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Zu viele Fische gehen über Bord - Deutsche Umwelthilfe und Our Fish fordern umfassende Kontrollen der EU-Fischereien

Geschrieben am 22-05-2018

Berlin (ots) - Bericht des Wissenschafts-, Technik- und
Wirtschaftsausschuss für Fischerei der EU (STECF) zur Umsetzung des
Rückwurfverbotes deckt schwere Mängel auf - Umsetzung der
Anlandeverpflichtung wird nicht ausreichend kontrolliert - Deutsche
Umwelthilfe und Our Fish fordern umfassende Kontrollen -
Nachhaltigkeitssiegel MSC gibt keine Garantie für nachhaltige
Fischerei - DUH und Our Fish veröffentlichten Infoblatt über
unzureichende Berücksichtigung der Anlandeverpflichtung in der
MSC-Zertifizierung

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Our Fish kritisieren, dass die
EU-Fischerei und die Umsetzung der Anlandeverpflichtung, die durch
die Reform der europäischen Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP)
eingeführt wurde, noch immer nicht ausreichend dokumentiert und
kontrolliert wird. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngst vom
Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für Fischerei der
EU (STECF) herausgebrachte Bericht. Aufgrund unzureichender
Dokumentation ist es unmöglich, den wahren Umfang der Rückwürfe
einzuschätzen. Einige Mitgliedstaaten der EU reduzierten sogar den
Kontrollaufwand auf See. Mangelhafte Kontrollen machen es erst
möglich, dass noch immer zu viel Fisch über Bord geworfen wird, der
gemäß der Anlandeverpflichtung mit an Land gebracht werden müsste.
Die EU Mitgliedstaaten werden aufgefordert, effektivere
Kontrollsysteme, einschließlich neuer Techniken wie der
elektronischen Fernüberwachung, einzuführen, um die Umsetzung der
Anlandeverpflichtung zu garantieren sowie Verstöße aufzudecken und zu
ahnden.

"Vieles, was beim Fischfang an Bord gezogen wird, bleibt
undokumentiert", kritisiert Sascha Müller-Kraenner,
DUH-Bundesgeschäftsführer. "Es existieren keine effektiven
Vorschriften der vollständigen Erfassung aller Fischfänge. Ohne
umfangreiche Kontrollen wird weiterhin ungewollter Fisch, der mit an
Land gebracht werden müsste, über Bord geworfen."

Leider sehe sich kein europäischer Mitgliedstaat in der Pflicht,
eine Vorreiterrolle zu übernehmen. "Angesichts der noch immer
angespannten Lage der Fischbestände besteht dringender
Handlungsbedarf. Deutschland muss hier vorangehen," fordert
Müller-Kraenner.

Durch die 2014 reformierte GFP der EU wurde festgelegt, dass alle
Fische, für die Fangbegrenzungen oder Mindestreferenzgrößen
existieren, mit an Land gebracht werden müssen.

"Bei einer korrekten Umsetzung der Anlandeverpflichtung kann diese
der wichtigste Wegbereiter für den Übergang zu einer nachhaltigen und
transparenten Fischerei in der Geschichte der GFP sein", sagt Rebecca
Hubbard, Direktorin der Our Fish-Kampagne. "Die Anlandeverpflichtung
kann als Anreiz zur Verbesserung der Selektivität von Fanggeräten
dienen, um den unerwünschten Beifang anderer Arten und kleiner Fische
zu reduzieren."

Die Mitgliedstaaten sind dazu aufgefordert, jährlich einen Bericht
über den Fortschritt der Umsetzung der Anlandeverpflichtung
abzugeben. Aber nur 15 von 23 Mitgliedsstaaten mit eigenen
Fischereiflotten reichten 2017 einen Bericht ein. Eine Beurteilung
des Status quo ist dadurch unmöglich; die vorhandenen Berichte weisen
außerdem gravierende Lücken auf. Die mangelnde Umsetzung und
Kontrolle der Anlandeverpflichtung durch die EU-Mitgliedstaaten
ermöglicht illegale Rückwürfe auf See und belastet die Lieferketten
der Handelsunternehmen mit Risiken.

Auch Nachhaltigkeitssiegel wie der Marine Stewardship Council
(MSC) sind keine Garantie dafür, dass die geltenden Regelungen
ausreichend kontrolliert werden. Neben der anhaltenden Kritik am MSC
über die Zertifizierungen nicht nachhaltiger Fischereien ist die
mangelnde Durchsetzung der Anlandeverpflichtung ein weiterer Aspekt,
der die Nachhaltigkeit der EU-Fischereien - einschließlich der
MSC-zertifizierten Fischerei - gefährdet. Eine 2016 veröffentlichte
Studie untersuchte, inwieweit 25 MSC-zertifizierte Fischereien den
Anforderungen der Anlandeverpflichtung entsprechen. Das Ergebnis
dieser Studie ist, dass fast ein Viertel der untersuchten
MSC-Fischereien einer solchen Bewertung nicht standhielten.

Hintergrund:

Die Anlandeverpflichtung wurde mit der neuen GFP eingeführt. Alle
Mitgliedsstaaten verpflichten sich laut Artikel 15 der GFP, alle
Fische mit an Land zu bringen, für die Fangbegrenzungen (Fangquoten)
und Mindestgrößen existieren. In Artikel 13 und 15 werden alle MS
ausdrücklich dazu aufgefordert, detaillierte und genau Aufzeichnungen
von allen Fängen zu führen (vollständig dokumentierte Fischereien),
doch diese Berichte sind lückenhaft und teilweise nicht vorhanden.

Der MSC wurde vor mehr als zwanzig Jahren mit dem Ziel gegründet,
die Überfischung zu beenden und den Verbrauchern zu ermöglichen, sich
leichter für nachhaltig gefangenen Fisch zu entscheiden. Doch der MSC
gerät immer mehr in die Kritik. Anfang 2018 veröffentlichten 66
Umweltorganisationen, Wissenschaftler und Prominente einen offenen
Brief, in dem sie den MSC kritisieren, weil er sein Versprechen
gegenüber Händlern und Verbrauchern gebrochen hat. Gemeinsam
kritisierten sie, der MSC zertifiziere Fischereien, deren
Nachhaltigkeit sowohl von Umweltschützern als auch von
Wissenschaftlern während des Zertifizierungsprozesses in Frage
gestellt wurde. Die DUH und Our Fish kritisieren, dass geltenden
rechtliche Verpflichtungen der EU nicht ausreichend bei der
Zertifizierung des MSC Berücksichtigung finden und formulierten dazu
ein Briefing.

Über Our Fish:

Die Kampagne Our Fish will sicherstellen, dass die
EU-Mitgliedstaaten die GFP ordnungsgemäß durchführen und umsetzen und
- auch über eine effektive Kontrolle der europäischen Fischereien -
für nachhaltige Fischbestände in den europäischen Gewässern sorgen.
Our Fish arbeitet mit Organisationen und Personen in ganz Europa
zusammen, um eine starke und beharrliche Kernbotschaft zu verbreiten:
Die Überfischung muss beendet und die nachhaltige Befischung der
europäischen Meere gewährleistet werden.

Our Fish ruft alle EU-Mitgliedstaaten dazu auf, nachhaltige
Fanggrenzen auf der Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen
festzulegen und durch Überwachung und Dokumentation aller Fänge
sicherzustellen, dass ihre Fangflotten den Nachweis einer
nachhaltigen Fischerei erbringen.

Die Deutsche Umwelthilfe koordiniert diese Arbeit in Deutschland
für die Kampagne.

Links:

DUH-Infoblatt "Die Bedeutung der Anlandeverpflichtung der EU für
MSC-zertifizierte Fischereien": http://l.duh.de/p180522b

STECF-Bericht: https://stecf.jrc.ec.europa.eu/plen1801

Studie zur Beurteilung der Implementierung der
Anlandeverpflichtung von MSC-zertifizierten Fischereien in Europa:
http://ots.de/Iq1BEB

Mehr über Our Fish: http://our.fish/de/



Pressekontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de

Rebecca Hubbard, Programmdirektorin Our Fish
+34 657669425, rebecca@our.fish

Katja Hockun, Projektmanagerin Meeresnaturschutz
030 2400867-895, hockun@duh.de

DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell


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