Börsen-Zeitung: Eingelullt, aufgewacht,
ein Marktkommentar von Dietegen Müller
Geschrieben am 16-02-2018 |
Frankfurt (ots) - Nur ein Spuk, der Einbruch der Aktienmärkte und
die gestiegene Volatilität? Wer die Reaktion auf die
US-Inflationszahlen von Mittwoch als Gradmesser nimmt, dürfte sich
bestätigt sehen, dass der Bullenmarkt noch intakt ist und die Kurse
weiter steigen dürften.
Unterstützung erhält diese zuversichtliche Einschätzung durch
anhaltend kräftiges Konjunkturwachstum, verbunden mit einem
gleichzeitig nur moderaten Anstieg der Inflation und der Zinsen. Denn
obwohl die US-Konsumentenpreise im Januar im Monatsvergleich um 0,5
Prozent und damit über den Erwartungen zugelegt haben, signalisieren
sie noch nicht unbedingt eine Beschleunigung des Preisauftriebs -
eine ähnliche Monatsveränderung gab es seit Anfang 2017 schon
zweimal.
Warum aber der abrupte Einbruch Anfang des Monats? Automatisierte
Handelsprogramme sind das eine. Ein weiterer Grund liegt aber wohl
auch im Renditeanstieg um rund 30 Basispunkte dies- und 50
Basispunkte jenseits des Atlantiks in den zehnjährigen
Staatsanleihen. Die Zinserwartung der Investoren hat sich über die
vergangenen zwei Monate zwar nicht dramatisch, aber doch deutlich
verschoben: Erstmals signalisiert die aus Zinskontrakten abgeleitete
implizite Zinserwartung mehrheitlich drei Erhöhungen des
US-Leitzinses bis Ende 2018. Die Großbank UBS geht nun bis Ende 2019
von insgesamt sieben Zinsschritten der Fed aus.
Steigende Anleiherenditen und Zinsen belasten aber die
Aktienkurse, da der Gegenwartswert der Unternehmensgewinne
beziehungsweise künftiger Dividendenzahlungen wegen der höheren
Abzinsung sinkt. Damit muss die Bewertung sinken, selbst wenn das
Gewinnwachstum unverändert beibehalten werden kann.
Da aber der Konjunkturzyklus in den USA schon alt ist und auch in
Europa zunehmend in die Jahre kommt, stellen sich mehr und mehr
Investoren die Frage, ob die Annahme eines unverändert hohen
Gewinnwachstums noch realistisch ist. Die Tatsache, dass sich die
Aktienkurse nun trotz gestiegener Anleiherenditen wieder erholt
haben, ist Ausdruck davon, wie bereitwillig sich die Investoren von
robusten Konjunkturdaten einlullen lassen. Denn im Grunde genommen
geht der Markt damit sogar von einem steigenden Gewinnwachstum aus,
nicht von einem gleichbleibenden. Dass damit die Risiken und das
Enttäuschungspotenzial steigen, ist klar.
Es ist eine Binsenweisheit, dass Märkte zu Über- oder
Untertreibungen neigen. Deshalb ist auch möglich, dass es noch zu
einer "Manie in risikoreichen Assets" kommt, wie es
Jupiter-Fondsmanager und Shortseller James Clunie gegenüber der
Börsen-Zeitung formuliert.
Eine klare Positionierung hat der nach verwaltetem Volumen
weltgrößte Hedgefonds Bridgewater eingenommen. Er hat zunächst
Leerverkaufspositionen gegen italienische Finanzaktien und dann über
weitere europäische Aktien im Wert von mehr als 14 Mrd. Euro
aufgebaut, davon rund 6 Mrd. Euro auf deutsche Titel vor allem in den
vergangenen zwei Wochen. Insgesamt umfasst die europäische
Short-Wette fast 10 Prozent der verwalteten Vermögen.
Bridgewater-Chairman Ray Dalio begründet dies mit gestiegenen
Rezessionsrisiken. Dalios Bilanz ist durchwachsen, was die
Prognosegüte anbelangt. So warnte er vor der Finanzkrise vor einem
Einbruch und schnitt 2008 mit einem prozentual zweistelligen Plus ab.
1982 warnte er vor einer wirtschaftlichen Depression - stattdessen
startete eine mehrjährige Aktienrally.
Wie viele Leerverkäufer ist Dalio auf Öffentlichkeit angewiesen.
Shortseller treten aus einer Minderheitsposition an und versuchen,
von ihrer Meinung eine größere Zahl von Marktteilnehmern zu
überzeugen. Dalio tut seine Ansichten auch auf dem sozialen Netzwerk
Linkedin kund. Dazu gehört seine - völlig berechtigte - Einschätzung,
dass Notenbanken viel begrenztere Möglichkeiten in einer Krise haben
als je zuvor, um dann Gegensteuer zu geben. Deswegen sei er besorgt,
wie der nächste Wirtschaftsabschwung aussehen werde, "obwohl es
unwahrscheinlich ist, dass er bald kommt", wie er schreibt.
Auch wenn es wohl nicht zu einem "Bridgewater"-Moment in Europa
kommt und die Kurse wieder einbrechen - Investoren sind gut beraten,
Indikatoren im Auge zu behalten, die Turbulenzen ankündigen könnten.
Dazu zählen die steigenden Renditen im High-Yield-Segment genauso wie
die Beobachtung der Ratingagentur S&P Global, dass mehr Unternehmen
hoch verschuldet sind als 2007, vor allem auch in China. Ändern sich
die Kapitalströme der Volksrepublik, hat dies auch globale
Auswirkungen auf Aktien- und Anleihenmärkte.
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