhaltung herrühren können. Bei diesen
Schmerzursachen wird nach deutschem medizinischen Standard keine
subakromiale Dekompression als Therapiemaßnahme durchgeführt. "Eine
alleinige Dekompression führt bei diesen Diagnosen in der Regel zu
keinen guten Ergebnissen. Diese Fälle hätten bei der Studie
ausgeschlossen werden müssen", sagt PD Dr. Ralf Müller-Rath,
Vorsitzender des Berufsverbandes für Arthroskopie e. V. (BVASK).
Da also ein Therapieverfahren ausgewertet wird, das in Deutschland
bei unspezifischen subakromialen Schulterschmerzen nicht üblich ist,
können daraus keine Schlüsse zur Wirksamkeit einer arthroskopischen
Dekompression gezogen werden. Vielmehr ist für den Erfolg
entscheidend, dass die zur Diagnose passende Therapieoption zum
Einsatz kommt. In diesem Zusammenhang kritisiert die DGOU öffentliche
Äußerungen, in denen ohne vorheriges Einholen einer medizinischen
Fachexpertise die Bezahlung des Therapieverfahrens durch die
Krankenkassen zur Disposition gestellt wird - so wie es vom Institut
für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG)
geschehen ist.
Weiterhin bezeichnen die Autoren die alleinige Arthroskopie, mit
der die ASD-Methode in der Studie verglichen wurde, als
Placebo-Operation. "Es ist jedoch unzulässig, bei einer Gelenkspülung
von Placebo-Chirurgie zu sprechen. Möglicherweise hat eine solche
mechanische Intervention schon einen therapeutischen Effekt" sagt
Prof. Dr. Helmut Lill, Präsident der Gesellschaft für Arthroskopie
und Gelenkchirurgie (AGA). Das zeigen auch die Studienergebnisse, die
einen messbaren Zusatznutzen bei einer arthroskopischen Spülung im
Vergleich zu einer nicht-operativen Behandlung aufzeigen.
Aus den Daten der vorliegenden Studie kann nur folgende
Schlussfolgerung gezogen werden: Patienten mit unspezifischen
Schulterschmerzen über einen Zeitraum von drei und mehr Monaten
scheinen von einem operativen Eingriff an der betroffenen Schulter im
Vergleich zu einer reinen Beobachtung zu profitieren. Allerdings
erfolgte, ein weiterer Schwachpunkt der Studie, die Endpunktanalyse
nach nur sechs Monaten. Die klinisch-wissenschaftliche Gemeinschaft
fordert Nachbeobachtungsintervalle von wenigstens zwei Jahren.
Die DGOU fordert weitere wissenschaftliche Studien in Deutschland,
um noch genauer herauszufinden, wer von einer subakromialen
Dekompression langfristig profitiert und wer nicht.
Die Stellungnahme wird getragen von
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)
Deutsche Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie e.V.
(DVSE)
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (BVOU)
Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC)
Berufsverband für Arthroskopie e.V. (BVASK)
Gesellschaft für orthopädisch-traumatologische Sportmedizin (GOTS)
Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA)
Hintergrund
Die CSAW-Studie ("Can Shoulder Arthroscopy Work?") untersucht den
Nutzen einer arthroskopischen Dekompression bei Patienten mit seit
über drei Monaten bestehenden subakromialen Schulterschmerzen. Die
Studie wurde kürzlich in der britischen Fachpublikation The Lancet
veröffentlich. "The Lancet" kommt zu dem Ergebnis, dass eine
arthroskopische subacromiale Dekompression (ASD) des Schultergelenks
offenbar keine besseren Ergebnisse als ein Scheineingriff liefere,
bei dem lediglich eine Arthroskopie vorgenommen wird. Beide Maßnahmen
scheinen Schmerzen in der Schulter jedoch etwas besser zu lindern als
gar keine Therapie.
Referenzen
1) Gemeinsame Stellungnahme zum CSAW-Trail
2) Beard DJ, Rees JL, Cook JA, Rombach I, Cooper C, Merritt N, et al.
Arthroscopic subacromial decompression for subacromial shoulder pain
(CSAW): a multicentre, pragmatic, parallel group, placebo-controlled,
three-group, randomized surgical trial. Lancet 2017 Nov 20. pii:
S0140-6736(17)32457-1. doi: 10.1016/S0140-6736(17)32457-1. [Epub
ahead of print]
http://ots.de/dz4tA
Pressekontakt:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)
Straße des 17. Juni 106-108
10623 Berlin
Tel.: 030 - 340 603 -606 oder -616
Fax: 030 - 340 603 -621
Original-Content von: Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC), übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
617926
weitere Artikel:
- Margarethe von Trottas "Die abhandene Welt" im ZDF / Mit Katja Riemann und Barbara Sukowa (FOTO) Mainz (ots) -
Die Filmemacherin Margarethe von Trotta setzt sich in vielen ihrer
Filme mit Frauenfiguren auseinander. Auch in "Die abhandene Welt"
spielen Frauen die Hauptrolle. Der Film hat zudem autobiografische
Züge und erzählt von einer lange unbekannten Schwester von Trottas.
Das ZDF zeigt das Familiendrama als Free-TV-Premiere am Dienstag, 12.
Dezember 2017, 1.05 Uhr. Mit Katja Riemann, Barbara Sukowa, Matthias
Habich, Robert Seeliger, Gunnar Möller, Karin Dor und August Zirner
ist der Film hochkarätig besetzt.
In mehr...
- Wie gut sind unsere Ärzte? "ZDFzeit" blickt in die Praxen (FOTO) Mainz (ots) -
"Wie gut sind unsere Ärzte?", fragt die "ZDFzeit"-Sendung am
Dienstag, 12. Dezember 2017, 20.15 Uhr. Was prägt den Alltag in
deutschen Arztpraxen? Und wie steht es um die Zwei-Klassen-Medizin in
Deutschland? Die Dokumentation von Rainer Leckebusch beleuchtet die
Situation von Patienten und Ärzten.
Im Schnitt gehen Deutsche 17 Mal pro Jahr zum Arzt. Was sagt
dieser hohe Wert über die medizinische Versorgung aus? Wird jeder
Patient gleich behandelt? Und steht die Gesundheit der Patienten
wirklich stets im Vordergrund? mehr...
- Auf eine notarielle Vorsorgevollmacht sollten Immobilieneigentümer nicht verzichten Köln (ots) - Wenn sich jemand nach einem Unfall, infolge einer
Krankheit oder auf Grund seines Alters nicht mehr selbst um seine
Angelegenheiten kümmern kann, greift ihm im Alltag oftmals die
Familie unter die Arme. Doch es braucht auch jemanden, der in einer
solchen Situation rechtliche Entscheidungen für ihn treffen kann.
Will man ein gerichtliches Betreuungsverfahren vermeiden, muss
hierfür rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht errichtet werden. Während
im Alltag oft eine einfache schriftliche Vollmacht ausreicht, genügt
diese unter mehr...
- Erklärung des rbb-Rundfunkrats zum Telemedienauftrag Berlin (ots) - Sehr geehrte Damen und Herren,
der Rundfunkrat des Rundfunk Berlin-Brandenburg hat auf seiner
Sitzung am 7. Dezember eine Erklärung verabschiedet, die ich Ihnen im
Auftrag des Gremiums gerne übermittle.
Beste Grüße,
Justus Demmer
rbb-Rundfunkrat: Neuer Telemedienauftrag Grundlage für
Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Der Rundfunkrat unterstützt den Strukturvorschlag der
Intendantinnen und Intendanten der ARD zur künftigen Zusammenarbeit
im Senderverbund und mit ZDF und Deutschlandradio. mehr...
- Tag der Bildung 2017: Jugendliche beim Schritt in die Arbeitswelt unterstützen Berlin (ots) - Zum heutigen Tag der Bildung diskutierten
Fachexperten aus Bildung und Wirtschaft über die Zukunft der
Beruflichen Bildung im F.A.Z. Atrium Berlin - Titel der Veranstaltung
war "Zukunft ungewiss - Jugendliche am Übergang von der Schule in den
Beruf". In mehreren Talk-Runden wurden verschiedene Aspekte der
Beruflichen Bildung beleuchtet: So sprachen unter anderem Martin
Urban, Vorstand der Berliner Stadtreinigung, Timo Wille,
Ausbildungsleiter der Berliner Verkehrsbetriebe und Christian
Andresen, Vizepräsident des Hotel- mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Sonstiges
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|