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2017: Erstmals mehr Strom aus Wind, Sonne und Biomasse als aus Kohle in der Europäischen Union / Agora Energiewende und Sandbag legen Bericht zur EU-Energiewende vor

Geschrieben am 30-01-2018

Brüssel (ots) - Im Jahr 2017 wurde aus Wind, Sonne und Biomasse in
der Europäischen Union erstmals mehr Strom produziert als aus Stein-
und Braunkohle zusammen. Die Stromerzeugung aus diesen Erneuerbaren
Energien wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent. Seit 2010 hat
sich der Anteil von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse - die seit
2000 eingeführten "neuen" Erneuerbaren Energien - in der EU mehr als
verdoppelt. Da jedoch die Wasserkraftproduktion 2017 stark rückläufig
war, wuchs der Anteil aller Erneuerbarer Energien an der
Stromerzeugung gegenüber dem Vorjahr nur leicht: Er stieg von 29,8
auf 30,0 Prozent. Das zeigt eine gemeinsame Analyse zweier Thinktanks
- Agora Energiewende aus Deutschland und Sandbag aus Großbritannien.
Die Autoren der Studie haben öffentliche Daten aus zahlreichen
Quellen zusammengetragen und ausgewertet.

Der Anteil Erneuerbarer Energien entwickelt sich jedoch von Land
zu Land sehr unterschiedlich. So haben Großbritannien und Deutschland
in den vergangenen drei Jahren mehr als die Hälfte zum Ausbau der
Erneuerbaren Energien beigetragen - insbesondere Windenergie spielt
hier eine große Rolle. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 30
Prozent des Stroms aus Wind, Sonne und Biomasse erzeugt, in
Großbritannien waren es 28 Prozent. Das stärkste prozentuale Wachstum
wurde in Dänemark verzeichnet: Im Jahr 2017 stammten 74 Prozent des
dort erzeugten Stroms aus Wind, Sonne und Biomasse, ein Anstieg um
sieben Prozentpunkte innerhalb eines Jahres. Dem starken Wachstum in
diesen Ländern steht ein sehr niedriges Wachstum in vielen anderen
EU-Staaten gegenüber: In Slowenien, Bulgarien, Frankreich, der
Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn sind seit 2010 nur
sehr niedrige Zuwächse zu beobachten. Andere Länder konnten zu Beginn
des Jahrzehnts noch ein deutliches Wachstum verzeichnen, in den
vergangenen drei Jahren jedoch lediglich Stagnation. Hierzu zählen
Spanien, Italien, Portugal, Belgien und Griechenland. Ausnahmen
bilden Kroatien und Rumänien, wo der Anteil von Strom aus Wind, Sonne
und Biomasse seit 2011 von niedrigen einstelligen Werten auf 18
(Kroatien) und 16 Prozent (Rumänien) gestiegen ist. In sechs Ländern
wurden 2017 weniger als zehn Prozent des Stroms aus Wind, Sonne und
Biomasse produziert: Slowenien (4%), Bulgarien (7%), Frankreich (8%),
Slowakei (8%), Tschechische Republik (8%) und Ungarn (10%).

Auch bei den fossilen Energien zeigt sich eine uneinheitliche
Entwicklung. Die Stromerzeugung aus Steinkohle ging wegen der höheren
Windstromproduktion um 7 Prozent zurück. Diese Entwicklung wird sich
in den Niederlanden, Italien und Portugal aufgrund von politischen
Beschlüssen fortsetzen. Die Stromerzeugung aus Braunkohle stieg
EU-weit im Jahr 2017 jedoch leicht, eine Abkehr von der
Braunkohleverstromung ist bislang nicht zu erkennen.

Trotz des Anstiegs bei Wind- und Solarenergie sind die
CO2-Emissionen des europäischen Stromsektors 2017 nicht gesunken, sie
lagen weiterhin bei 1.019 Millionen Tonnen. Dazu hat eine Kombination
von drei Faktoren geführt: Zum einen ist die Stromerzeugung aus
Wasserkraft vor allem durch geringe Niederschläge und Schneefälle auf
ein europaweites Tief gesunken, wodurch die Zuwächse bei den anderen
Erneuerbaren Energien weitgehend aufgezehrt wurden. Zum anderen
lieferten Kernkraftwerke in Frankreich und Deutschland weniger Strom
als in den Vorjahren. Und drittens stieg der Stromverbrauch in der
Europäischen Union das dritte Jahr in Folge, 2017 um 0,7 Prozent. Da
die CO2-Emissionen außerhalb des Stromsektors zunahmen, ist erstmals
seit 2010 wieder mit einem Anstieg der Emissionen im Rahmen des
EU-Emissionshandelssystem (ETS) zu rechnen, prognostizieren die
Autoren der Studie. Sie gehen davon aus, dass 2017 innerhalb des ETS
1.756 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen wurden, sechs Millionen Tonnen
mehr als im Vorjahr. Auch die außerhalb des ETS liegenden Emissionen
aus der Nutzung von Öl- und Gas wuchsen. Sandbag und Agora
Energiewende gehen daher von einem Anstieg der gesamten
Treibhausgasemissionen in der EU von etwa 1 Prozent aus.

"Die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Europa wurde in den
vergangenen Jahren stark von der Erfolgsgeschichte der Windenergie in
Großbritannien und Deutschland geprägt. Doch nur, wenn alle Länder in
Europa sich gleichermaßen engagieren, ist bis 2030 ein Anteil von 35
Prozent Erneuerbarer Energien am Energieverbrauch möglich. Hierzu
kann die Photovoltaik viel stärker beitragen als bisher. Gemessen an
ihrem Potenzial und ihren inzwischen sehr niedrigen Kosten spielt sie
eine viel zu kleine Rolle", sagt Matthias Buck, Leiter Europäische
Energiepolitik bei Agora Energiewende. "Da der Stromverbrauch das
dritte Jahr in Folge steigt, müssen die Länder ihre Bemühungen um
Energieeffizienz verstärken", fügt Sandbag-Analyst Dave Jones hinzu.
"Damit bei den Emissionen etwas passiert, kommen die Länder der
Europäischen Union nicht umhin, Kohlekraftwerke stillzulegen. Nach
unseren Berechnungen haben 258 Kohlekraftwerke in der EU im
vergangenen Jahr 38 Prozent aller Emissionen im
Emissionshandelssystem verursacht. Das entspricht 15 Prozent des
gesamten Treibhausgasausstoßes." Im Jahr 2017 haben die Niederlande,
Italien und Portugal angekündigt, die Kohlverstromung in den
kommenden Jahren auslaufen zu lassen. "Das ist großartig. Doch wir
brauchen einen schnellen und kompletten Kohleausstieg in Europa. Es
wäre absurd, Elektroautos noch in den 2030er-Jahren mit Strom aus
Kohle aufzuladen", sagt Jones.

Um das EU-Ziel für Erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen,
muss die EU in den kommenden Jahren deutlich größere Anstrengungen
unternehmen als in der Vergangenheit. "Gerade in Süd- und
Zentraleuropa, aber auch in Spanien und in Griechenland können
Erneuerbare Energien eine viel größere Rolle spielen. Denn die
klimatischen Bedingungen sind dort für Erneuerbare Energien sehr
günstig", sagt Buck. Agora Energiewende hat deshalb unlängst ein
Bürgschaftsprogramm vorgeschlagen, um die Finanzierungskosten für
Erneuerbare-Energien-Projekte in diesen Ländern deutlich zu senken.

Die Analyse "The European Power Sector in 2017" wurde heute in
Brüssel vorgestellt. Sie steht in englischer Sprache auf der Website
www.agora-energiewende.de zum kostenlosen Download zur Verfügung. Ein
umfangreicher Datensatz mit allen in der Publikation verwendeten
Zahlen ist als Excel-Datei verfügbar.



Pressekontakt:
Christoph Podewils, Leiter Kommunikation
Tel: 030/700 1435 -110
christoph.podewils@agora-energiewende.de

Original-Content von: Agora Energiewende, übermittelt durch news aktuell


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