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Börsen-Zeitung: Avanti dilettanti / Kommentar von Gerhard Bläske zur Lage in Italien und Marktreaktionen

Geschrieben am 16-05-2018

Frankfurt (ots) - In Italien regiert das Chaos. Dass
Koalitionsverhandlungen sich hinziehen können, das wissen wir aus
Deutschland. Aber was im Belpaese passiert, das spottet jeder
Beschreibung. Und zwar nicht deshalb, weil es so lange dauert. Nein,
weil die Inhalte der Gespräche immer absurder werden.

Denn selbst wenn es sich nur um den Entwurf des
Regierungsprogramms gehandelt hat, der längst überholt ist, wie die
potenziellen Koalitionspartner sagen: Allein, dass über einen
gigantischen Schuldenerlass die Möglichkeit eines Euro-Austritts und
die Neuverhandlung des Stabilitätspakts überhaupt diskutiert wurde,
ist Anlass zu höchster Besorgnis. Da verblassen kaum weniger absurde
Pläne wie eine Flat Tax, die Einführung eines Grundeinkommens, die
teilweise Rückgängigmachung der Rentenreform sowie der Verzicht auf
eine Mehrwertsteuer, über die die potenziellen Koalitionspartner
weitgehend Einigkeit erzielt haben sollen, schon fast. Dabei kosten
allein diese Projekte nach Angaben eines unabhängigen britischen
Instituts mehr als 100 Mrd. Euro und würden den Haushaltsfehlbetrag
auf 5,5% der Wirtschaftsleistung hochtreiben.

Avanti dilettanti, möchte man den Chefs der beiden Parteien gern
zurufen. Doch diejenigen, die da verhandeln und fordern, sind
immerhin von der Mehrheit der Italiener gewählt worden, also
demokratisch legitimiert. Das muss man natürlich berücksichtigen.
Aber dass die wenigen Damen und vielen Herren, die da miteinander
sprechen, sogar noch stolz darauf sind, dass die Finanzmärkte
allmählich nervös werden und der Spread zwischen deutschen und
italienischen Staatsanleihen steigt, ist unverantwortlich. Die
Reaktionen der Märkte zeigten, dass man auf dem richtigen Weg sei,
findet Lega-Chef Matteo Salvini. Das ist erschreckend. Denn das Land
ist hoch verschuldet und ist Verpflichtungen gegenüber der EU, von
der Italien in hohem Maß profitiert, eingegangen. Die Hoffnungen, die
beiden Parteien würden angesichts dessen schon vernünftig werden,
haben sich bisher leider nicht erfüllt.

Man möchte sich kopfschüttelnd abwenden. Doch Italien ist die
drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Anders als Griechenland,
das der EU schon genug Probleme bereitet hatte, hat das Land
gewaltige Sprengkraft. Die EU muss nun fest bleiben und deutlich
machen, welche Konsequenzen die Umsetzung all dieser Maßnahmen hätte.
Im eigenen Interesse. Denn nicht nur Italien selbst würde dann in den
Orkus gerissen werden, sondern die ganze EU und die Eurozone. Und das
in Zeiten von Handelskriegen, in denen Brüssel mit einer Stimme
sprechen müsste.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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