Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Österreichs umstrittene Pläne zur doppelten Staatsbürgerschaft
Brüchiges Südtiroler Gleichgewicht
Julius Müller-Meiningen, Rom
Geschrieben am 20-12-2017 |
Bielefeld (ots) - Österreichs umstrittene Pläne zur doppelten
Staatsbürgerschaft Brüchiges Südtiroler Gleichgewicht Julius
Müller-Meiningen, Rom Es ist bald 100 Jahre her, dass das Königreich
Italien zum Ende des Ersten Weltkriegs das Gebiet südlich des
Brenners annektierte und es Österreich-Ungarn abnahm. Seither ist
Südtirol italienisch, es hat lange gedauert bis sich dieses Gefälle
in Gefallen aufgelöst hat. Dieser Prozess hat mehr als 70 Jahre
gedauert und ist noch nicht abgeschlossen. Immer wieder lodern
Spannungen auf, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben. Wenn
nun die neue österreichische Regierung den deutsch- und
ladinischsprachigen Südtirolern anbietet, sie könnten den
österreichischen Pass beantragen, stellt sich folgende Frage: Trägt
diese Maßnahme zur Heilung alter Wunden bei oder reißt sie Narben
wieder auf? Nationalismus ist der letzte Schrei auf dem Markt der
politischen Offerten. Zu beobachten ist das von den USA bis
Katalonien, von Großbritannien bis zum Balkan. Österreich liegt da
ganz im Trend. In Südtirol richtet sich das bislang noch nicht
konkretisierte Angebot der österreichischen Regierung an 350.000
Menschen und damit an Zweidrittel der Bevölkerung. Hinter der
Maßnahme steckt Spannung, nicht Entspannung. Selbst wenn dem Angebot
berechtigte Motive, wie Gerechtigkeit oder Pflege eines
Zugehörigkeitsgefühls zugrunde lägen, muss Italien die vom
Nachbarstaat unilateral angebotene doppelte Staatsbürgerschaft als
Sabotage seiner staatlichen Souveränität auffassen. Es ist eine
Illusion, wenn man glaubt, Unrecht von vor 100 Jahren könne mit einem
solchen Zugeständnis beseitigt werden. Im insgesamt erfolgreichen,
aber immer noch brüchigen Südtiroler Gleichgewicht steht der
Doppelpass für ganz andere Botschaften. Er befriedet nicht den
inneren Konflikt, sondern befeuert eine separatistische Sehnsucht wie
sie sich früher auch in anderen Formen Bahn gebrochen hat. Nimmt man
die Methoden in den Blick, die Italien in Südtirol angewendet hat,
kann man sich darüber kaum wundern. Der Annexion folgten die brutale
Zwangs-Italianisierung und 1939 die traumatische "Option" für die
Bewohner, ins Deutsche Reich überzusiedeln. Heute ist es mithilfe
politischer Kompromisse und dem Autonomiestatut von 1972 gelungen,
das Unrecht in eine zivile Koexistenz umzuwandeln. Der
Minderheitenschutz in Südtirol ist beispielhaft. Das früher
verbreitete Gefühl der Staatenlosigkeit hat sich bei vielen
Südtirolern in ein selbstverständliches Zugehörigkeitsgefühl
verwandelt. Der österreichisch-italienische Doppelpass würde alte
Gräben aufreißen.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
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