Ägypten: Eskalierende Repression vor der Präsidentenwahl
Geschrieben am 26-03-2018 |
Berlin (ots) - Unmittelbar vor der heute beginnenden
Präsidentenwahl sind in Ägypten die Repressalien gegen Journalisten
noch einmal eskaliert. Präsident Abdelfattah al-Sisi und die Justiz
drohen Kritikern in Medien und sozialen Netzwerken immer
unverhohlener mit Verfolgung. Jetzt wurde die Kairo-Korrespondentin
der britischen Zeitung The Times des Landes verwiesen.
"Das ägyptische Regime kennt kaum noch Grenzen, wenn es darum
geht, freie Berichterstattung zu verhindern", sagte der
Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. "Regierung
und Justiz in Ägypten müssen endlich aufhören, unabhängige Medien als
Feinde oder Verräter zu behandeln. Alle willkürlich inhaftierten
Journalisten in Ägypten müssen sofort freigelassen werden."
Mit Blick auf die deutsche Außenpolitik gegenüber Ägypten fügte
Mihr hinzu: "Die Bundesregierung gesteht sich offenbar immer noch
nicht ein, mit welcher Brutalität der ägyptische Staat seine Kritiker
mittlerweile unterdrückt. Anders ist der zynische Verweis auf das
Ziel einer 'Stabilisierung' im Koalitionsvertrag nicht zu erklären."
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es zu Ägypten
lediglich, man werde "die wirtschaftliche und politische
Stabilisierung fördern und die Resilienz gegen Gefahren
terroristischer Strukturen stärken".
"VERRÄTER"-RHETORIK UND AUFFORDERUNGEN ZUR DENUNZIATION
Präsident Abdelfattah al-Sisi persönlich sagte am 1. März, wenn
Medien die Armee oder die Polizei beleidigten, sei das Landesverrat
(http://ogy.de/bvbl). Der Generalstaatsanwalt wies seine Untergebenen
an, Medien und soziale Netzwerke zu durchforsten und jene zu
verhaften, "die den Kräften des Bösen dienen, indem sie absichtlich
Falschnachrichten verbreiten, die den Interessen der Sicherheit und
des Staates schaden" (http://ogy.de/x4gg). Am 12. März forderten die
Behörden alle Bürger auf, "lügnerische" Berichte in Medien und
sozialen Netzwerken an eigens dafür eingerichtete Hotlines zu melden
(http://ogy.de/ivgb).
Am Samstag nun machte die britische Zeitung The Times publik, dass
ihre Korrespondentin Bel Trew schon Ende Februar bei Recherchen zum
Thema Migration festgenommen und unter Androhung eines
Militärprozesses zur Ausreise gedrängt wurde. Für den Fall ihrer
erneuten Einreise sei ihr mit der Festnahme gedroht worden, teilte
Trew mit (http://ogy.de/heyo).
VERFOLGT WEGEN BERICHTEN ÜBER EXTREMISTEN, OPPOSITION,
LEBENSHALTUNGSKOSTEN
Mindestens 26 Journalisten sitzen derzeit in Ägypten in direktem
Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung im Gefängnis. Der
Sinai-Experte Ismail Alexandrani etwa hatte über die Aktivitäten
extremistischer Gruppen recherchiert und sitzt inzwischen seit mehr
als zwei Jahren ohne Prozess im Gefängnis. Der TV-Producer Mahmud
Hussein sitzt seit Dezember 2016 wegen seiner Arbeit für den
katarischen Nachrichtensender Al-Dschasira im Gefängnis; der in Katar
lebende Journalist wurde festgenommen, als er zu einem privaten
Familienbesuch in seine Heimat reiste (http://ogy.de/x4gg).
Der Journalist Moatas Wadnan wurde im Februar verhaftet, nachdem
er auf dem Nachrichtenportal HuffPost Arabia ein Interview mit einem
bekannten oppositionsnahen hohen Ex-Beamten und Politikberater
veröffentlicht hatte. Die Vorwürfe gegen ihn lauten Verbreitung von
Falschmeldungen zur Aufwiegelung gegen den Staat sowie Mitgliedschaft
in einer illegalen Vereinigung (http://ogy.de/fsvp). Als Tabuthemen,
für die Journalisten verfolgt werden können, gelten mittlerweile
sogar die Lebenshaltungskosten und die Auswirkungen der hohen
Inflation.
Am 3. März forderte die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für den
Fotojournalisten Mahmud Abu Seid alias Shawkan. Shawkan wurde im
August 2013 verhaftet, als er für die britische Fotoagentur Demotix
über das gewaltsame Vorgehen der Armee gegen die Anhänger des
gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi berichtete. In einem
politischen Massenprozess muss er sich nun mit mehr als 700 weiteren
Angeklagten gegen Vorwürfe wie Mord und Mitgliedschaft in der
verbotenen Muslimbruderschaft zur Wehr setzen. In der Haft ist
Shawkan schwer an Hepatitis C erkrankt (http://ogy.de/fsvp).
Reporter ohne Grenzen setzt sich mit Protestmails an Präsident
Sisi für seine bedingungslose Freilassung ein. (Mitmachen unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/mitmachen/freeshawkan)
RUND 500 WEBSITES WERDEN ZENSIERT
Medienzensur ist in Ägypten mittlerweile alltäglich und nimmt
viele Formen an: Druck- und Vertriebsverbote, Anrufe von
Geheimdienstvertretern in den Redaktionen und Nachrichtensperren etwa
nach Terroranschlägen. Rund 500 Webseiten sind gesperrt, darunter die
Seiten von Medien wie Bedaja und Mada Masr, von
Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und dem Arab
Network for Human Rigts Information sowie die internationalen und
deutschen Webseiten von Reporter ohne Grenzen und das das ROG-Projekt
Media Ownership Monitor.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen
steht Ägypten auf Platz 161 von 180 Ländern. Mehr zur Lage der
Journalisten dort finden Sie unter
ww.reporter-ohne-grenzen.de/ägypten.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29
Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
631462
weitere Artikel:
- CARE vor Geberkonferenz für den Jemen: "Frauen zahlen den Preis dieses Krieges" / Über 22 Millionen Menschen sind auf Nothilfe angewiesen / Hilfsappell bisher nur zu fünf Prozent finanziert Bonn (ots) - Vor der internationalen Geberkonferenz für den Jemen
am 3. April in Genf warnt die internationale Hilfsorganisation CARE
vor dem akuten Risiko einer Hungersnot. Vor allem Frauen und Mädchen
tragen die Last des Krieges, rund 8,8 Millionen Frauen und Mädchen
sind akut auf Nahrungshilfe angewiesen.
"Die internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln. Neben der
Aufstockung der finanziellen Mittel müssen dringend die
Friedensgespräche wieder aufgenommen werden", erklärt Marten Mylius,
CARE-Nothilfekoordinator für den mehr...
- Westfalen-Blatt: Überfall in Köln: Polizei prüft Parallelen zu Taten
früherer Terroristen Bielefeld (ots) - Nach dem Überfall auf einen Geldboten am Samstag
bei IKEA in Köln prüft die Polizei mögliche Zusammenhänge mit
Raubüberfällen, die den drei untergetauchten früheren RAF-Mitgliedern
Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette zur Last
gelegt werden. "Wir sind in dieser Sache mit der Kölner Polizei in
einem engen Austausch", bestätigte eine Sprecherin des
Landeskriminalamts Niedersachsen dem WESTFALEN-BLATT. Details könne
sie nicht nennen. Das LKA ermittelt federführend gegen die drei
Ex-Terroristen. Sie mehr...
- Schlechter Scherz: Thüringer Landkreistag blockiert Gehaltsplus in der Pflege / bpa Thüringen erwartet vom Landkreistag und seiner Präsidentin Kooperation statt Widerstand Erfurt (ots) - Der Grundsatz "Gleiches Geld für gleiche
Leistungen" ist auch in der Pflegebranche nicht an der Tagesordnung.
Im November 2017 hatte der Bundesverband privater Anbieter sozialer
Dienste e. V. (bpa) in Thüringen die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR)
eingeführt. Durch die AVR steigen die Einstiegsgehälter für
Pflegefachkräfte in den teilnehmenden Unternehmen auf 2.400 Euro. Die
Einführung der AVR war Voraussetzung für kollektive Verhandlungen.
Auf dieser Basis konnte mit der AOK PLUS ein einheitlicher Punktwert
für alle mehr...
- Regierungserklärung: Wo bleibt der Umbau der Tierhaltung? (FOTO) Berlin (ots) -
Die Antrittsrede der neuen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia
Klöckner ist enttäuschend unkonkret. Klöckner verspricht zwar,
rechtliche Lücken in der Tierschutzgesetzgebung zu schließen, über
den längst überfälligen Umbau der Tierhaltung verliert sie jedoch
kein Wort. "Ich will, dass es allen Tieren gut geht", sagt Klöckner.
Konkrete Ansätze hierfür fehlen gänzlich.
Tierwohllabel statt gesetzlicher Haltungskennzeichnung
Statt auf die Handelsinitiativen zu reagieren und endlich eine
flächendeckende mehr...
- bpa Sachsen-Anhalt bringt bessere Bezahlung von Pflegekräften auf den Weg / Pflegeverband stellt künftige Arbeitsvertragsrichtlinien für stationäre und ambulante Pflege vor Magdeburg (ots) - Der Bundesverband privater Anbieter sozialer
Dienste (bpa) in Sachsen-Anhalt spricht sich für die Einführung
verbindlicher Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) aus. Das Vorhaben
wurde bei der Mitgliederversammlung in Magdeburg vorgestellt. "Die
Politik fordert höhere Löhne in der Pflege; der bpa unterstützt die
Gehaltssteigerungen und spricht sich mit einem eindeutigen Votum für
die zügige Einführung und Refinanzierung der
Arbeitsvertragsrichtlinien in Sachsen-Anhalt aus. Voraussetzung für
die Anwendung der Richtlinien mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|