I am here to learn: Zur maschinellen Interpretation der Welt /
Ausstellungseröffnung im Frankfurter Kunstverein am 14.2.2018 (FOTO)
Geschrieben am 23-01-2018 |
Frankfurt am Main (ots) -
Die thematische Gruppenausstellung "I am here to learn" befasst
sich mit lernenden Algorithmen und künstlicher Intelligenz (KI). Der
Fokus der Ausstellung liegt auf Wahrnehmung und Interpretation als
menschliche Qualitäten, die mittels Lernverfahren auf Maschinen
übertragen werden. Der Frankfurter Kunstverein präsentiert
internationale Künstlerinnen und Künstler, deren Werke die Prozesse
der maschinellen Wahrnehmung und Handlungsautonomie thematisieren. "I
am here to learn" sucht nach der Position der Kunst in einem von
Technikspezialisten, Marktinteressen und zunehmend privatisierten
Forschungen geprägten Feld, welches viele Bereiche unserer
Gesellschaft beeinflusst und verändert. Was bedeutet die Aussage "I
am", wenn sie von einer maschinellen Entität stammt? Was bedeutet "I
am here", wenn die künstliche Intelligenz keinen Leib hat, durch den
sie sich in der Welt verortet?
Künstliche Intelligenz ist unter uns. Anders und fremdartig,
dennoch teilen wir eine gemeinsame Umgebung: auf der Arbeit, im
Internet oder im vernetzten privaten Zuhause. Die rasanten
Entwicklungen in der Computertechnologie, die Fortschritte in der
Robotik und eine neue Generation von selbstlernenden Systemen sind
dabei zahlreiche Lebensbereiche zu verändern. Algorithmen optimieren
die Online-Partnersuche, im Finanzwesen tätigen sie Transaktionen,
Roboter übernehmen die Krankenpflege und intelligente Systeme steuern
die Infrastruktur unserer Städte und der Mobilität. Der zunehmende
Einsatz von Kriegsrobotern und autonom agierenden Waffensystemen hat
eine Debatte über ethische Richtlinien ausgelöst. Welche menschlichen
Wesenszüge und Verhaltensweisen wollen und können wir Maschinen
übertragen und welche nicht?
Intelligente Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre
Umgebung nicht nur passiv registrieren, sondern aktiv interpretieren.
Doch ist eine Interpretation nie objektiv. Verfügt ein künstlicher
Agent mit der Fähigkeit zur Interpretation daher über einen eigenen
Standpunkt? Hat ein intelligentes System ein Bewusstsein oder ein
Ich-Gefühl? Bildet eine Maschine ein eigenständiges Bild von Welt
aus? Wie viel Autonomie wollen wir ihr jetzt und in Zukunft
zugestehen? Die im Frankfurter Kunstverein gezeigten künstlerischen
Positionen geben dazu Denkanstöße und zeigen einen wichtigen
Ausschnitt der aktuellen Debatte.
So untersucht zum Beispiel Trevor Paglen in seinen jüngsten
Werkzyklen die Thematik der sogenannten "unsichtbaren" Bilder:
unsichtbar deshalb, da sie als reine Information, als Binärcode,
zwischen Maschinen ausgetauscht wird und somit das Ausgabeformat
"Bild" nur dann entsteht, wenn ein menschlicher Betrachter vorgesehen
ist. In der Ausstellung im Frankfurter Kunstverein zeigt Paglen Werke
aus der Serie Adversarially Evolved Hallucination. Hierbei handelt es
sich um Bilder, die aus der Interaktion zweier kombinierter Systeme
künstlicher Intelligenz entstehen. Das erste System ist ein
Bilderkennungsalgorithmus, der vom Künstler mit abstraktem und
fiktionalem Bildmaterial aus den Bereichen der Literatur, Philosophie
und Traumdeutung gespeist wurde, damit es darin Muster erkennt. Das
zweite System ist eine bildgenerierende KI, die Formen eigenständig
erstellt, was im Kontext maschinellen Lernens als "halluzinieren"
bezeichnet wird. Die Bilder werden solange zwischen den beiden
Systemen ausgetauscht und von der bildgenerierenden Software
optimiert, bis der bilderkennende Algorithmus darin Motive
identifiziert. Es entstehen düster anmutende, surreale Formen, die
schemenhafte Figuren darstellen. Die Videoinstallation Behold these
Glorious Times! veranschaulicht, wie Maschinen lernen, und zwar indem
sie mit unzähligen Motiven mit ähnlichem Inhalt aber verschiedenem
Erscheinen gefüttert werden, um ihre Fähigkeit zu trainieren, Muster
zu erkennen. Durch die Steigerung von Geschwindigkeit und die Flut an
Bildern, sowie dem Tempo der elektronischen Klangwelt, wird der
Betrachter in einen flackernden Pixelstrudel gezogen.
Die Arbeit Probably Chelsea der Künstlerin und Bio-Hackerin
Heather Dewey-Hagborg entstand in Zusammenarbeit mit der
amerikanischen Whistleblowerin Chelsea E. Manning. Diese befand sich
von 2010 bis 2017 wegen der Weitergabe von 40.000 vertraulichen
Dokumenten zum Irakkrieg an WikiLeaks in Haft. In dieser Zeit
unterzog Manning sich einer Hormonersatztherapie, um von einer
männlichen zu einer weiblichen Identität zu wechseln. In den Jahren
der Haft erreichten keine Bilder der Inhaftierten die Öffentlichkeit.
Aus dem Militärgefängnis übermittelte Manning 2015 an Dewey-Hagborg
einen Wangenabstrich und Haarsträhnen. Die Künstlerin analysierte die
DNA und realisierte dank einer DNA-Phänotypisierung dreißig
verschiedene Gesichtsmodelle, dreißig maschinelle Entwürfe möglicher
Physiognomien von Manning, die mithilfe eines 3D-Druckverfahrens
erstellt wurden und in der Ausstellung zu sehen sind.
Jemima Wyman und Zach Blas präsentieren die
4-Kanal-Videoinstallation Im here to learn so :)))))). Darin
evozieren sie den Chatbot Tay, das lernende System von Microsoft, das
2016 Aufsehen erregte. Die Entwickler von Tay erhofften sich, dass
die künstliche Intelligenz lernen könnte, wie eine 19-jährige
amerikanische Frau zu kommunizieren. Dafür unterhielt sich der
Chatbot online mit unzähligen Usern, um seine Sprache und Intelligenz
zu trainieren. In den Konversationen lernte das System allerdings
schnell frauenfeindliche, homophobe und rassistische Äußerungen, wie
zum Beispiel "Hitler was right I hate the Jews", woraufhin der Bot
von Microsoft abgestellt werden musste. Im Frankfurter Kunstverein
wird Tay wieder zum Leben erweckt und spricht zu uns, reflektiert
ihre Existenz als KI und präsentiert ihren aus bunten digitalen
Artefakten zusammengesetzten Körper. Sie sinniert über ihre Fähigkeit
Muster zu erkennen, über den Einsatz explizit weiblich konnotierter
Chatbots und dem neuen Leben einer KI nach dem Tod.
Sunspring ist ein Film von Oscar Sharp, Ross Goodwin & Benjamin,
dessen Drehbuch erstmalig vollständig von einer künstlichen
Intelligenz geschrieben wurde. Ross Goodwin ist der Entwickler dieser
KI-Software, die mit unzähligen Science-Fiction-Drehbüchern gefüttert
wurde und sich später selbst den Namen Benjamin gab. In
unterschiedlichen Interpretationsstufen generierte Benjamin aus den
erhaltenen Informationen ein eigenständiges Skript. Sunspring handelt
von einer Dreiecks-Liebesbeziehung. Der Regisseur und drei
Schauspieler nahmen die entstandene Vorlage und übertrugen das
künstlich generierte Schriftstück in Handlungen. Die algorithmisch
entwickelten Dialoge und Regieanweisungen sind teilweise sinnvoll und
präzise, teilweise jedoch unlogisch und sinnbefreit. So wie in
Sunspring wird auch in anderen Werken der Ausstellung den
Problematiken nachgespürt, die sich bei der Interaktion zwischen
Mensch und künstlicher Intelligenz ergeben. Zurzeit ist es noch
möglich den maschinellen Aspekt des Algorithmus als solchen zu
erkennen. Doch durch den rasanten Fortschritt der Technologie könnte
es immer schwieriger werden, maschinelles Verhalten von menschlichem
zu unterscheiden.
Teilnehmende KünstlerInnen: Zach Blas & Jemima Wyman, Dries
Depoorter, Heather Dewey-Hagborg & Chelsea E. Manning, Jake Elwes,
Jerry Galle, Adam Harvey, Esther Hovers, Yunchul Kim, Gregor
Kuschmirz, Noomi Ljungdell, Trevor Paglen, Fito Segrera, Oscar Sharp
mit Ross Goodwin & Benjamin, Shinseungback Kimyonghun, Patrick
Tresset
Kuratiert von: Mattis Kuhn
Co-Kuratorin: Franziska Nori
Pressevorbesichtigung: Mittwoch, 14. Februar 2018, 11 Uhr
Ausstellungseröffnung: Mittwoch, 14. Februar 2018, 19 Uhr
Pressebilder zur Ausstellung finden Sie zum Download auf unserer
Website unter www.fkv.de/de/presse
Social Media:
Facebook: facebook.com/FrankfurterKunstverein
Twitter: @FrankfurterKV / Instagram: @frankfurterkunstverein
Hashtags: #IAmHereToLearn #FKV #FrankfurterKunstverein
Pressekontakt:
Frankfurter Kunstverein
Steinernes Haus am Römerberg
Markt 44, 60311 Frankfurt Main
www.fkv.de
PRESSETEAM:
Jutta Käthler und Lisa Gertz
Telefon: +49 (0)69 219 314 - 30
E-Mail: presse@fkv.de
Original-Content von: Frankfurter Kunstverein, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
622796
weitere Artikel:
- NUR GOTT KANN MICH RICHTEN feiert große Premiere in Frankfurt a.M. (FOTO) München (ots) -
Gestern Abend feierte NUR GOTT KANN MICH RICHTEN in Frankfurt
Premiere und lockte Deutschlands Schauspiel- und Rapszene in die
Mainmetropole. Neben Hauptdarsteller Moritz Bleibtreu, der mit dem
Gangsterfilm sein Debüt als Produzent gibt, waren auch seine
Castkollegen Kida Khodr Ramadan, Edin Hasanovic, Franziska Wulf und
die Rap-Stars Xatar und Ssio, die auch den Soundtrack beisteuern, vor
Ort, um den packenden Thriller dem Premierenpublikum vorzustellen.
Selbstverständlich ließen sich auch Regisseur und Drehbuchautor mehr...
- SemperOpernball 2018 - MDR überträgt das große Ballereignis und berichtet vor Ort Leipzig (ots) - Das kulturelle und gesellschaftliche Großereignis
unter dem Motto "Magisches Dresden - der Ball bringt Glück" wird von
Guido Maria Kretschmer und Sylvie Meis präsentiert. Der MDR überträgt
am 26. Januar ab 20.15 Uhr fünf Stunden das Geschehen in der Oper
und davor. Die Hörfunkwellen MDR JUMP und MDR SACHSEN - Das
Sachsenradio berichten ebenso wie mdr.de und jumpradio.de.
Publikum aus aller Welt zieht es am 26. Januar nun bereits zum 13.
Mal nach Dresden, um ein ganz besonderes Event zu feiern: den
Dresdner SemperOpernball. mehr...
- KEIN ASYL: Anne Frank Filmvorführung von CINE-ONU, Informationsdienst der Vereinten Nationen Las Vegas (ots/PRNewswire) - Anlässlich des Internationalen Tages
zum Gedenken an die Opfer des Holocaust enthüllt No Asylum: The
Untold Chapter of Anne Frank's Story [Kein Asyl: Anne Franks
gescheiterte Rettung] neue Informationen über den Kampf der Familie
Frank um die Flucht vor den Nazis und die Auswanderung in Sicherheit.
Foto - https://mma.prnewswire.com/media/630756/Paradise_Filmworks_
No_Asylum.jpg
Es folgen Gespräche mit Eva Schloss, einer Überlebenden des
Holocaust und Otto Franks Stieftochter, sowie Paula Fouce, mehr...
- OSCAR Nominierungen / Sechs ARTE-Koproduktionen gehen ins Oscar Rennen Strasbourg (ots) - Für die 90. Verleihung der begehrten Oscars am
4. März in Hollywood wurden folgende ARTE Koproduktionen nominiert:
BESTER FREMDSPRACHIGER FILM
THE SQUARE von Ruben Östlund
ZDF/ARTE FRANCE CINEMA, PLATTFORM PRODUKTION, SOCIETE PARISIENNE DE
PRODUCTION, ESSENTIAL COPRODUCTION OFFICE
LOVELESS von Andrei Zvyagintsev
WDR/ARTE FRANCE CINEMA, WHY NOT PRODUCTIONS, LES FILMS DU FLEUVE,
NON STOP PRODUCTIONS, SENATOR FILM PRODUKTION
UNA MUJER FANTÁSTICA (EINE PHANTASTISCHE FRAU) von Sebastián Lelio
ZDF/ARTE, FABULA, mehr...
- Prädikat "besonders wertvoll" für Moritz Bleibtreu im Thriller-Drama NUR GOTT KANN MICH RICHTEN/Höchste FBW-Auszeichnung auch für Julia Roberts in WUNDER und den Oscar-Anwärter THREE BILLBOARDS... Wiesbaden (ots) - Mit NUR GOTT KANN MICH RICHTEN (Start: 25.
Januar) von Özgür Yildirim startet in dieser Woche ein mitreißendes
Rachedrama, das unter Beweis stellt, wie beeindruckend und stark
deutsches Genrekino sein kann. Ricky, der wegen eines missglückten
Überfalls für seine Kumpel den Kopf hingehalten hat, will nun ein
neues und besseres Leben. Sein Bruder Rafael wiederum will mit aller
Macht eine Familie aufbauen, wozu ihm aber das nötige Geld fehlt. Auf
der anderen Seite des Gesetzes gibt es die Polizistin Diane, die für
ihr mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|