Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Meisterbrief und Handwerksordnung
Geschrieben am 04-05-2018 |
Bielefeld (ots) - Billig kann ganz schön teuer werden - egal ob
Lebensmittel, Medikamente, eine Jacke oder ein Auto gekauft
werden, ob man eine Reise bucht oder ein Haus baut. Diese Erfahrung
hat jeder schon gemacht. Und diese Erfahrung muss im Prinzip auch
jeder machen dürfen. Ansonsten gäb es eine Planwirtschaft, in der
Bürokratie und Kontrolle noch größer wären als sie ohnehin schon
sind. Kreativität und Erfindergeist würden vollständig unterdrückt,
während die Preise ins Unermessliche anstiegen. Die Alternative zur
Planwirtschaft ist jedoch nicht die totale Marktfreiheit, in der
jeder tun und lassen kann, was er will, und der wirtschaftliche
Erfolg alles rechtfertigt. Die richtige Alternative ist eine
geregelte freie Marktwirtschaft, in der sich ökonomisches Handeln
innerhalb vorgegebener Bahnen abspielt. Sie ist realitätsnah, weil
sie richtigerweise davon ausgeht, dass kaum ein Verbraucher in allen
Branchen gleichermaßen fachkundig ist. Solche Allround-Genies gibt
es. Aber sie sind selten. Deshalb ist etwa bei Ärzten, Apothekern,
Anwälten und Architekten die Unternehmensgründung an gewisse, in
diesem Fall universitäre Abschlüsse gebunden. Auch wer sich Lehrer,
Kindergärtner, Polizist oder Bankangestellter nennt, muss vorab eine
Ausbildung absolvieren. Nur bei bestimmten Handwerkern bewertete
2003/2004 eine Gruppe von Politikern in Berlin und Brüssel die
Anforderungen an eine vorangegangene Ausbildung als unnötige
Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit. Seit der Reform der
Handwerksordnung sind bald 15 Jahre vergangen. Da ist es Zeit, eine
Zwischenbilanz zu ziehen. Stellt sich heraus, dass die mit der
Änderung verknüpften Erwartungen auf mehr Langzeitjobs nicht
eingetreten sind, der befürchtete Schaden an anderer Stelle aber sehr
wohl, dann sollte es möglich sein, auch politische Fehler zu
korrigieren. In der Wirtschaft ist Nachbesserungspflicht Alltag. Für
den Verbraucher sind die Fälle ärgerlich und zeitaufwendig. Und wenn
sich ihr der Ersteller der Leistung durch Wegzug oder Insolvenz
entzieht, sind Nacharbeiten auch teuer. Die Rückführung einiger
Berufe in die Handwerksrolle A, bei der die Meisterprüfung
Voraussetzung für Selbstständigkeit ist, macht die Auswahl eines
Handwerkers für den Verbraucher planbar - ohne dass daraus
Planwirtschaft entsteht. Schließlich hat die Vergangenheit gezeigt,
dass es genug qualifizierte Jugendliche mit Interesse am Erwerb des
Meisterbriefs gibt - sofern sie daraus den Vorteil schöpfen können,
nicht mit Billigstkonkurrenz verglichen zu werden, die nicht
ausbildet, keine Sozialversicherung und oft auch kaum Steuern zahlt
und nach getaner Arbeit einen großen Pfusch hinterlässt. Gute Arbeit
nach guter Ausbildung aus Meisterhand: Das sollte auch die Wächter
der Freizügigkeit in Brüssel überzeugen.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
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