Mittelbayerische Zeitung: Falsches Signal in Jerusalem / Trump versetzt dem Friedensprozess mit den Palästinensern den Todesstoß. Leitartikel von Reinhard Zweigler
Geschrieben am 14-05-2018 |
Regensburg (ots) - Eines kann man Donald Trump nicht nachsagen:
Dass er seine Versprechen im Wahlkampf, so umstritten sie auch
gewesen sein mögen, nicht umsetzt. Genau 70 Jahre, nachdem David
Ben-Gurion am 5. Ijjar 5708 des jüdischen Kalenders - am 14. Mai 1948
- den Staat Israel ausgerufen hat, lässt der US-Präsident eine
Nebenräumlichkeit des bisherigen US-Konsulats in der Jerusalemer
David Flusser Straße zur Botschaft ausrufen. Der vollständige Umzug
der Gesandtschaft des wichtigsten Bündnispartners Israels aus Tel
Aviv sowie ein Botschaftsneubau kann sich dagegen noch Jahre
hinziehen. Wichtig ist Trump vor allem das Signal: Mit der
Botschaftsverlegung erkennt er ganz Jerusalem als Hauptstadt Israels
an. Er schreddert damit die auf Ausgleich bedachte und
Netanjahu-kritische Politik seines Vorgängers Barack Obama. Doch dass
die seit Jahrhunderten umkämpfte Heilige Stadt zu fast 40 Prozent von
Palästinensern bewohnt wird und der Ostteil eigentlich als Hauptstadt
eines palästinensischen Staates vorgesehen ist, schert Trump nicht.
Er schafft, unbeeindruckt von internationaler Kritik, Fakten. Aber
leider ist die Deklarierung der US-Botschaft in Jerusalem ein
falsches, ein verhängnisvolles Zeichen für den Nahen Osten. Sie
versetzt dem ohnehin am Boden liegenden Friedensprozess zwischen
Israelis und Palästinensern den Todesstoß und macht die seit
Jahrzehnten angestrebte Zweistaaten-Lösung schier unmöglich. Trump
ist nun ganz offiziell nicht mehr Teil der Lösung des
Nahost-Konflikts, sondern Teil des höchst vertrackten Problems. Dabei
verdeutlicht Jerusalem wie in einem Brennglas die Probleme des Nahen
Ostens. Gleich nach Ausrufung des Staates befand sich Israel im Krieg
gegen die umgebenden arabischen Staaten und die Palästinenser, die
zum Teil aus ihren angestammten Gebieten vertrieben wurden. Die
Sicherheit des Staates der Juden wurde nicht nur zur Staatsdoktrin,
militärische Stärke ist bis heute die Überlebensversicherung in einem
arabischen Umfeld, das Israel noch immer das Existenzrecht abspricht.
Das ethnisch und religiös tief gespaltene Jerusalem steht für diesen
Konflikt. Es gibt in der Stadt sogar zwei getrennte Bussysteme, zwei
unterschiedliche Sprachen. Seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967
untersteht auch der weitgehend arabische Ostteil der Stadt Israel.
Wie verworren die Situation ist, zeigt etwa, dass Jordanien auf einen
Teil der neuen amerikanischen Botschaft Gebietsansprüche erhebt, weil
es nicht in Israel, sondern in besetztem Niemandsland läge. Jerusalem
gilt nicht nur ultraorthodoxen und nationalreligiösen Juden als
Symbol ihres Staates. Die Stadt mit der Klagemauer ist allen Juden
heilig. Auf der anderen Seite betrachten Palästinenser den Ostteil
der Stadt mit dem Tempelberg als unveräußerliches palästinensisches
Gebiet. Gibt es überhaupt eine Lösung dieses Konflikts, der immer
wieder Tote und Verletzte fordert - und zwar auf beiden Seiten?
Wahrscheinlich wird es keine ideale Lösung, kein himmlisches
Jerusalem geben. Es wäre jedoch schon viel gewonnen, wenn die Lage in
der Region entspannt werden könnte. Wenn die Gewalt von
Palästinensern, geschürt von der Hamas, ebenso beendet werden könnte
wie die Härte der israelischen Sicherheitskräfte. Doch dazu bedarf es
des Friedens- und Verständigungswillens auf beiden Seiten. auf
israelischer und palästinensischer. Trump hat dem jedoch gerade einen
Bärendienst erwiesen. Dennoch sollte Europa, zumal Deutschland, das
Israel gegenüber eine besondere historische Verantwortung trägt,
trotz des jetzigen politischen Rückschlages an seiner mäßigenden
Politik im Nahen Osten, seinen Kontakten zu beiden Seiten festhalten.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
637912
weitere Artikel:
- Schwäbische Zeitung: Maximal unsensibel - Ein Kommentar zum Verhalten von Mesut Özil und Ilkay Gündogan Ravensburg (ots) - Nationalspieler sind keine Staatsbedienstete in
kurzen Hosen. Sie müssen weder einen Diensteid leisten noch kann man
ihnen vorschreiben, welche Politiker sie unterstützen dürfen - oder
eben nicht. Ob ein Spieler die Hymne mitsingt, entscheidet ebenso
wenig darüber, ob er der Nationalmannschaft angehören darf, wie die
Klugheit seiner öffentlichen Äußerungen. Der Auswahl des DFB gehören
einfach die besten deutschen Spieler an - oder die, die Joachim Löw
dafür hält.
Mesut Özil und Ilkay Gündogan sind Nationalspieler mehr...
- Rheinische Post: Kommentar: Unter falscher Flagge Düsseldorf (ots) - Mesut Özil und Ilkay Gündogan sind in
Gelsenkirchen geboren und aufgewachsen. Die türkischstämmigen
Fußballer haben ihre Laufbahn in Deutschland begonnen und sich
bewusst für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft entschieden. Das
hat sportliche Gründe, aber auch eine wirtschaftliche Komponente. Mit
dem Adler auf der Brust ist es einfacher, sich hierzulande vermarkten
zu lassen. Man kann es als problematisch empfinden, dass Özil als
deutscher Nationalspieler das Mitsingen der Hymne verweigert. Man
muss von einem mehr...
- Rheinische Post: Kommentar: Das Recht auf Schutz Düsseldorf (ots) - Immer wieder werden Kinder Opfer von Gewalt,
häufig sogar in der eigenen Familie. So auch zuletzt in Neuss, wo ein
Elfjähriger von seinem Onkel misshandelt und getötet wurde. Solche
Exzesse sind zum Glück selten - schlimm ist es aber in jedem
einzelnen Fall, wenn Erwachsene das Vertrauen ihrer Schutzbefohlenen
zerstören. Wenn der Staat ein solches Verhalten schon nicht immer
verhindern kann, dann muss er zumindest eine Wiederholung vermeiden.
Laut einer Studie der Hochschule Koblenz fehlen deutschen
Jugendämtern mehr...
- Rheinische Post: Kommentar: Tote an Israels Freudentag Düsseldorf (ots) - Die Gründung des jüdischen Staats vor 70 Jahren
ist für Israel ein Freudentag, die Palästinenser dagegen beklagen ihn
als ihre größte Katastrophe. Das ist nicht neu. Dass nun ausgerechnet
dieser Jahrestag in einem Blutbad endet, hat vor allem damit zu tun,
dass spätestens seit Donald Trumps Entscheidung, die US-Botschaft
nach Jerusalem zu verlegen, die Hoffnung der Palästinenser auf einen
eigenen Staat so gut wie erloschen ist. Was sich da am Grenzzaun zum
Gazastreifen abspielt, ist eine zynische Inszenierung der Hamas, mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Kinder- und Jugendhilfe Bielefeld (ots) - Jugendamtsmitarbeiter werden gern an den Pranger
gestellt, wenn Fälle von Kindesmissbrauch und Verwahrlosung bekannt
werden. »Die hätten doch öfter und genauer hinschauen müssen« heißt
es dann. Um das leisten zu können, brauchen die Frauen und Männer im
Jugendamt die nötige Zeit. Die steht nur dann zur Verfügung, wenn die
Zahl der Fälle, um die sie sich kümmern müssen, überschaubar bleibt
und zu bewältigen ist.
Bei 100 Fällen gleichzeitig gerät die Arbeit vor allem für
Nachwuchskräfte zum Realitätsschock. Wen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|