(Registrieren)

Psychotherapeutenkammer: Patienten müssen durchschnittlich 20 Wochen auf Kassen-Behandlung warten

Geschrieben am 10-04-2018

Hamburg (ots) - Auch ein Jahr nach der Reform der
Psychotherapieversorgung müssen Patientinnen und Patienten in
Deutschland durchschnittlich 20 Wochen auf den Beginn ihrer
ambulanten Behandlung bei Kassentherapeuten warten. Das geht aus
einer bisher unveröffentlichten Umfrage der
Bundespsychotherapeutenkammer hervor, die dem NDR vorliegt. Die
Wartezeit von der ersten Anfrage bis zum Beginn der eigentlichen
Behandlung ist nur leicht zurückgegangen, von 23,4 Wochen (2011) auf
jetzt 19,9 Wochen. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, beantragen
viele Patienten bei ihren Krankenkassen die Erstattung einer
Behandlung durch Privattherapeuten. Doch offenbar sind die
gesetzlichen Kassen dabei neuerdings restriktiver. Nach einer
ebenfalls noch unveröffentlichten Umfrage mehrerer
Landespsychotherapeutenkammern wird etwa jeder zweite dieser Anträge
auf Kostenerstattung abgelehnt, 2016 war es nur jeder Fünfte.

"20 Wochen Wartezeit sind unzumutbar. Das bedeutet eine
zusätzliche Belastung für die Patienten", sagte Josef Munz, Präsident
der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), dem Radioprogramm NDR Info
und dem NDR Fernsehmagazin "Panorama 3". Als Ursache für die lange
Wartezeit sieht die Kammer eine veraltete Bedarfsplanung, die zuletzt
1999 aktualisiert wurde. Um eine ausreichende Versorgung der
Patienten zu gewährleisten, fehlen nach Meinung der BPtK bundesweit
7000 Kassensitze für Psychotherapeuten. Der Gesetzgeber hatte einen
überarbeiteten Bedarfsplan bis Anfang 2017 gefordert. Der dafür
zuständige Gemeinsame Bundesausschuss, in dem u. a. Psychotherapeuten
und Krankenkassen vertreten sind, sagte auf NDR Anfrage, aktuell
werde ein Gutachten erstellt. Die neue Bedarfsplanung solle 2019 in
Kraft treten.

Laut Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer gibt es bei den
Wartezeiten auf eine Behandlung deutliche regionale Unterschiede. Am
längsten warten danach Patienten in Thüringen und im Saarland,
nämlich fast 24 Wochen. Auch die Nordländer Niedersachsen, Bremen,
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern verzeichnen
überdurchschnittlich lange Wartezeiten. Im Allgemeinen warten
Patienten in ländlichen Gebieten länger auf den Therapiebeginn. Am
schnellsten geht es in Berlin (13 Wochen), Hessen (17 Wochen) und
Hamburg (18 Wochen).

Die Strukturreform der psychotherapeutischen Versorgung, die zum
1. April 2017 in Kraft getreten ist, soll Patienten den Zugang zur
Behandlung erleichtern. Seitdem können Menschen in psychischen Krisen
- auch auf Vermittlung von Terminservicestellen - schneller ein
Erstgespräch bei einem Therapeuten führen und in akuten Fällen
rascher behandelt werden. Bis allerdings eine ambulante Regeltherapie
beginnt, vergehen immer noch mehrere Monate. Nach Angaben vieler
Psychotherapeuten belegen die neuen Erstgespräche Termine, die sonst
für die Behandlung genutzt werden konnten.

Dass Krankenkassen nun deutlich häufiger die Erstattung von
Behandlungen bei privaten Psychotherapeuten ablehnen, begründen sie
laut den befragten Mitgliedern der Landespsychotherapeutenkammern
häufig pauschal damit, dass mit den neuen Terminservicestellen nun
alle Patienten versorgt bzw. genügend Kassenpraxen vorhanden seien.
In Ablehnungsschreiben, die dem NDR vorliegen, wird auch fälschlich
behauptet, eine Kostenerstattung sei nicht mehr erlaubt. Dabei hat
sich an den Regelungen der Erstattung durch die Reform nichts
geändert. Der NDR hat die vier größten deutschen Krankenkassen dazu
angefragt. TK, Barmer und AOK-Bundesverband gaben an, Zahlen zur
Ablehnungsquote lägen nicht vor. Die DAK schrieb, sie könne nicht
beobachten, dass die Zahl der Bewilligungen zurückgegangen sei.
Außerdem erklärten die Kassen, sie lehnten Anträge auf
Kostenerstattung nicht pauschal ab.

Das Institut für Medizinische Psychologie der Uniklinik Hamburg
(UKE) hatte im Auftrag der Bundespsychotherapeutenkammer Ende
vergangenen Jahres mehr als 9400 Therapeuten online befragt, das
entspricht 40 Prozent aller von den Kassen zugelassenen Therapeuten.
Für die zweite Studie haben zehn Landespsychotherapeutenkammern die
Antworten von gut 2400 ihrer Mitglieder auf eine Onlinebefragung
Anfang dieses Jahres ausgewertet.

NDR Info berichtet über das Thema ausführlich am Dienstag, 10.
April, ab dem frühen Morgen. "Panorama 3" im NDR Fernsehen
beschäftigt sich damit am Dienstagabend um 21.15 Uhr.



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Bettina Brinker
Tel.: 040/4156-2302
Mail: b.brinker@ndr.de
http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

633015

weitere Artikel:
  • Undercover in der Brüterei für Bio, Freiland und Co. / Weibliche Küken illegal vergast, Schnäbel verstümmelt und lange Tiertransporte München (ots) - Wenn Supermarktketten wie Rewe mit einem Ende des Kükentötens werben, fällt immer wieder der Name der Brüterei Hölzl, einem Spezialisten für Hühner, für Bio- und Freilandhaltung und so genannte Zweinutzungshühner. Ein SOKO Tierschutz Undercover-Ermittler dokumentierte genau dort illegale Massentötungen sogar völlig gesunder weiblicher Tiere, routiniertes Vergasen der männlichen Küken, extrem lange Tiertransporte und das grausame Schnabelkürzen. In der Brüterei nahe München schlüpfen pro Woche zehntausende Küken. Von mehr...

  • ZDFneo, Programmänderung / Mainz, 10. April 2018 Mainz (ots) - Woche 15/18 Donnerstag, 12.04. Bitte Programmergänzung beachten: 22.15 NEO MAGAZIN ROYALE mit Jan Böhmermann Zu Gast: Alexander Gerst Deutschland 2018 (Diese Ergänzung gilt auch für die Wiederholung um 1.25 Uhr und die Wiederholungen am 15.04. und 16.04.2018) Pressekontakt: ZDF Presse und Information Telefon: +49-6131-70-12121 Original-Content von: ZDFneo, übermittelt durch news aktuell mehr...

  • Irreführende Angaben auf Zinkpräparaten: Auf das Kleingedruckte achten! Böblingen (ots) - Anlässlich der aktuellen Diskussion um irreführende Angaben von Wirkstoffmengen auf Zink-Präparaten weist das Unternehmen WÖRWAG Pharma darauf hin, dass sich in seinem Zink-Präparat "Zinkorot® 25" die Bezeichnung auf die tatsächlich enthaltene Menge des aktiven Wirkstoffs Zink bezieht: Zinkorot® 25 enthält 25 mg reines Zink pro Tablette, womit es das höchstdosierte Zinkorotat-Präparat auf dem Markt ist. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) berichtete in der aktuellen Ausgabe des von mehr...

  • Studie: 87 Prozent der Menschen in Deutschland sind gestresst / Jeder Zweite glaubt, von Burn-out bedroht zu sein Leverkusen (ots) - Sechs von zehn Befragten klagen zumindest gelegentlich über typische Burn-out-Symptome wie anhaltende Erschöpfung, innere Anspannung und Rückenschmerzen. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der pronova BKK. Fast neun von zehn Deutschen sind von ihrer Arbeit gestresst. Und das teilweise so stark, dass bereits Warnzeichen für ein Burn-out auftreten. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer leidet zumindest hin und wieder unter Rückenschmerzen, anhaltender Müdigkeit, innerer Anspannung, Lustlosigkeit oder mehr...

  • "Smombies" gefährden sich und andere / Ablenkung durch Smartphones bei Fußgängern (FOTO) Bonn (ots) - In unserer digitalen und vernetzten Welt stehen wir vor der Herausforderung, ständig "online", jederzeit erreichbar sein zu müssen. Für viele Menschen ist das Smartphone nicht nur ein unentbehrliches Arbeitsgerät, sondern auch eine wichtige Verbindung zum Freundes- und Bekanntenkreis. Eine Nachricht zu verpassen, ist aus ihrer Sicht undenkbar. Auch unterwegs wollen sie auf E-Mails, WhatsApp, Facebook, Twitter und Co. nicht verzichten. Für den Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) wird Ablenkung durch Smartphones mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht