Deutsche AIDS-Hilfe: Keine Entwarnung bei Drogentodesfällen
Geschrieben am 16-05-2018 |
Berlin (ots) - Tod und Gesundheitsschäden durch Drogenkonsum wären
oft vermeidbar / Verbände veröffentlichen Handreichung für die
Politik: "Eine moderne Drogenpolitik nützt allen"
Im Jahr 2017 sind in Deutschland 1.272 Menschen an den Folgen des
Konsums illegaler Drogen verstorben. Die Zahl ist leicht gesunken -
nachdem sie vier Jahre lang angestiegen war. Das hat gestern die
Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, mitgeteilt.
Dazu erklärt Ulf Hentschke-Kristal vom Vorstand der Deutschen
AIDS-Hilfe (DAH):
"Der leichte Rückgang ist kein Grund zur Entwarnung. Im Gegenteil:
Die Zahl der Drogentoten ist immer noch unerträglich hoch. In vielen
Fällen hätte eine andere Drogenpolitik das Schlimmste verhindern
können."
Notfallmedikament Naloxon endlich verfügbar machen
Die meisten Todesopfer forderten mit 707 Fällen weiterhin Heroin
und andere Opioide. Dabei gibt es für den Fall der Überdosierung ein
hoch wirksames Notfallmedikament, das Leben rettet. Doch Naloxon ist
in Deutschland in der Regel nicht verfügbar, wenn es drauf ankommt.
Dringend erforderlich ist die Aufhebung der Verschreibungspflicht
sowie die Ausstattung von Konsumierenden und potenziellen Ersthelfern
mit dem einfach anwendbaren Präparat. Andere Länder setzen Naloxon
bereits seit Jahren ein, in den USA gehört es zur Standardausstattung
vieler Polizist_innen.
"Es ist erschütternd: Ein lebensrettendes Medikament ohne Risiken
und Nebenwirkungen steht bereit - und die Menschen haben keinen
Zugang. Modellprojekte reichen nicht - wir brauchen endlich den
flächendeckenden Zugang zu Naloxon", betont DAH-Vorstand
Hentschke-Kristal.
Für den Einsatz von Naloxon plädierte gestern bei der
Pressekonferenz der Drogenbeauftragten auch Prof. Dr. Ludwig Kraus,
Leiter des IFT Instituts für Therapieforschung München (siehe
Pressemitteilung). Lebensrettende Maßnahmen unterbleiben
Weitere Maßnahmen, die Leben retten und Gesundheitsschäden
vermeiden können, sind in Deutschland ebenfalls nicht oder nur
teilweise verfügbar:
- Drogenkonsumräume mit medizinischer Hilfe, sauberen
Konsumbedingungen zur Vermeidung von HIV- und
Hepatitisinfektionen sowie mit Präventionsangeboten gibt es nur
in sechs Bundesländern
- Drugchecking (Qualitätskontrolle von Drogen zur Vermeidung von
Überdosierung und Vergiftungen) ist rechtlich nicht abgesichert
und erfolgt daher nicht.
- In Haft, wo besonders viele Menschen mit HIV und dem
Hepatitis-C-Virus HCV infiziert sind, stehen weiterhin keine
sauberen Spritzen zur Verfügung, teilweise haben Abhängige auch
keinen Zugang zur Substitutionstherapie.
Marlene Mortler betonte nach Medienberichten, die Zahl der
Drogentoten stehe für unermessliches Leid. Es gelte, "suchtkranke
Menschen noch deutlich früher zu erreichen als bisher".
Dazu DAH-Vorstand Ulf Hentschke-Kristal:
"Es kann und muss tatsächlich mehr geschehen. Dabei geht es aber
nicht nur um Frühintervention, sondern vor allem um Maßnahmen für
dauerhaft abhängige Menschen, die Todesfälle und Gesundheitsschäden
verhindern. Sich dafür einzusetzen liegt in der Verantwortung der
Bundesregierung und ihrer Drogenbeauftragten. Wir unterstützen die
Politik dabei gerne."
Handreichung für die Politik
Welche Konzepte Individuen und Gesellschaft vor den schädlichen
Folgen von Drogen schützen können, skizzieren der Fachverband akzept,
das Selbsthilfenetzwerk JES und die Deutsche AIDS-Hilfe in einer
neuen Handreichung für die Politik unter dem Titel "Eine moderne
Drogenpolitik nützt allen".
Die Broschüre beschreibt knapp und eingängig wissenschaftlich
abgesicherte Handlungsoptionen - von einem Werbeverbot für Tabak und
Alkohol bis hin zu einer Reform des Betäubungsmittelgesetzes. Sie
wird in der kommenden Woche an Bundestagsabgeordnete und andere
Politiker_innen verschickt.
Download/Bestellung der Broschüre "Eine moderne Drogenpolitik
nützt allen":
https://www.aidshilfe.de/shop/moderne-drogenpolitik-nutzt-allen
Pressemitteilung der Drogenbeauftragten: http://ots.de/nA43nm
Pressekontakt:
Deutsche AIDS-Hilfe
Holger Wicht (Pressesprecher)
Tel. 030 69 00 87 16
presse@dah.aidshilfe.de
www.aidshilfe.de
Original-Content von: Deutsche AIDS-Hilfe, übermittelt durch news aktuell
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