Skandal um Außenstelle in Bremen: Versetzte BAMF-Mitarbeiterin bittet Seehofer um Hilfe
Geschrieben am 14-05-2018 |
Hamburg (ots) - Die ehemalige kommissarische Leiterin der Bremer
Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF),
Josefa Schmid, hat sich hilfesuchend an Bundesinnenminister Horst
Seehofer gewandt. In einem vierseitigen Schreiben, das NDR und
Süddeutscher Zeitung vorliegt, protestiert Schmid gegen ihre
Versetzung aus Bremen nach Niederbayern und wirft der Leitung des
BAMF erneut Versagen vor. Sie fordert Seehofer zudem auf, sich dafür
einzusetzen, dass sie nach Bremen zurück beordert wird.
Schmid hatte zunächst offenbar auf eigene Initiative eine Art
internen Ermittlungsbericht zu den Vorgängen in Bremen erstellt. Dort
soll Schmids Vorgängerin in mehr als 1000 Fällen unrechtmäßig
Asylanträge positiv beschieden haben. Diesen Bericht schickte Schmid
an das Bundesinnenministerium. Kurz darauf wurde sie durch die
BAMF-Leitung versetzt, gegen ihren ausdrücklichen Willen, wie sie an
Innenminister Seehofer schreibt. Das BAMF hatte auf Anfrage erklärt,
man wolle Schmid vor Medienberichten im Zusammenhang mit dem Bremer
Skandal schützen. Schmid schreibt hingegen, als ehrenamtliche
Bürgermeisterin sei sie den Umgang mit der Presse gewohnt. Sie wolle
vielmehr "weiter in Bremen für die örtliche Aufklärung sorgen".
Die BAMF-Leitung habe sie indes "mit großer feindseliger Gesinnung
attackiert", schreibt Schmid. Beschwerden über die Vorgänge in
Bremen, die es innerhalb des BAMF schon seit 2014 immer wieder
gegeben habe, hätten zu keiner Reaktion geführt. Nur daher habe
Schmid unter Missachtung des Dienstweges das Bundesinnenministerium
informiert. Dass das BAMF bereits 2014 von Unregelmäßigkeiten gewusst
haben soll, hatte zunächst Der Spiegel berichtet.
Schmid sieht sich selbst offenbar selbst als Aufklärerin: "In
Bremen stimmt so einiges nicht in Asylverfahren der früheren Jahre,
das holt einen dort in der täglichen Arbeit auch ständig ein",
schreibt Schmid. "Meine Erkenntnisse sind zur Aufklärung vor Ort sehr
zentral. [...] Mit dem Abzug aus Bremen verblassen diese Erkenntnisse
und verlieren auch in einem späteren strafrechtlichen Zwischen- und
Hauptverfahren Beweiskraft. Daran dürfen Sie eigentlich kein
Interesse haben". Der Brief ist auf den 13. Mai 2018 datiert und an
"Herrn Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat Horst Seehofer"
persönlich adressiert. Ob Seehofer den Brief selbst erhalten hat, ist
bislang unklar. Das BMI und das BAMF beantworteten Anfragen zu dem
Brief zunächst nicht.
Josefa Schmid, die früher einmal CSU-Mitglied gewesen ist und dann
zur FDP wechselte, beendet ihr Schreiben mit der Bitte um ein
persönliches Gespräch mit Seehofer. Über den neuen
Bundesinnenminister schreibt sie wörtlich: "Ich hatte mich unendlich
darüber gefreut, dass Sie als bayerischer Ministerpräsident nun auch
mein oberster Dienstvorgesetzter und neuer Bundesinnenminister in
Berlin werden. Viele Kollegen und ich haben darin große Hoffnung
geschöpft", dass das BMI in Zukunft die Arbeit des BAMF stärker
überwache und die Aufklärung unterstütze.
Ausführlich beschreibt Schmid auch, wie sie - offenbar erfolglos -
bereits seit Anfang März versucht hatte, Seehofer über die Vorgänge
beim BAMF zu informieren. Sowohl über dessen Büro in der Münchner
Staatskanzlei, als auch über das Ministerbüro in Berlin hatte Schmid
demnach versucht, einen Gesprächstermin mit dem designierten
Innenminister zu bekommen. "Meine Kollegen und ich waren uns sicher,
dass dies absolute Chefsache für Sie sein müsste. [Führungskompetenz
und Krisenmanagement] trauten wir Ihnen uneingeschränkt zu. Leider
wurden wir nicht erhört", schreibt Schmid. Welche weiteren Kollegen
von ihr in die Vorgänge eingeweiht worden sind, geht aus dem Brief
nicht hervor.
Schmid wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Nach
NDR-Informationen wird Schmid am Mittwoch bei der Bremer
Staatsanwaltschaft eine Aussage machen. In diesem Zusammenhang sollen
auch Unterlagen aus ihrem Bremer Büro gesichtet werden.
Hintergrund sind Vorwürfe gegen Schmids Vorgängerin, Ulrike B. Sie
soll über Jahre unrechtmäßig Asylanträge bearbeitet und positiv
beschieden haben. Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt gegen
Ulrike B. und weitere Beschuldigte. Josefa Schmid war B. zu Beginn
des Jahres als Leiterin der Außenstelle gefolgt. Schmid macht das
BAMF mitverantwortlich für die mutmaßlich unrechtmäßig erteilten
Asylbescheide. Ulrike B. äußerte sich zu den Vorwürfen nicht.
Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Lara Louwien
Tel.: 040/4156-2312
Mail: l.louwien@ndr.de
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