Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu: BGH kippt Raser-Urteil
Geschrieben am 01-03-2018 |
Stuttgart (ots) - Die Frage, ob PS-vernarrte Autoraser als Mörder
bestraft werden können, sie bleibt auch nach dem Urteil des
Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe erst einmal offen. Das
Landgericht in Berlin hatte zwei junge Männer, die mit maximaler
Rücksichtslosigkeit über den Kurfürstendamm gerast waren, wegen
Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein unbeteiligter Rentner war
ums Leben gekommen, weil eines der beiden Fahrzeuge ungebremst in
seinen Geländewagen geprallt war. Der BGH hat das Urteil so nicht
gelten lassen, in der Hauptstadt muss nun eine andere Kammer neu
verhandeln. Aufgehoben ist in diesem Fall jedoch nur aufgeschoben.
Die Berliner Richter können im zweiten Anlauf durchaus zum gleichen
Ergebnis kommen wie ihre Kollegen beim ersten Versuch - dann wird der
Fall wohl ein weiteres Mal in Karlsruhe landen. In ihrem Bemühen, das
Urteil wasserdicht zu formulieren, ist den Berlinern eine
Ungenauigkeit unterlaufen. Deswegen ist das Urteil gekippt. Der
Versuch, das richtige (Straf-)Maß für diejenigen zu finden, die im
Straßenverkehr jegliches Maß vergessen lassen, geht also weiter. In
alle Richtungen: Am Donnerstag hat der BGH ein besonders hartes
Urteil aufgehoben, vor einem halben Jahr hat er ein besonders
zurückhaltendes Urteil gekippt. In Köln waren zwei Raser wegen
fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das
sei zu wenig, so der BGH - mit Verweis auf das Rechtsempfinden der
Bürger. Auf dieses Rechtsgefühl können die Richter nun nicht bauen.
Viele Menschen empfinden die nun aufgehobene Berliner Entscheidung
als völlig richtig. Bei wenigen Urteilen schlagen die Emotionen so
hoch. Die Bundesrichter haben die nicht immer dankbare Aufgabe, die
Emotionen außen vor zu lassen - und das Gesetz auszulegen. Gemessen
an den bisherigen Grundsätzen der Rechtsprechung ist ihre
Entscheidung richtig. Bei aller Grausamkeit im Ergebnis, bei aller
Verwerflichkeit der Handelnden - Mord ist das nicht. Noch nicht. Auch
das Recht entwickelt sich weiter, die Frage, ob besondere
Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr als Mord gewertet werden kann,
wird zahlreiche Staatsanwälte anspornen, eine entsprechende Anklage
zu formulieren. Vor Kurzem ist auch in Hamburg ein Raser wegen Mordes
verurteilt worden, auch hier ist es eine Frage der Zeit, bis sich der
BGH damit beschäftigen muss. Zudem hat der Berliner Vorfall bereits
eine weitreichende Entwicklung in Gang gesetzt. Autorennen mit
tödlichem Ausgang können künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu
zehn Jahren geahndet werden. Das neue Gesetz hat zwar Lücken, aber es
ist ein Schritt auf dem richtigen Weg. Wer Verkehrspsychologen
Glauben schenkt, der erkennt, dass vorbeugende Maßnahmen mindestens
genauso wichtig sind. Wer mit PS protzen muss, dessen charakterliche
Eignung zur Teilnahme im Straßenverkehr ist intensiv zu hinterfragen,
das Auto ist einzuziehen. Die Möglichkeiten dafür gibt es. Sie müssen
sehr viel konsequenter angewandt werden - bevor ein Mensch zu Schaden
kommt.
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Stuttgarter Zeitung
Redaktionelle Koordination
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