"Manchmal wird mir das alles zu viel": Wenn der Alltag die Familie bedroht (FOTO)
Geschrieben am 24-04-2018 |
Leverkusen (ots) -
- Studie der Bepanthen-Kinderförderung belegt: Mangelnde
Achtsamkeit der Eltern hat direkte Auswirkungen auf Verhalten
und emotionale Gesundheit ihrer Kinder
- Schirmherrin Katia Saalfrank plädiert für mehr Beziehungszeiten
im Alltag von Familien und gemeinsame Rituale im Familienleben
- Bepanthen-Kinderförderung und "Die Arche" beraten Eltern zum
Thema Achtsamkeit
Als 2017 die Studie "Achtsamkeit in Deutschland: Kommen unsere
Kinder zu kurz?" von der Universität Bielefeld im Auftrag der
Bepanthen-Kinderförderung veröffentlicht wurde, überraschte das
Ergebnis, dass sich fast jedes dritte Kind und jeder fünfte
Jugendliche von seinen Eltern nicht beachtet fühlt.
Nun wurden in einem zweiten Schritt die Daten der ebenfalls
befragten 1.091 Eltern ausgewertet. Dabei wird sichtbar, wie sich
durch die Anforderungen des Elternseins Spannungsfelder eröffnen und
die Achtsamkeit innerhalb der Familie nachlässt. Die Art, wie Eltern
mit diesen Herausforderungen umgehen, kann Konsequenzen für ihre
Kinder haben.
Der Leiter der Studie, Sozialpädagoge Prof. Dr. Holger Ziegler,
sieht gesunde Familienbeziehungen als entscheidend für die
Persönlichkeitsentwicklung: "Die Familie ist Basis einer
'Liebes-Sorge-Beziehung'. Dabei meint 'Sorge' das Besorgtsein um das
Wohlergehen der Kinder, das aufrichtige Interesse an ihnen sowie das
Sichkümmern um ihre physischen und emotionalen Bedürfnisse. All das
bedingungslos."
Wie sehen Eltern ihr Familienleben?
Die gute Nachricht zuerst: Die Gesamtauswertung der Ergebnisse
zeigt, dass die Mehrheit der Eltern ihren Beitrag zu einem achtsamen
Familienleben als positiv einschätzt - und darin von der großen
Mehrheit der Kinder bestätigt wird. Jedoch wurden auch Missstände im
familiären Achtsamkeitserleben aufgedeckt. Prof. Dr. Ziegler warnt:
"Bei jeder zehnten Familie ist die Frage zu stellen, ob sie im Sinne
einer 'Liebes-Sorge-Beziehung' überhaupt noch als solche betrachtet
werden kann."
Nach Auswertung der Elternperspektive befinden Eltern sich häufig
in einem deutlichen Spannungsfeld zwischen Familie, Partnerschaft und
Selbstverwirklichung. Auch wenn sich die meisten im Großen und Ganzen
in ihrer Rolle als Mutter oder Vater sicher fühlen, berichten doch
viele der Befragten von Unsicherheiten und Belastungen in ihrem
Familienleben: 20 Prozent der Befragten glauben, dass sie kein gutes
Vorbild für andere Eltern sind, 19 Prozent geben an, ihre eigenen
Erwartungen bei der Kindererziehung nicht zu erfüllen, und 15 Prozent
der Befragten fühlen sich bei der Erziehung alleingelassen.
Hinzu kommt Stress als weiterer ernst zu nehmender
Belastungsfaktor. 17 Prozent aller befragten Eltern geben an, durch
ihre Elternrolle gestresst zu sein. In weiter gefasstem Umfeld wird
dies noch deutlicher, denn 32 Prozent empfinden dauerhafte Belastung
durch beruflichen Ärger, der sie auch in der Freizeit nicht loslässt,
und ganze 45 Prozent leiden dauerhaft unter Ärger im privaten Umfeld.
Das hat Auswirkungen: Fast die Hälfte der stressbelasteten Eltern
berichtet, dass sie sich häufig niedergeschlagen oder erschöpft
fühlt. Dies trifft nur für rund ein Fünftel der nicht gestressten
Eltern zu. Im Extremfall wirkt sich dies sogar auf die
Lebenszufriedenheit aus: 11 Prozent der Eltern haben kein gutes
Gefühl, wenn sie über ihr Leben nachdenken.
Mangelnde Achtsamkeit hat direkte Auswirkungen
Über diese Faktoren hinaus haben auch Zeitmangel und Multitasking
maßgeblich negativen Einfluss auf die Achtsamkeit von Eltern - für
ihre Kinder und sich selbst. Von Kindern empfundene Missachtung hat
belegbare Auswirkungen auf ihre Entwicklung.
41 Prozent der Kinder, die von ihren Eltern nur wenig Beachtung
erhalten, zeigen deutliche Verhaltensauffälligkeiten, wie
beispielsweise häufigen Streit, Mobbing anderer Kinder, Lügen und
Wutanfälle. Bei beachteten Kindern tritt ein solches Verhalten
deutlich seltener auf. Die Schirmherrin der
Bepanthen-Kinderförderung, Familienberaterin Katia Saalfrank, weiß:
"Fehlende Achtsamkeit bedeutet auch das Übersehen und Übergehen der
Zeichen und Signale, die uns unsere Kinder geben, wenn sie einen
Mangel an Achtsamkeit empfinden. Dies kann sich zum Beispiel in
starken Wutausbrüchen oder Verweigerung äußern. Der gesamte
Familienalltag wird dann häufig zum Kampf."
Sind Eltern unfokussiert und erledigen sie viele Dinge
gleichzeitig und in Eile, scheinen ihre Kinder die mangelnde
Aufmerksamkeit besonders deutlich zu empfinden. Manche von ihnen
reagieren körperlich darauf: 43 Prozent der Kinder unfokussierter
Eltern klagen häufig über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder
Übelkeit. Bei Kindern fokussierter Eltern sind solche somatischen
Beschwerden seltener zu beobachten.
Auch schätzen Eltern ihr Einfühlungsvermögen nicht immer richtig
ein: Weniger als ein Drittel der Befragten bestätigte, ihren Kindern
immer genau zuzuhören. Dagegen geht die Hälfte aller Kinder davon
aus, dass dies der Fall ist. Gleichzeitig sind die allermeisten
Eltern der Ansicht zu wissen, was in ihren Kindern vor sich geht. Die
Kinder sind hier deutlich skeptischer.
Unsicherheit in der Elternrolle
Die alltägliche Herausforderung durch familiäre Spannungsfelder
und die daraus entstehenden Belastungsfaktoren können dazu führen,
dass Eltern sich in ihrer Rolle unsicher fühlen. 39 Prozent der
Eltern, die sich in ihrer Rolle sicher fühlen, berichten, dass sie
mit der Organisation des Familienalltags gut zurechtkommen. Jedoch
können nur 10 Prozent der unsicheren Eltern dies für sich bestätigen.
14 Prozent fühlen sich sogar manchmal überfordert, im Gegensatz zu
nur 2 Prozent bei den sicheren Eltern.
Zusätzlich sorgt sich die Hälfte der Eltern, die in ihrer Rolle
unsicher sind, ihre Kinder nicht ausreichend zu fördern. Bei Eltern,
die sich sicher sind, sind es nur 28 Prozent. Ob ihre Kinder sie
genug mögen, steht für 80 Prozent der sicheren Eltern außer Frage.
Wie tief die Verunsicherung in der Elternrolle sein kann, wird
sichtbar, wenn nur etwa die Hälfte der unsicheren Eltern dies für
sich bestätigen kann.
Unsicherheiten und Sorgen der Eltern können sich auf die
Gefühlswelten ihrer Kinder übertragen: Etwa die Hälfte der unsicheren
Eltern berichtet, dass ihre Kinder häufiger gestresst wirken und
Wutanfälle haben. Dagegen sind es bei sicheren Eltern jeweils weniger
als ein Drittel. Hinzu kommt die geringere Kooperationsbereitschaft
der Kinder. Nur ein Drittel der unsicheren Eltern beschreibt die
eigenen Kinder als folgsam. Von den sicheren Eltern bestätigt dies
etwa die Hälfte. Darüber hinaus zeigen Kinder unsicherer Eltern
tendenziell eine geringere allgemeine Hilfsbereitschaft und ein
Drittel verfügt nur über ein eingeschränktes Empathievermögen.
Fühlen Mütter oder Väter sich darüber hinaus durch die
Elternschaft stark belastet, kann dies Einfluss auf die
Lebenszufriedenheit ihrer Kinder haben: So bestätigten nur 22 Prozent
der Kinder stark belasteter Eltern eine hohe Lebenszufriedenheit, im
Gegensatz zu 36 Prozent der Kinder moderat belasteter Eltern.
Prof. Dr. Ziegler sieht diese Entwicklung mit Sorge: "Die
Auswirkungen mangelnder Achtsamkeit auf die Lebenszufriedenheit und
die Empathiefähigkeit der befragten Kinder scheinen
besorgniserregend. Die daraus resultierende Entwicklung kann nicht
nur zu einem Problem für die Heranwachsenden selbst, sondern für
unsere gesamte Gesellschaft werden. Empathiefähigkeit ist ein
zentraler Wert und eine Säule unserer Gemeinschaft, die für unser
Zusammenleben wichtig ist."
Zu wenig Zeit
Positiv zu werten ist, dass drei Viertel der befragten Eltern die
Bedürfnisse ihrer Kinder für wichtiger als die eigenen ansehen. Fast
zwei Drittel geben ebenfalls an, dass die Kinder ihren Terminplan
bestimmen. Vor dem Hintergrund des Alltagslebens, das neben der
Familie vor allem auch durch den Beruf bestimmt wird, öffnet sich
hier ein Spannungsfeld, das starke Belastungen für die ganze Familie
mit sich bringen kann.
Dementsprechend wünschen sich rund zwei Drittel aller befragten
Kinder, dass ihre Eltern mehr Zeit für sie hätten. 60 Prozent der
Eltern möchten ebenfalls gerne mehr Zeit mit der Familie verbringen.
Allerdings merken 43 Prozent der Eltern auch an, dass sie gerne mehr
kinderfreie Zeit für sich selbst, und 58 Prozent, dass sie gerne mehr
kinderfreie Zeit mit ihren Partnern hätten.
Klare Strukturen und Rituale
Die zweite Stufe der Studienauswertung zeigt klar den
Zielkonflikt, vor dem Eltern häufig stehen: Wie kann es gelingen,
alle Ansprüche miteinander zu vereinbaren? Katja Saalfrank weiß: "Es
müssen klare Prioritäten gesetzt werden. Allen gleichzeitig gerecht
werden zu wollen, führt nicht zu einer Entlastung. Im Gegenteil: Das
Stresslevel und damit einhergehende Konflikte werden so gefördert."
Sie rät Eltern, in ihrem Alltagsleben Qualitätszeiten für die Familie
einzurichten, in denen die Kinder die volle Aufmerksamkeit ihrer
Eltern genießen. "Die Familie sollte gemeinsam feste Zeiten
füreinander einplanen. Während dieser gemeinsamen Familienzeit sind
Handy und Laptop für Kinder und für Eltern tabu. Darüber hinaus
schaffen auch gemeinsame Rituale, wie das abendliche Vorlesen bei
kleineren Kindern oder das gegenseitige Erzählen der Erlebnisse des
Tages bei größeren Kindern, Raum für gegenseitige Achtsamkeit. Nicht
vergessen werden darf dabei, dass Eltern auch einmal Zeit für sich
brauchen, um zu regenerieren."
Bepanthen-Kinderförderung unterstützt Arche-Kinder
Bernd Siggelkow, Gründer des Kinder- und Jugendhilfswerks "Die
Arche", kennt diese Konflikte und ihre Entstehung aus langjähriger
Erfahrung: "Achtsamkeit, Fürsorge und Geborgenheit in der Familie
sind die Grundsteine einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung. Aber
manche Eltern können das nicht alles leisten. Die Arche sieht sich
daher in ihrer Arbeit als Ergänzung zur Familie und bietet hierfür
Rat und Unterstützung an." In diesem Jahr richtet sich das
Förderprogramm der Bepanthen-Kinderförderung speziell an die Eltern
benachteiligter Kinder: Im Rahmen eines Elternfrühstücks in der Arche
Berlin-Hellersdorf berät Diplom-Pädagogin Katia Saalfrank Eltern zum
Thema Achtsamkeit.
Die Bepanthen-Kinderförderung setzt sich seit 2008 für sozial
benachteiligte Kinder in Deutschland ein und unterstützt die Arche
mit Förderprogrammen und jährlichen Geldspenden. Im zweijährlichen
Rhythmus führt sie gemeinsam mit der Universität Bielefeld eine
Sozialstudie durch, mit dem Ziel, jeweils aktuelle Problemfelder in
der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu identifizieren.
Die gewonnenen Erkenntnisse werden in Zusammenarbeit mit Pädagogen
der Arche in Förderprogramme für sozial benachteiligte Kinder
umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter
www.kinderförderung.bepanthen.de
Über Bayer
Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf
den Life-Science-Gebieten Gesundheit und Agrarwirtschaft. Mit seinen
Produkten und Dienstleistungen will das Unternehmen den Menschen
nützen und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
Gleichzeitig will der Konzern Werte durch Innovation, Wachstum und
eine hohe Ertragskraft schaffen. Bayer bekennt sich zu den Prinzipien
der Nachhaltigkeit und handelt als "Corporate Citizen" sozial und
ethisch verantwortlich. Im Geschäftsjahr 2017 erzielte der Konzern
mit rund 99.800 Beschäftigten einen Umsatz von 35,0 Milliarden Euro.
Die Investitionen beliefen sich auf 2,4 Milliarden Euro und die
Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 4,5 Milliarden Euro.
Weitere Informationen sind im Internet zu finden unter www.bayer.de
Die Bayer Vital GmbH vertreibt die Arzneimittel der Divisionen
Consumer Health und Pharmaceuticals sowie die Tierarzneimittel der
Geschäftseinheit Animal Health in Deutschland. Mehr Informationen zur
Bayer Vital GmbH finden Sie unter: www.gesundheit.bayer.de
Zukunftsgerichtete Aussagen
Diese Presseinformation kann bestimmte in die Zukunft gerichtete
Aussagen enthalten, die auf den gegenwärtigen Annahmen und Prognosen
der Unternehmensleitung von Bayer beruhen. Verschiedene bekannte wie
auch unbekannte Risiken, Ungewissheiten und andere Faktoren können
dazu führen, dass die tatsächlichen Ergebnisse, die Finanzlage, die
Entwicklung oder die Performance der Gesellschaft wesentlich von den
hier gegebenen Einschätzungen abweichen. Diese Faktoren schließen
diejenigen ein, die Bayer in veröffentlichten Berichten beschrieben
hat. Diese Berichte stehen auf der Bayer-Webseite www.bayer.de zur
Verfügung. Die Gesellschaft übernimmt keinerlei Verpflichtung, solche
zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an zukünftige
Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.
Ihre Ansprechpartnerin:
Regina Gropp, Tel. +49 214 30-51353, Fax: +49 214 30-58270
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