Börsen-Zeitung: Schon im WM-Fieber? / Kommentar von Bernd Wittkowski zu den Geschäftszahlen der Commerzbank
Geschrieben am 15-05-2018 |
Frankfurt (ots) - Haben wir etwas übersehen? Das
Dividendenversprechen der Commerzbank für 2018 ist alt, der Ausblick
unverändert. Dass das Geschäft mit Anlage- und Finanzprodukten samt
Marketmaking als wesentlicher Teil des ehemaligen Bereichs Equity
Markets & Commodities (EMC) im Schaufenster steht und es
Interessenten dafür gibt, unterlag schon lange nicht mehr dem
Bankgeheimnis. Die Andeutung von Finanzvorstand Stephan Engels,
wonach eher Portfolien statt einer kompletten Rechtseinheit verkauft
werden dürften, stellt aus Sicht der Gelben das ungünstigere
Szenario dar.
Die Ertragsentwicklung ist nur so lala, namentlich im
Firmenkundensegment muss sie enttäuschen, zumal angesichts rund
1 000 hinzugewonnener Kunden. Bei der BayernLB, die ebenfalls
am Dienstag über den Jahresauftakt berichtete, lief zum Beispiel das
Geschäft mit Kapitalmarktprodukten für Firmenkunden gut; die
Commerzbank klagt hier über verhaltene Nachfrage. Und die
Aufwandsquote liegt insgesamt bei unerquicklichen gut 84 %. Ist
das der Stoff, aus dem die Träume von Aktionären und Analysten sind?
Oder ist der Markt schon im WM-Fieber, nachdem Jogi Löw seinen
vorläufigen Kader nominiert und die Commerzbank ihre neue Kampagne
mit dem Deutschen Fußball-Bund gestartet hat?
Was sonst könnte die Investoren so gnädig gestimmt haben, die
Aktie des angehenden Technologieunternehmens Commerzbank am Tag des
Zwischenberichts einen Sprung von fast 4 % aufs Börsenparkett
legen zu lassen? Einmaleffekte aus einer Steuerprüfung, die den
Obolus an den Fiskus gegen null tendieren lassen, sowie aus der
Veräußerung von Aktivitäten und einer Beteiligung können doch nicht
derart Eindruck gemacht haben. Oder hat das Publikum sein
Anspruchsniveau spürbar gesenkt? Die Eigentümer der Bank an ihrer
Seite hatten sich ja dieser Tage schon auf der Hauptversammlung
geradezu handzahm gezeigt.
Vielleicht resultiert die Milde aus der Erkenntnis "schlimmer
geht immer". Dann könnte - das ist gar nicht mal zynisch gemeint -
der Kontrast zu den blauen Nachbarn zu einer solchen Kursavance
wenigstens beigetragen haben. Die Commerzbank hat ja eine Strategie.
Ihre Pläne hält sie cum grano salis ein, ihre Wachstumsambitionen
untermauert sie sogar noch. Die neue Erfolgskennziffer "Kreditvolumen
Firmenkunden", die bis Ende 2020 eine Steigerung um 8 Mrd. auf mehr
als 85 Mrd. Euro vorgibt, zeugt jedenfalls von Offensivgeist. Nicht
zuletzt in diesem Geschäft tobt ein unerbittlicher
Konditionenkampf.
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