Gros: "Bayerns Volksbanken und Raiffeisenbanken sind kerngesund" / Bilanzpressegespräch zum Geschäftsjahr 2017
Geschrieben am 14-03-2018 |
München (ots) - Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
sind 2017 im Kundengeschäft deutlich gewachsen und haben Marktanteile
dazugewonnen. Besonders rund lief das Kreditgeschäft mit dem
Mittelstand, wie Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands
Bayern (GVB), beim Bilanzpressegespräch in München deutlich machte.
Das ausgeweitete Geschäftsvolumen führte in Kombination mit höheren
Provisionserträgen und Kosteneinsparungen zu einer
Ergebnisverbesserung. "Den Volksbanken und Raiffeisenbanken im
Freistaat ist es 2017 gelungen, eine Antwort auf das herausfordernde
Niedrigzinsumfeld zu finden", kommentierte Gros das Zahlenwerk.
Marktbearbeitung im Firmenkundengeschäft zahlt sich aus
Das Volumen der ausgereichten Kredite steigerten die Institute um
5,3 Mrd. Euro (5,8 Prozent) auf 96,5 Mrd. Euro. Während die Dynamik
bei den Privatkunden mit einem Plus von 2,0 Mrd. Euro (4,4 Prozent)
auf 47,0 Mrd. Euro im Vorjahresvergleich leicht nachließ, erwies sich
das Firmenkundensegment mit einem Zuwachs von 3,2 Mrd. Euro (7,4
Prozent) auf 46,3 Mrd. Euro als Wachstumstreiber. Das war nicht
allein die Folge der guten Konjunktur, sondern auch das Resultat
einer intensiveren Marktbearbeitung, wie Gros hervorhob. Den
Marktanteil im Firmenkundengeschäft konnten die bayerischen
Volksbanken und Raiffeisenbanken um 0,6 Prozentpunkte auf 20,0
Prozent ausweiten.
Der GVB-Präsident warnte davor, die hohe Investitionsneigung der
Betriebe durch eine Verschärfung regulatorischer Vorschriften
abzuwürgen. Als eine Gefahr nannte er in diesem Zusammenhang die
anstehende Umsetzung der überarbeiteten Basel-III-Regeln. Diese
beinhalteten Formulierungen, die kleineren Instituten die
Darlehensvergabe erheblich erschweren könnten. Schlimmstenfalls
drohten ihnen um bis zu ein Drittel höhere Kapitalaufschläge bei
Firmenkrediten, während die Anforderungen für Großbanken unverändert
blieben. "Das ist Strukturpolitik zulasten regionaler Kreditinstitute
und des Mittelstands in Bayern", stellte Gros fest. Er sprach sich
für Regelungen aus, die den mittelständischen Wirtschaftsstrukturen
und der Bedeutung der Regionalbanken für die Unternehmensfinanzierung
in Deutschland gerecht werden.
Wachstumsrate im Einlagengeschäft liegt im langjährigen
Durchschnitt
Im Einlagengeschäft konnten die bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken ebenfalls das Volumen ausweiten. Der Bestand an
verwalteten Kundengeldern legte im Vorjahresvergleich um 4,1 Mrd.
Euro (3,5 Prozent) auf 124,1 Mrd. Euro zu. Damit schwächte sich die
Wachstumsrate gegenüber 2016 etwas ab, sie lag aber immer noch im
langjährigen Durchschnitt. Den Marktanteil konnten die Volksbanken
und Raiffeisenbanken mit 18,9 Prozent stabil halten. "Die
verlässliche Refinanzierungsbasis in Form von Kundengeldern ist ein
Stabilitätsanker für die bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken", hob Gros hervor.
Aufgrund des gemäßigteren Zuflusses von Kundengeldern stieg die
zusammengefasste Bilanzsumme der 244 GVB-Mitgliedsbanken etwas
langsamer als im Vorjahr. Sie erhöhte sich um 6,6 Mrd. Euro (4,3
Prozent) auf 160,1 Mrd. Euro. Damit befinden sich die bayerischen
Volksbanken und Raiffeisenbanken seit dem Jahr 2000 auf einem
durchgehenden Wachstumspfad. Im jährlichen Durchschnitt steigerten
sie die Bilanzsumme um 2,9 Prozent. Damit wuchsen sie Hand in Hand
mit der Wirtschaft im Freistaat, die ihre Leistung in der gleichen
Größenordnung ausweitete.
Allfinanz-Angebot gefragt - Gros fordert Evaluierung des
Verbraucherschutzes
Erfreulich entwickelte sich das außerbilanzielle Kundengeschäft,
das die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken mit
Unterstützung der Verbund- und Partnerunternehmen betreiben. Die
außerbilanziellen Kundenkredite legten um 1,1 Mrd. Euro (7,4 Prozent)
auf 16,1 Mrd. Euro zu. Der Zuwachs ist vor allem auf die große
Nachfrage nach Baufinanzierungen zurückzuführen, die über
Hypothekenbanken und Bausparkasse angeboten werden. Auch das
außerbilanziell verwaltete Anlagevolumen stieg um 6,3 Mrd. Euro (8,7
Prozent) auf 78,4 Mrd. Euro kräftig an. Besonders gefragt waren Fonds
und Versicherungen.
"Kunden und Mitglieder profitieren vom Allfinanz-Angebot der
Volksbanken und Raiffeisenbanken", sagte Gros. Damit das so bleiben
kann, adressierte er an die neue Bundesregierung, den finanziellen
Verbraucherschutz - wie im Koalitionsvertrag zugesagt - zügig auf den
Prüfstand zu stellen. "Man sollte dringend analysieren, welche der
vielen Regeln den Verbrauchern tatsächlich helfen und welche vor
allem dicke Papierstapel produzieren", sagte der GVB-Präsident. Der
Verband sieht Handlungsbedarf, da Regelwerke wie die europäische
Finanzmarktrichtlinie MiFID II oder die Zahlungskontenrichtlinie PSD
II die Bankkunden zunehmend überfordern. Zudem würden aufgrund der
wachsenden Bürokratiekosten insbesondere kleinere Institute ihr
Leistungsangebot einschränken und sich aus Geschäftsfeldern wie der
Wertpapierberatung zurückziehen. Gros: "Das wäre definitiv nicht im
Interesse der Verbraucher."
Provisionsergebnis gesteigert, Kosten gesenkt, Risiken im Griff
Das extreme Niedrigzinsumfeld belastete die Ertragslage der
bayerischen Kreditgenossenschaften 2017 weiterhin. Das Zinsergebnis
als wichtigster Ertragsbringer sank im Vorjahresvergleich um 70 Mio.
Euro (2,3 Prozent) auf 3,013 Mrd. Euro. Den Volksbanken und
Raiffeisenbanken im Freistaat gelang es jedoch, einen noch stärkeren
Rückgang durch das ausgeweitete Kreditgeschäft zu verhindern. Zudem
konnten sie das verbliebene Ertragsminus durch die Steigerung des
Provisionsergebnisses ausgleichen, das sich um 77 Mio. Euro (8,1
Prozent) auf 1,030 Mrd. Euro verbesserte.
Außerdem zahlte sich das Kostenbewusstsein der Institute aus.
Nachdem die Kostenspanne - das Verhältnis von Betriebskosten zur
Bilanzsumme - bereits seit Jahren rückläufig ist, erzielten die
Kreditgenossenschaften 2017 darüber hinaus eine Kostensenkung in
absoluter Höhe. Trotz des höheren Geschäftsvolumens verringerten sie
die Betriebskosten um 30 Mio. Euro (1,1 Prozent) auf 2,591 Mrd. Euro.
Dieser Effizienzgewinn lässt sich auch aus dem verbesserten
Verhältnis von Aufwand und Erträgen ablesen: Um einen Euro zu
erlösen, mussten die Institute 64,1 Cent einsetzen (Vorjahr: 64,7).
Die Risiken haben die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
fest im Griff. Die Wertkorrekturen im Wertpapierbestand der Institute
beliefen sich 2017 auf insgesamt 62 Mio. Euro und damit auf einen im
langjährigen Vergleich niedrigen Wert. Im Forderungsbereich konnten
sie aufgrund der guten Konjunkturlage erneut Beiträge für die
Risikovorsorge in Höhe von 31 Mio. Euro auflösen.
Unter dem Strich weisen die GVB-Mitgliedsbanken ein
Vorsteuerergebnis von 1,481 Mrd. Euro aus. Das entspricht gegenüber
dem Vorjahr einem Zuwachs von 22 Mio. Euro (1,5 Prozent). Steigern
konnten sie vergangenes Jahr auch ihre harte Kernkapitalquote, die
sich um 0,5 Prozentpunkte auf auskömmliche 15,4 Prozent zum
Jahresende verbesserte. "Die bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken sind kerngesunde Banken", stellte Gros angesichts
dieser Entwicklung fest.
Ausblick: Volksbanken und Raiffeisenbanken investieren 2018 ins
Kundengeschäft
"Die gute Konjunktur gibt dem Kundengeschäft der Institute
weiterhin Wachstumsimpulse", sagte Gros mit Blick auf das laufende
Geschäftsjahr. Er verwies dabei auf die positiven Prognosen der
Wirtschaftsforschungsinstitute. Zugleich rechnet der GVB-Präsident
mit einer nach wie vor herausfordernden Ertragslage. Da keine rasche
geldpolitische Wende zu erwarten sei, stellten sich die bayerischen
Volksbanken und Raiffeisenbanken auf sinkende Zinserträge ein - auch
wenn der Rückgang durch die zuletzt leicht angestiegenen
langfristigen Zinsen gedämpft wird.
Um ihr Kundengeschäft zu stärken, planen die GVB-Mitgliedsbanken
dieses Jahr Investitionen in Höhe von mehr als 230 Mio. Euro. Davon
sollen gut 100 Mio. Euro in die Weiterentwicklung digitaler und
traditioneller Vertriebskanäle fließen, wie Gros ankündigte. Parallel
dazu arbeiten die Institute intensiv an ihren Kostenstrukturen.
Fortschritte erwarten die bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken im Jahr 2018 bei der politischen Debatte über eine
verhältnismäßigere Bankenregulierung. "Es kommt jetzt darauf an,
nicht mehr nur über die Entlastung kleinerer Kreditinstitute zu
reden, sondern sie auch tatsächlich herbeizuführen", forderte Gros.
Er begrüßte den im November 2017 vorgelegten Berichtsentwurf des
Europaabgeordneten Peter Simon, der unter anderem eine Befreiung von
überzogenen Berichtspflichten vorsieht. Diese verursachten speziell
für Regionalbanken einen erheblichen bürokratischen Aufwand, ohne
einen Mehrwert für die Finanzstabilität zu liefern, so Gros.
Den Forderungen nach einem europäischen System zur Sicherung von
Spareinlagen (EDIS) erteilte der GVB-Präsident eine klare Absage.
"Ein gemeinschaftliches Haftungssystem wäre nichts anderes als das
Abwälzen hausgemachter Probleme mancher europäischer Nachbarn auf
Banken und Sparer in Bayern und Deutschland", sagte Gros. Statt über
das Teilen von Haftungsrisiken nachzudenken, müsse vor allem darüber
geredet werden, wie der hohe Anteil ausfallgefährdeter Kredite in
Südeuropa nachhaltig gesenkt werden könne. Gros präsentierte einen
Sieben-Punkte-Plan, in dem der GVB Maßnahmen für mehr Risikoabbau und
Stabilität in Europa definiert hat.
Die elektronische Pressemappe zum Bilanzpressegespräch abrufen:
https://www.gv-bayern.de/presse
Der Genossenschaftsverband Bayern e.V. (GVB) vertritt die
Interessen von 1.260 genossenschaftlichen Unternehmen. Dazu zählen
244 Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie 1.016 ländliche und
gewerbliche Unternehmen mit insgesamt rund 51.000 Beschäftigten und
2,9 Millionen Mitgliedern. Damit bilden die bayerischen
Genossenschaften eine der größten mittelständischen
Wirtschaftsorganisationen im Freistaat. (Stand: 31.12.2017)
Pressekontakt:
Florian Ernst
Pressesprecher
Genossenschaftsverband Bayern e. V.
Türkenstraße 22-24, 80333 München
Tel. 089 / 2868 - 3402
Fax. 089 / 2868 - 3405
presse@gv-bayern.de
www.gv-bayern.de/presse
Original-Content von: Genossenschaftsverband Bayern, übermittelt durch news aktuell
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