Neue Westfälische (Bielefeld): Verfassungsschutz im Falle Anis Amri
Totalversagen
Carsten Heil
Geschrieben am 17-12-2017 |
Bielefeld (ots) - Wenn das kein Zufall ist: Bundesinnenminister
Thomas de Maizière erklärt in einem Interview stolz, dass die
deutschen Sicherheitsbehörden in diesem Jahr drei Terroranschläge
verhindert haben. Das ist gut und der Fahndungsdruck auf die
Terrorbanden und -einzeltäter kann gar nicht groß genug sein. Im
Falle Anis Amri war der Fahndungsdruck eigentlich groß genug. Genützt
hat es leider nichts, wie wir zeitgleich mit dem Ministerinterview
erfahren. Auf dem Berliner Weihnachtsmarkt starben vor einem Jahr elf
Besucher und 55 wurden verletzt, einige schwer. Wenn der Bericht der
Welt am Sonntag stimmt - und es spricht angesichts der Recherchetiefe
und des Detailreichtums viel dafür, dass er der Wahrheit entspricht
oder ihr zumindest sehr nahe kommt - ist das ein Skandal. Einer mehr
in der langen Kette von Versagen und Versäumnissen der
Sicherheitskräfte, die immer ach so viel auf sich halten. Seit mehr
als einem Jahr sei bekannt gewesen, dass Amri nicht nur ein
kleinkrimineller Drogenhändler war (was schon zur Ausweisung hätte
reichen müssen), sondern Kontakt zum IS hatte. Eine eigene Agentin
sei auf ihn angesetzt gewesen. Er hatte wohl Kontakt zum führenden
Hassprediger und Salafisten Abu Walaa, dem gerade der Prozess gemacht
wird. Und niemand handelte? Das ist ein unverzeihliches Versagen. Die
Kommunikation der Behörden untereinander funktionierte nicht. Man
verlor Amri aus den Augen. Polizisten fälschten Protokolle, um das
Versagen der Ermittler zu vertuschen. Da fällt es schon gar nicht
mehr ins Gewicht, dass die Hinterbliebenen der Todesopfer statt
finanzieller Unterstützung die Rechnungen für die Obduktion ihrer
Liebsten zugestellt bekamen. Zusätzlich erschreckend: Trotz all
dieser Skandale musste niemand die Konsequenzen ziehen.
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen gefällt sich derweil in
Diskussionsrunden statt Verantwortung zu übernehmen. Wer die Pannen
und Unfähigkeiten rund um die NSU-Vorfälle noch nicht vergessen hat,
wer sich noch erinnern kann, dass das erste NPD-Verbotsverfahren
daran gescheitert ist, dass die V-Leute der Verfassungsschützer übler
waren als die Neo-Nazis selber, kann nur zu einem Schluss kommen: Der
Verfassungsschutz ist überfordert, falsch aufgestellt und das System
bedarf dringend einer radikalen Erneuerung. Das muss an der Spitze
bei Herrn Maaßen anfangen, er gehört abgelöst. Und auch der
zuständige Bundesinnenminister de Maizière sollte die Konsequenzen
ziehen. Jedenfalls reichen Ablenkungsmanöver wie sein Interview über
die unzweifelhaften Erfolge der Behörde bei der Terrorabwehr nicht,
um das grundsätzliche Desaster zu vertuschen.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
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