Neue Westfälische (Bielefeld): Bertelsmann und der Echo-Skandal
Ablasshandel
Carsten Heil
Geschrieben am 19-04-2018 |
Bielefeld (ots) - Liz Mohn ist eine anerkannte Israelfreundin. Sie
setzt sich sehr für das deutsch-jüdische Verhältnis ein, verurteilt
Antisemitismus, wo und wann es nur geht. Die starke Frau bei
Bertelsmann besitzt die Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv.
Die Bertelsmann-Stiftung hat zahlreiche hervorragende Projekt
diesbezüglich aufgelegt. Und jetzt das. Der Bertelsmann-Konzern
reagiert völlig unzulänglich auf den Antisemitismus-Eklat bei der
Musikpreisverleihung "Echo". Er verliert dabei seine Glaubwürdigkeit.
Die Zentrale in Gütersloh lässt ihre Tochter, das Musikunternehmen
BMG, zur Debatte um die Rapper Kollegah und Farid Bang einen Kurs
fahren, der mit "widerlich" nur unzureichend beschrieben ist. Erst
sehr spät und nach viel Druck lässt BMG die Zusammenarbeit ruhen. Die
beiden Rapper hatten sich in einem Song zu einer Textzeile voller
Judenhass verstiegen: "Mache wieder mal nen Holocaust - komm an mit
dem Molotow." Trotz dieser Entgleisung haben die Sänger, bei der
Bertelsmann-Tochter BMG unter Vertrag, den Musikpreis "Echo"
bekommen. Die Preisverleihung wurde übrigens vom Fernsehsender Vox
übertragen. Über RTL gehört Vox ebenfalls zu Bertelsmann. Die
Plattenfirma BMG stellte sich lange hinter ihre Künstler. Das
Musikunternehmen räumte zwar ein, dass sich Menschen durch die Zeilen
verletzt fühlten. Aber andere Menschen seien nicht so sehr verletzt
worden, sodass das Album eines der meistverkauften in 2017 war. Man
darf also antijüdische und zu Gewalt aufrufende Texte dichten, wenn
nur die Verkaufszahlen stimmen? Das kann nicht sein. Dabei geht es
gar nicht nur darum, ob Menschen sich durch die Textpassage verletzt
fühlen. Es geht auch darum, dass Stars wie Kollegah und Farid Bang
Vorbild für ihre Fans sind. Wenn die Rapper zu Gewalt aufrufen,
könnten sich einige animiert fühlen, dem Aufruf zu folgen. Dafür ist
Bertelsmann dann mitverantwortlich. Damit nicht genug. BMG erklärte
gestern: "BMG initiiert Kampagne gegen Antisemitismus. Das Projekt
soll mit 100.000 Euro angeschoben werden." Will sich Bertelsmann
freikaufen von der Verantwortung für seine Künstler? Das ist
Ablasshandel. Damit macht das Unternehmen eine verhältnismäßig
geringe Summer locker, um das Antisemitismus-Übel zu bekämpfen, das
die eigenen Musiker erst mit befeuert haben und woran man zuvor
verdient hat. So kann es bei Bertelsmann in dieser Frage nicht
weitergehen. Die Rapper gehören rausgeworfen und im BMG-Vorstand
aufgeräumt. Frau Mohn, übernehmen Sie!
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